Wiesbaden – Die Debatte um die Integration von assistiertem Suizid in die palliative Versorgung nimmt an Schärfe zu. Angestoßen durch die Diskussionen auf Plattformen wie Publik-Forum und den praktizierten assistierten Suizid im Palliativgarten Herne durch Palliativarzt Matthias Thöns, und die dort aufgeworfene Frage, ob palliative Versorgung auch die Unterstützung beim Suizid umfassen sollte, bezieht der Fachverband SAPV Hessen e.V. eine klare Position: Assistierter Suizid steht im Widerspruch zu den Prinzipien der Palliativ-Versorgung.
Palliativmedizin setzt sich dafür ein, die Lebensqualität von schwerkranken und sterbenden Menschen zu verbessern – unabhängig von der Prognose und ohne die Lebenszeit künstlich zu verkürzen oder zu verlängern. Der Fokus liegt auf der ganzheitlichen Begleitung, der Linderung von Schmerzen und anderen belastenden Symptomen sowie auf der psychischen, sozialen und spirituellen Unterstützung der Betroffenen und ihrer Angehörigen.
Der Fachverband SAPV Hessen e.V. ist eine Organisation, die sich auf die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) von Kindern und Jugendlichen, als auch von Erwachsenen in Hessen konzentriert. Der Fachverband vernetzt und koordiniert die 27 Palliativteams, dient der Qualitätssicherung und bedarfsgerechten Weiterentwicklung.
„Wir betrachten es als unsere ethische und medizinische Verpflichtung, Menschen in der letzten Lebensphase beizustehen, ohne aktiv in den Sterbeprozess einzugreifen“, erklärt Michaela Hach, Geschäftsführerin des Fachverbands SAPV Hessen e.V. „Die Forderung, assistierten Suizid in die Palliativversorgung zu integrieren, widerspricht dem Grundgedanken der Palliativmedizin. Unser Ziel ist es, Leben zu unterstützen – auch in seinen schwersten Momenten – und nicht, es aktiv zu beenden.“
Die Beihilfe zum Suizid ist in Deutschland grundsätzlich erlaubt und Betroffene können sich hierzu an Sterbehilfevereine wenden. Die Diskussion um den assistierten Suizid darf jedoch nicht dazu führen, dass die Begleitung in der letzten Lebensphase durch palliative Angebote in Frage gestellt oder ihr Ziel verzerrt wird. Stattdessen müsse die gesellschaftliche Debatte verstärkt darauf hinweisen, wie wichtig ein flächendeckender Zugang zu hochwertiger palliativer Versorgung ist.
Grundlage hierfür sind nicht zuletzt die Handlungsempfehlungen der „Charta für Schwerkranke und Sterbende“, die als nationale Strategie für die Hospiz- und Palliativarbeit in Deutschland entstanden ist und der sich allein in Hessen 352 Institutionen, Städte und Gemeinden mit ihrer Unterschrift angeschlossen haben. Hier gilt es „insbesondere den Bestrebungen nach einer Legalisierung der Tötung auf Verlangen durch eine Perspektive der Fürsorge und des menschlichen Miteinanders entgegenzuwirken. Dem Sterben als Teil des Lebens ist gebührende Aufmerksamkeit zu schenken.“ Der Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der Aus- und Weiterbildung von Palliativ-Fachpersonen, die den besonderen Bedürfnissen von Schwerkranken und Sterbenden gerecht werden sollen, wird darin ebenfalls ein hoher Wert beigemessen.
„Die Lösung für Leid am Lebensende liegt nicht in der Suizidbeihilfe, sondern in einer umfassenden und zugänglichen Palliativversorgung“, betont Michaela Hach. „Unser Auftrag ist es, durch Zuwendung, menschliche Nähe und medizinische Kompetenz Leiden zu lindern und Würde zu bewahren.“
Der Fachverband SAPV Hessen e.V. ruft alle Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger dazu auf, die Stärkung der palliativen Versorgung in den Mittelpunkt der politischen und gesellschaftlichen Diskussion zu stellen, anstatt den assistierten Suizid als scheinbare Lösung für existenzielle Nöte zu normalisieren oder gar als Bestandteil der Palliativversorgung zu deklarieren.