Wiehl – Am 21. September ist Welt-Alzheimertag. Im Jahr 2019 steht dieser Tag in Deutschland unter dem Motto „Demenz. Einander offen begegnen“. Weltweit und auch überall in Deutschland finden rund um den Welt-Alzheimertag und in der „Woche der Demenz“ vielfältige Aktionen statt, um auf die Situation von Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen aufmerksam zu machen.
Begegnung wagen und Unterstützung leisten
Trotz Demenz am normalen Leben teilhaben können und Teil der Gesellschaft sein – das wünschen sich Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen. Sie möchten ihren Alltag selbst gestalten, ihren gewohnten Hobbies nachgehen, etwas Sinnvolles tun und im Freundeskreis und in der Gemeinde aktiv bleiben. Das alles ist möglich, wenn Menschen mit Demenz und ihre Familien die nötige Unterstützung erhalten.
„Für ein gutes Miteinander brauchen wir Offenheit in unserer Gesellschaft. Dies gilt ganz besonders bei der Begegnung mit Menschen mit Demenz“, betont Monika Kaus, die Vorsitzende der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (DAlzG). „Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen sollen erfahren, dass sie trotz der Erkrankung akzeptiert werden und dazugehören. Wir brauchen in der breiten Bevölkerung mehr Wissen über das Krankheitsbild und mehr Verständnis für die Erkrankten.“ Angehörige tragen die Hauptlast der Pflege und Betreuung von Demenzerkrankten. „Sie benötigen hierfür auch konkrete Unterstützung. So müssen zum Beispiel zeitnah die Empfehlungen des Beirats zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf mit der Forderung einer Lohnersatzleistung umgesetzt werden“, erklärt Monika Kaus.
Forscher fordern Ausbau der klinischen Forschung
In Deutschland leben heute rund 1,7 Millionen Menschen mit einer Demenzerkrankung. Aufgrund der steigenden Lebenserwartung nimmt die Zahl der Erkrankten weiter zu und wird bis zum Jahr 2050 auf 3 Millionen steigen. Wegen des hohen und langen Pflegeaufwandes ist noch völlig unklar, wie unsere sozialen Sicherungssysteme personell und finanziell diese Herausforderung meistern werden“, so Frau Prof. Isabella Heuser, Berlin, Vorsitzende der Hirnliga e.V., der Vereinigung der deutschen Alzheimerforscher. „Vor diesem Hintergrund gilt es dringend, die Forschung zur Vorbeugung und Behandlung zu verstärken, denn es gibt bis heute noch kein Medikament zur Heilung der Alzheimerkrankheit und es sieht auch nicht so aus, als ob wir zeitnah damit rechnen können.“
Eine der wichtigsten Leistungen der Grundforschung der vergangenen Jahre besteht darin, dass die Erkrankung heute mit Hilfe von sogenannten Biomarkern schon im Stadium einer leichten kognitiven Störung erkannt werden kann, deutlich bevor die geistigen Fähigkeiten so stark eingeschränkt sind, dass bereits eine Demenz vorliegt. Darauf gilt es aufzubauen und therapeutische Möglichkeiten zu erforschen, die den Betroffenen helfen, keine Alzheimer-Demenz zu entwickeln.
Doch die klinische Therapieforschung, direkt am Patienten, ist enorm aufwendig: die Erkrankung verläuft über viele Jahre, die meisten Patienten sind schon älter und auch noch anderweitig behandlungsbedürftig. Manchen Patienten, die an Therapiestudien teilnehmen möchten, fehlt eine enge Bezugsperson, die sie während einer 18-monatigen Studiendauer – denn so lange laufen diese Untersuchungen in der Regel – begleiten können. „Um wirkliche Fortschritte zu erreichen, muss die klinische Forschung personell und finanziell nachhaltig ausgebaut werden“, so Prof. Heuser.
Alterspsychiater fordern mehr Diagnostik und Behandlung bei beginnender Demenz
„Leider wird die überwiegende Mehrzahl demenzerkrankter Menschen nicht fachgerecht diagnostiziert“, so Prof. Michael Rapp, Berlin, Präsident der Deutschen Alterspsychiater (DGGPP e.V.). „Vergesslichkeit, sogenannte kognitive Störungen, bedeuten nicht immer eine Demenzerkrankung. So hat jeder siebte mit Gedächtnisstörungen eine andere körperliche Erkrankung, die die Merkfähigkeit stört, wie z.B. eine nicht richtig behandelte Schilddrüsenerkrankung. Diesen Menschen kann oft innerhalb kurzer Zeit geholfen werden und damit der Pflegekasse viel Geld gespart werden.“
Außerdem bestehen für beginnende Gedächtniskrankheiten neben der medikamentösen Behandlung eine Reihe von leitliniengerechten nichtmedikamentösen Behandlungsmöglichkeiten wie Gedächtnistraining, körperliche Aktivität und Ergotherapie, die aber nur bei einem geringen Anteil der Patienten auch angeboten und umgesetzt werden“, so Rapp. „Solche Maßnahmen der ambulanten neuropsychologischen, ergo- und sporttherapeutischen Behandlung können die Zeit bis zur Pflegebedürftigkeit um viele Monate verzögern und müssen dringend in ambulanter Behandlung und Rehabilitation angeboten werden.“
Es gibt in Deutschland inzwischen eine ganze Reihe von Einrichtungen (Memorykliniken, Gedächtnissprechstunden), die auf diese Untersuchung und Behandlung beginnender Gedächtnisprobleme spezialisiert sind. Die Gesellschaft der deutschen Alterspsychiater hat auf ihrer Webseite eine aktuelle Liste veröffentlicht: