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Deutsche AIDS-Hilfe: Inhaftierte Drogenkonsumenten haben ein Recht auf Gesundheit!

Pressemitteilung

Berlin – Anlässlich der heutigen Justizministerkonferenz in Berlin fordert die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) von den Justizministern der Bundesländer, inhaftierte Drogenkonsumenten nicht weiter vom Menschenrecht auf den bestmöglichen erreichbaren Gesundheitszustand auszuschließen.

„Sorgen Sie dafür, dass auch im Gefängnis sterile Spritzbestecke, Kondome und Gleitgel zugänglich sind und dass Gefangene eine geeignete Substitutionsbehandlung erhalten können“, heißt es in einer Unterschriftenaktion unter dem Titel „Drogen und Menschenrechte“. Knapp 1.000 Menschen haben den Aufruf unterzeichnet. Die Deutsche AIDS-Hilfe hat die Unterschriften gestern dem Büro der Berliner Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) übergeben.

„Es ist ein Skandal, dass in Deutschland Menschen von hoch wirksamen Methoden zum Schutz ihrer Gesundheit ausgeschlossen werden“, sagt DAH-Vorstandsmitglied Carsten Schatz. „Politische Scheuklappen führen dazu, dass Drogenabhängige sich mit HIV und Hepatitis C infizieren. Die Justizminister der Länder stehen in der Pflicht, diese menschenverachtende Praxis so schnell wie möglich zu beenden!“

Die Verteilung von sterilen Spritzbestecken gibt Drogenkonsumenten die Möglichkeit, sich vor Infektionen zu schützen. Die Substitutionsbehandlung, bei der die Droge unter medizinischer Kontrolle durch ein geeignetes Medikament ersetzt wird, verhindert darüber hinaus noch viele weitere gesundheitliche Risiken. Beide Maßnahmen retten nachweislich Leben. Doch die allermeisten Menschen in Haft haben keinen Zugang dazu.

Sterile Spritzbestecke gibt es bislang nur in einem deutschen Gefängnis, der JVA Berlin-Lichtenberg für Frauen. Die Utensilien werden drogenabhängigen Häftlingen vorenthalten, obwohl ein groß angelegter Modellversuch in Deutschland und Erfahrungen in anderen Ländern gezeigt haben, dass aus der Spritzenvergabe kein Gefahr für das Personal der Justizvollzugsanstalten erwächst. Eine Substitutionsbehandlung ist zwar in manchen deutschen Gefängnissen möglich, bleibt aber für die meisten Inhaftierten unerreichbar. Nur wenige der 185 deutschen Haftanstalten stellen eine anonyme Kondomvergabe sicher.

Experten schätzen, dass mindestens 30 Prozent der Gefangenen in Deutschland wegen Drogendelikten oder Beschaffungskriminalität einsitzen und dass die meisten von ihnen auch in Haft Drogen konsumieren. Bei einer Befragung von 1.582 Gefangenen gaben mehr als 20 Prozent an, gelegentlich oder immer Nadeln mit anderen Häftlingen gemeinsam zu benutzen. Das Risiko einer Übertragung des HI-Virus und des Hepatits-C-Erregers HCV ist dabei extrem hoch: Knapp zwei Prozent der Gefangenen, die intravenös Drogen konsumieren, sind HIV-positiv, 50,6 Prozent HCV-positiv.

Zu den 954 Unterzeichnern der Resolution „Drogen und Menschenrechte“ zählen Expertinnen und Experten aus vielen namhaften Organisationen, darunter Prof. Dr. Jürgen Feest (Leiter des Strafvollzugsarchivs an der Universität Bremen), Jürgen Heimchen (Vorsitzender des Bundesverbandes der Eltern und Angehörigen für akzeptierende Drogenarbeit e.V.), Marco Jesse (Vorstand des JES-Bundesverbandes e.V.), Dr. Ingo Ilja Michels (Projektleiter Central Asia Drug Actions Programme der EU), Maximilian Plenert (Sprecher des Bundesnetzwerks Drogenpolitik bei Bündnis ’90/Die Grünen), Prof. Dr. Heino Stöver (Geschäftsführender Direktor des Instituts für Suchtforschung der Fachhochschule Frankfurt am Main, ISFF), Cornelius Wichmann (Vorstandsvorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe e.V.) und Prof. Dr. Henning Schmidt-Semisch (Insitut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen).

Weitere Informationen: http://www.drogenundmenschenrechte.de , http://www.aidshilfe.de