Berlin – Am gestrigen Mittwoch hatte der Deutsche Ethikrat zum zweiten Parlamentarischen Abend in diesem Jahr nach Berlin eingeladen, um seine jüngste Stellungnahme Mensch-Tier-Mischwesen in der Forschung- vorzustellen und mit den Abgeordneten des Deutschen Bundestages über die derzeit im Rat diskutierten Themen Intersexualität und Demenz und Selbstbestimmung zu diskutieren.
Edzard Schmidt-Jortzig, der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, hob in seiner Begrüßungsansprache hervor, dass der Ethikrat auf diese Weise dem starken Bedürfnis nach Austausch und Kommunikation zwischen Ethikrat und Bundestag nachkommen wolle. Zudem erinnerte er daran, dass im April 2012 die erste Wahlperiode des Deutschen Ethikrates abläuft und seine Neubesetzung ansteht.
In seinem Grußwort dankte Bundestagsvizepräsident Eduard Oswald im Namen aller Mitglieder des Deutschen Bundestages für die vom Ethikrat geleistete Arbeit. Die unabhängige, fundierte Beratung helfe den Abgeordneten, relevante Themen schneller zu durchdringen, und trage zur Urteilsfindung bei. Unter Bezugnahme auf den Ausspruch des englischen Philosophen und Mathematikers Russell. Wenn alle Experten sich einig sind, ist Vorsicht geboten ermunterte Oswald den Ethikrat, die Parlamentarier auch weiterhin umfassend und kritisch zu beraten und in seinen Stellungnahmen die unterschiedlichen Positionen zum Ausdruck zu bringen.
Im Anschluss daran stellte Wolf-Michael Catenhusen, Sprecher der ratsinternen Arbeitsgruppe, Eckpunkte der Stellungnahme und Empfehlungen des Ethikrates zum Umgang mit Mensch-Tier-Mischwesen vor. Im Mittelpunkt der anschließenden Diskussion standen unter anderem Fragen nach einem gesetzlichen Regelungsbedarf und den Kriterien, die bei der Prüfung von Forschungsvorhaben mit Mensch-Tier-Mischwesen angesetzt werden sollten.
Michael Wunder, Sprecher der Arbeitsgruppe Intersexualität, berichtete über den derzeitigen Stand der Beratungen. Dem Auftrag der Bundesregierung, eine Stellungnahme zu erarbeiten und den Dialog mit den Betroffenen und ihren Selbsthilfeorganisationen fortzuführen, sei der Ethikrat bereits insofern nachgekommen, als er eine Befragung von Betroffenen sowie Wissenschaftlern und Praktikern, eine öffentliche Anhörung und einen viel beachteten Onlinediskurs durchgeführt hat. Der Ethikrat erarbeite nun eine Stellungnahme, die sich ausgehend von der derzeitigen Situation intersexueller Menschen mit Fragen der Legitimität medizinischer Eingriffe, der gesundheitlichen Fehlversorgung, des Personenstandsrechts und der Möglichkeit eines finanziellen Ausgleichs für widerfahrenes Leid befasse und zu Beginn des Jahres 2012 vorgelegt werden solle. In der folgenden Diskussionsrunde interessierten sich die Parlamentarier insbesondere für die Einbeziehung der Eltern von Betroffenen in den Dialogprozess, den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Diskriminierungsverbot sowie die Frage, inwieweit sich die Empfehlungen des Ethikrates auch auf den Bereich des Sports erstreckten.
Michael Wunder berichtete auch über den Stand der Beratungen zum Thema Demenz und Selbstbestimmung. Die geplante Stellungnahme ziele insbesondere darauf ab, das Potenzial der von Demenz Betroffenen herauszuarbeiten und die noch mögliche Selbstbestimmung auch bei vorangeschrittener Erkrankung zu stärken. Außerdem gehe es darum, die Demenz nicht nur als Krankheit in den Blick zu nehmen, sondern auch die psychosoziale Situation der Betroffenen und ihrer Angehörigen zu erfassen. Die anschließenden Fragen der Abgeordneten bezogen sich auf etwaige Berührungspunkte zur rechtlichen Regelung der Patientenverfügung, der Finanzierung von Wohn-Pflege-Gemeinschaften sowie der Vergütung der Pflege durch Angehörige.