Heidelberg – Lassen sich in Deutschland in Bezug auf die depressive Symptomatik Unterschiede zwischen Migrant*innen und Nicht-Migrant*innen nachweisen und wenn ja, lassen sich diese Unterschiede auf soziale Integration, emotionale Unterstützung und sozioökonomische Position zurückführen? Diesen Fragen sind Wissenschaftler*innen des NAKO Konsortiums in einer im International Journal of Public Health publizierten Studie1 nachgegangen. Zu diesem Zweck haben die Forscher*innen die Datensätze von über 200.000 Teilnehmenden der NAKO Gesundheitsstudie (NAKO) in dem Zeitraum 2014 – 2019 analysiert. Bildung und Einkommen galten in diesem Rahmen als Indikatoren für die sozioökonomische Position.
Als Ergebnis finden die Autor*innen höhere Risiken für depressive Symptome bei Migrant*innen und ihren Nachkommen – gegenüber Nicht-Migrant*innen– nach. Die Forscher*innen betonen, dass unter Berücksichtigung der verschiedenen Untergruppen und Herkunftsregionen sowohl das Risiko depressiver Symptome als auch die Auswirkungen von Einkommensposition und Bildungsstatus variieren. Um Verzerrungen zu vermeiden, empfehlen sie im Hinblick zukünftiger sozialepidemiologischer Studie, bei Vergleichen von Migrant*innen mit Nichtmigrant*innen nach Möglichkeit die Heterogenität innerhalb der Migrantenpopulationen und ihrer Nachkommen gesondert zu einzubeziehen. „Die NAKO-Daten“, so die Studie, „bieten das Potenzial einer differenzierten Analyse“. Analysen zu Veränderungen im Zeitverlauf werden möglich sein, sobald die Daten des NAKO Follow-ups verfügbar sind, schlussfolgern die Autor*innen.
Einige Fakten (Statistik in der PDF Version):
Von den 204.878 Teilnehmende der Baseline (Zeitraum 2014 – 2019) waren über 83 % (170.770 Personen) Nicht-Migrant*innen. 34.108 Personen (fast 17 % aller NAKO Teilnehmenden) wurden der Kategorie „Personen mit Migrationshintergrund“ zugeordnet. Diese Gruppe setzte sich wiederum aus
- Migrant*innen der 1. Generation ohne deutsche Staatsangehörigkeit (10.525 Personen, 5,1 %)
- Migrant*innen der 1. Generation mit deutscher Staatsangehörigkeit (10.752 Personen, 5,2 %)
- Migrant*innen der 2. Generation (in Deutschland geboren) (9.358 Personen, 4,6 %)
- Deutsche Aussiedler*innen zusammen (3.473 Personen, 1,7 %)
In Bezug auf die Forschungsfrage nach einer Prävalenz depressiver Symptome zwischen den verschiedenen Migranten- und Nichtmigrantenpopulationen konnten die Wissenschaftler*innen anhand der Ergebnisse ein signifikant erhöhtes Risiko depressiver Symptome für alle Migrant*innen feststellen, am höchsten in beiden Gruppen von den Migrant*innen der 1. Generation – unabhängig von der jeweiligen Staatsbürgerschaft.
1 Nico Vonneilich N, Becher H, Bohn B, Brandes B, Castell S, Deckert A, Dragano N, Franzke C-W, Führer A, Gastell S, Greiser H, Keil T, Klett-Tammen C, Koch-Gallenkamp L, Krist L, Leitzmann M, Meinke-Franze C, Mikolajczyk R, Moreno Velasquez I, Obi N, Peters A, Pischon T, Reuter M, Schikowski T, Schmidt B, Schulze M, Sergeev D, Stang A, Völzke H, Wiessner C, Zeeb H, Lüdecke D and von dem Knesebeck O (2023) Associations of Migration, Socioeconomic Position and Social Relations With Depressive Symptoms – Analyses of the German National Cohort Baseline Data. Int J Public Health 68:1606097. doi: 10.3389/ijph.2023.1606097
2 Ebenda