Mainz – Das Schmerzgedächtnis löschen: Bei der Bearbeitung dieser Frage in ihrer Dissertation wird Lena Bürck, Medizinstudentin der Universitätsmedizin Mainz, mit 4.000 Euro unterstützt. Sie gehört damit zusammen mit Alexandra Liedl (Berlin) und Laura Tiemann (München) zu den ersten Stipendiatinnen der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS), die in diesem Jahr erstmals ein Doktorandenstipendienprogramm aufgelegt hat. Mit den Stipendien verstärkt die Gesellschaft ihr Engagement in der Nachwuchsförderung. Auch wird damit die Lücke zwischen der DGSS-Juniorakademie für angehende Doktoranden und dem Förderpreis für Schmerzforschung der in der Kategorie Klinische Forschung in diesem Jahr ebenfalls nach Mainz ging im Bereich für erfolgreiche Publikationen geschlossen.
Was ist unter einem Schmerzgedächtnis zu verstehen? Warum ist es gut dieses zu löschen? Hier genau setzt Lena Bürck an. Sie untersucht experimentell die Modulierbarkeit grundlegender Prozesse des menschlichen Schmerzgedächtnisses. Wie bei anderen Formen des Gedächtnisses, beispielsweise beim Erlernen von Fertigkeiten, ist die Grundlage dieses impliziten Lernprozesses eine langdauernde Steigerung der Effizienz synaptischer Verbindungen (Langzeitpotenzierung; engl. long-term potentiation, LTP). Es wird vermutet, dass solche Lernprozesse an der Chronifizierung von Schmerz beteiligt sind. Die Modulierbarkeit der Langzeitpotenzierung haben wir auf zwei unterschiedliche Weisen untersucht, so Lena Bürck. Einerseits stimulationsbasiert durch nachfolgende niederfrequente elektrische Reizung, andererseits pharmakologisch. Durch wiederholte niederfrequente Reizung konnte das Schmerzgedächtnis vollständig gelöscht werden. Für die pharmakologische Modulation der Auslösung von LTP wurde das Amphetamin Methylphenidat beziehungsweise der Tranquilizer Lorazepam eingesetzt.
Gegenstand der Arbeit, die im klinisch-wissenschaftlichen Schwerpunkt Neurowissenschaften der Universitätsmedizin Mainz angesiedelt ist, ist die kontrollierte Auslösung von Langzeitpotenzierung der Schmerzwahrnehmung, die Charakterisierung ihrer Eigenschaften und die Untersuchung von Mechanismen der kontrollierten Löschung dieses Schmerzgedächtnisses. Dazu wurde das Schmerzempfinden an den Innenseiten der Unterarme mit Stromreizen über Elektroden, sowie mit mechanischen Reizen (Nadelstiche und Berührungsreize) untersucht. Nach Registrierung der Ausgangsschmerzempfindlichkeit wurde Langzeitpotenzierung der Schmerzwahrnehmung durch wiederholte hochfrequente elektrische Reizung ausgelöst. Die Langzeitpotenzierung spiegelt sich in einer lang andauernden Steigerung der Schmerzwahrnehmung am gereizten Ort und seiner unmittelbaren Umgebung.
Ich gratuliere Frau Bürck sehr zu dieser außerordentlichen Leistung! Darüber hinaus sind wir sind sehr stolz, dass mit Lena Bürck eine der ersten Stipendiaten der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes aus Mainz kommt. Dies zeigt erneut eindrucksvoll die Leistungen unseres medizinisch-wissenschaftlichen Nachwuchses. Sie knüpft damit an die sehr guten Leistungen der Mainzer Neurologen Prof. Frank Birklein, Dr. Christian Geber und Ricarda Fondel an, sagt der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, Prof. Dr. Dr. Reinhard Urban.
Weitere Informationen
Zur Peron Lena Bürck:
Lena Bürck, 1983 geboren, studiert seit 2004 Medizin und von 2006 bis 2009 zusätzlich Chorgesang in Mainz. Nach verschiedenen Auslandsaufenthalten in Chile, Uruguay und Bologna hat sie jetzt in Mainz ihre Dissertation begonnen.
Zum Schwerpunkt Neurowissenschaften der Universitätsmedizin Mainz
Alle Aktivitäten der Forschung, Lehre und Krankenversorgung innerhalb der Universitätsmedizin Mainz werden in fünf interdisziplinären Schwerpunkten gebündelt: Immunologie und Tumormedizin, Neurowissenschaften, Präventive Medizin und Minimal Invasive Chirurgie. Der Schwerpunkt Neurowissenschaften bietet eine Plattform der engen Zusammenarbeit von Human-, Natur- und Geisteswissenschaftlern. Dieser Schwerpunkt wurde 2003 gegründet und basiert auf einer engen Verbindung zwischen der Forschung und Krankenversorgung. Zunächst gab es in den Jahren 2003 bis 2006 zwei zentrale Themenkomplexe: Neurodegeneration und Neuroregeneration sowie Sensorische Systeme. Der aktuelle Themenschwerpunkt der zahlreichen interdisziplinären Forschungsaktivitäten ist das alternde Gehirn.
Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige Einrichtung dieser Art in Rheinland-Pfalz. Mehr als 50 Kliniken, Institute und Abteilungen sowie zwei Einrichtungen der medizinischen Zentralversorgung die Apotheke und die Transfusionszentrale gehören zur Universitätsmedizin Mainz. Mit der Krankenversorgung untrennbar verbunden sind Forschung und Lehre. Rund 3.500 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz kontinuierlich ausgebildet. Weitere Informationen im Internet unter http://www.klinik.uni-mainz.de