Melbourne – In Melbourne geht heute die 20. Internationale Aids-Konferenz zu Ende. Die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) zieht eine positive Bilanz. Wissenschaft und Menschenrechte zusammenzuführen – die wichtigste Bedingung für erfolgreiche Maßnahmen gegen HIV und Aids – war das vorrangige Ziel der Konferenz. Medikamente alleine sind nicht ausreichend.
Kein Satz wurde in Melbourne häufiger zitiert als „Nobody left behind“ („Niemanden zurücklassen“), die Überschrift der Melbourne-Deklaration gegen Diskriminierung von Menschen mit HIV und die am stärksten betroffenen Gruppen, die in den meisten Ländern keine angemessene Prävention erhalten. Dazu gehören schwule Männer, Drogenkonsumenten, Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, Trans-Menschen sowie Menschen in Haft.
Dazu sagt DAH-Vorstand Carsten Schatz:
„Von dieser Konferenz geht ein starkes politisches Signal aus. ,Niemanden zurücklassen’ – das ist hier Konsens. Die Fachwelt ist sich einig: Diskriminierung von Menschen mit HIV und den am stärksten betroffenen Gruppen ist das größte Hindernis, wenn es darum geht, diese Epidemie zu beenden. Diese Botschaft kommt hoffentlich in den Ländern an, die mit Strafverfolgung und Diskriminierung die Menschenrechte brechen und damit die Verbreitung von HIV fördern.“
Auch in Deutschland noch Lücken in der Prävention
Die deutsche HIV-Prävention wurde in Melbourne vielfach als vorbildlich gelobt, weil sie die genannten Gruppen als gleichwertige Partner in die Prävention einbezieht. Dies geschieht vor allem durch die Arbeit der Deutschen AIDS-Hilfe, gefördert vom Bundesministerium für Gesundheit über die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Doch auch Deutschland muss bei der Hauptbotschaft dieser Konferenz genau hinhören.
DAH-Vorstand Carsten Schatz: „Auch in Deutschland werden noch Menschen zurückgelassen. Menschen in Haft erhalten keine sauberen Spritzen und teilweise auch keine Substitutionstherapien – sie sind damit von den wirksamsten Maßnahmen gegen HIV und Hepatitis C ausgeschlossen. In zehn Bundesländern gibt es keine Drogenkonsumräume, obwohl solche Einrichtungen nachweislich Leben retten und keinerlei Nachteile haben. Diese Missstände kosten viele Menschen ihre Gesundheit und das Leben. Bund und Länder stehen in der Pflicht, diese Verstöße gegen die Menschenrechte unverzüglich zu beenden.“
Alle genannten Gruppen erfahren auch in Deutschland noch Diskriminierung. Knapp 80 Prozent der Menschen mit HIV gaben bei einer Befragung der Deutschen AIDS-Hilfe an, im Jahr vor der Befragung Diskriminierung erfahren zu haben – vom Klatsch und Tratsch über Zurückweisung beim Zahnarztbesuch oder Mobbing bei der Arbeit bis hin zu körperlicher Gewalt. Eine vollständige rechtliche Gleichstellung von Schwulen und Lesben wird von den Unionsparteien blockiert.
Zudem ist die (potenzielle) Übertragung von HIV in Deutschland noch immer strafbar. Durch die Kriminalisierung wird Menschen mit HIV einseitig die Verantwortung für den Schutz übertragen und die Hauptbotschaft erfolgreicher Prävention geschwächt, nach der jeder Mensch für sich selbst die Verantwortung übernehmen muss. Menschen dazu zu befähigen, ist und bleibt das wichtigste Ziel der HIV-Prävention.
Am 28.7. ist Welt-Hepatitis-Tag
Handlungsbedarf besteht auch beim massiv unterschätzten Problem Hepatitis. Es mangelt an Bewusstsein sowie Schutz- und Behandlungsmaßnahmen. Dazu hat die deutsche AIDS-Hilfe gemeinsam mit anderen Organisationen einen Aktionsplan für eine Nationale Strategie vorgelegt
Weitere Informationen:
Pressemitteilung: Leben retten mit Drogenkonsumräumen, Substitution und Naloxon
Pressemitteilung zum Alternativen Drogen- und Suchtbericht 2014
Berichterstattung von der Welt-Aids-Konferenz auf aidshilfe.de