Berlin – Deutschland nimmt bei der Versorgung von alten Menschen mit Gelenk-Degenerationen und Verletzungen weltweit eine der führenden Positionen ein. Im Hinblick auf die derzeit stattfindende Themenwoche Demografischer Wandel der ARD betonten Prof. Dr. Joachim Grifka, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, sowie Prof. Dr. Axel Ekkernkamp, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, trotz einer schnell steigenden Zahl alter und sehr alter Menschen in Deutschland gebe es – anders als in vielen anderen Ländern – keine Wartelisten für Gelenkersatz, und alte Menschen mit einem häufig lebensbedohenden Schenkelhals-Bruch würden sicher und schnell versorgt.
Die beiden Mediziner betonten, der demografische Wandel würde sich bereits sehr deutlich in den Behandlungsstatistiken der Orthopädie und Unfallchirurgie widerspiegeln. So habe die Zahl der Krankenhausbehandlungen bei Erkrankungen von Knochen und Gelenken nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zwischen 1994 und 2005 um 37,1 Prozent zugenommen. Insgesamt seien 2005 rund 1,4 Millionen Patienten wegen dieser häufig altersbedingten Erkrankungen behandelt worden.
Mehr als die Hälfte aller chronischen Erkrankungen bei Menschen über 60 Jahren betreffen Gelenkerkrankungen. Allein wegen arthrosebedingter Beschwerden (Gelenkverschleiß) sind im Jahr 2005 insgesamt fast 368.000 Patienten im Krankenhaus behandelt worden. Im Jahr 2007 sind in Deutschland rund 355.000 künstliche Knie- und Hüftgelenke eingesetzt worden. 1996 lag diese Zahl erst bei rund 220.000.
Auch die Zahl der Schenkelhalsbrüche nimmt in Deutschland altersbedingt schnell zu. So geht die BQS (Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung) aktuell von einer Häufigkeit von 110 bis 130 Fällen pro 100.000 Einwohner pro Jahr aus. Diese Zahl steigt jedoch aufgrund der demografischen Entwicklung um etwa drei bis fünf Prozent pro Jahr an. Im Jahr 2006 wurden nach den BQS-Daten in Deutschland insgesamt 50.762 Patienten mit Schenkelhalsfrakturen operativ versorgt.
Grifka und Ekkernkamp betonen, trotz des schnellen Anstiegs gebe es in Deutschland keinerlei ökonomisch bedingte Wartelisten für die Behandlung von arthrosebedingten Gelenkerkrankungen oder von Schenkelhalsbrüchen. Diese Verletzungen und Erkrankungen würden vielmehr schnell und sicher behandelt. Dies werten die beiden Präsidenten der Fachgesellschaften für Orthopädie und Unfallchirurgie als deutliches Indiz für eine gute flächendeckende Versorgung sowohl durch niedergelassene als auch im Krankenhaus tätige Orthopäden und Unfallchirurgen.
Die beiden Spitzenvertreter der Orthopädie/Unfallchirurgie betonen aber auch, dass angesichts der zukünftig noch schneller wachsenden Zahl alter und sehr alter Menschen damit gerechnet werden muss, dass die Zahl der Erkrankungen und Verletzungen von Knochen und Gelenken nochmals deutlich stärker ansteigt. Hierfür müsse die Gesellschaft sowohl in mehr Prävention als auch in eine flächendeckende schnelle und zuverlässige Behandlungsmöglichkeit der betroffenen Patienten investieren.
Um welche Dimensionen es dabei gehe, werde deutlich, wenn man bedenke, dass sich die Kosten für die Behandlung von Verletzungen und Erkrankungen der Knochen und Gelenke in Deutschland im Jahr 2004 bereits auf 35,5 Milliarden Euro und damit auf rund 16 Prozent der direkten Krankheitskosten (2004 laut Statistischem Bundesamt 224,941 Milliarden Euro) beliefen. 40 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstage und 25 Prozent der vorzeitigen Berentungen würden durch diese Erkrankungen verursacht.