Berlin – Der Bundesrat hat vorgeschlagen, die Umsetzung des Masern-Schutzgesetzes in Gemeinschaftseinrichtungen zum 31.7.2021 um 18 Monate zu verschieben (www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2021/0001-0100/92-21(B).pdf?__blob=publicationFile&v=1). Dies wird damit begründet, dass die Umsetzung Anstrengungen der Gemeinschaftseinrichtungen und Gesundheitsämter erfordere, für die diese nun während der Zeit der Pandemie mit SARS-CoV-2 keine Zeit hätten. Vielmehr kämen durch die Umsetzung des Gesetzes weitere Belastungen auf die Institutionen zu.
Diese Argumentation verwundert uns. Der Termin für die Umsetzung des Gesetzes ist spätestens seit dem 1.3.2020, also seit über einem Jahr bekannt und hätte bereits längst umgesetzt sein können. Größtenteils sind die Daten auch bekannt: da der Impfstatus bei Aufnahme in die Gemeinschaftseinrichtung abgefragt wird, ist der Status der Masernimpfung bekannt und muss eventuell noch ergänzt werden. Insofern ist es ein Leichtes, die Vollständigkeit der Impfnachweise festzustellen und die fehlenden Impfungen nachzuholen.
Durch die Erschütterungen des Gesundheitssystems während der Pandemie ist es im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres zu einer Verminderung der Impftätigkeit gekommen, so dass einige Kinder die notwendige Impfung gegen Masern nicht zeitgerecht erhalten haben. Hier sind Nachholimpfungen, wie sie durch das Masernschutzgesetz angestoßen werden, dringend geboten zum Schutz der vulnerablen Kinder.
Durch die Hygienemaßnahmen während der Pandemie, die AHA- Regeln und das Lüften, ist es zudem zu einer starken Verminderung der Übertragung von Masern in Deutschland gekommen, so dass die Fallzahlen wie bei allen Atemwegserkrankungen gesunken sind. Dadurch sind viele für Masern empfängliche Kinder in Deutschland vorhanden, die, wenn das Masernvirus in Ihrer Umgebung ist, an Masern erkranken können. Dies gilt es zu verhindern. Dies ist der Sinn des Masernschutzgesetzes. Deswegen ist es unserer Ansicht nach besonders wichtig, auf der zeitgerechten Umsetzung des Masernschutzgesetzes zum 31.07.2021, also kurz vor Beginn des Kindergartenjahres 2021/2022, zu bestehen.
Es ist zu begrüßen, dass der Bundesrat sich um die Belastungen in den systemrelevanten Gemeinschaftseinrichtungen sorgt. Wenn es dort zu Masernausbrüchen kommt, gibt es ungleich viel mehr Arbeit für die Einrichtungen und die Gesundheitsämter, um die Fälle zu sichern, die Kontakte zu verfolgen, die Ansteckung und weitere Ausbreitung zu verhindern, prophylaktische Impfungen und Postexpositionsimpfungen und bei jungen Säuglingen Immunglobuline anzubieten. Deshalb wäre es unverantwortlich, die Umsetzung des Masernschutzgesetzes zu verzögern.
Während der Pandemie sind vielfach die Rechte von Kindern missachtet worden. Nun soll aufgrund von bürokratischen Überlegungen der Schutz von Kindern gegen die schwere Erkrankung an Masern geschwächt werden. Wenn einzelne Einrichtungen nachvollziehbar darlegen, dass sie es nicht schaffen, das Gesetz bis zum 31.07.2021 umzusetzen, könnte man denen auf Antrag eine kurze Fristverlängerung von maximal drei Monaten einräumen, sicherlich nicht 18 Monate.
Deswegen fordern wir den Bundestag auf, dem Wunsch des Bundesrates nicht nachzukommen und auf einem zeitgerechten Schutz der Kinder in Deutschland vor Masern zu bestehen.