Berlin – Selbständige Ärzte könnten die Personalnot in den Kliniken lindern, wenn man sie nur ließe.
Der Einsatz von Honorarärzten eröffnet die grundsätzliche Möglichkeit, schnell und flexibel auf besondere Umstände – wie auch auf die aktuelle Pandemie – reagieren zu können. Kliniken, Kommunen und sonstige Einrichtungen können bei Belastungsspitzen oder in besonderen Situationen auf diesen mobilen und hochflexiblen Pool von Experten zugreifen. Dies war bis zum Sommer 2019 bundesweit gängige Praxis, bis das Bundessozialgericht dieser Tätigkeit pauschal die Selbständigkeit absprach (Az.: B12R11/18 R); der Gesetzgeber hat bisher versäumt, dies zu korrigieren.
Dazu ist es jetzt höchste Zeit!
Wir fordern die Bundesregierung auf, die selbständige Tätigkeit von Honorarärzten kurzfristig anzuerkennen und so den legalen Einsatz von mehreren tausend Ärzten zur Entlastung von Kliniken und Gesundheitseinrichtungen zu ermöglichen.
Zum Hintergrund: Ärzte sind, ob selbständig oder angestellt, nahezu ausschließlich in den berufsständigen Versorgungswerken pflichtversichert. Sie zahlen aus ihren Einnahmen regelmäßig Beiträge zur Altersvorsorge und zur Kranken- und Pflegeversicherung. Lediglich die Arbeitslosenversicherung fällt beim selbständigen Arzt weg; er erhält auch keine Leistung daraus. Kliniken sind derzeit gezwungen, auf Ärzte in Leiharbeit (Arbeitnehmerüberlassung) zurückzugreifen, da sonst erhebliche Nachzahlungen an die Deutsche Rentenversicherung (DRV) und Strafbarkeit drohen. Ärztliche Leiharbeit ist jedoch deutlich teurer und erheblich komplizierter als der Einsatz von selbständigen Honorarärzten. Zudem stehen insgesamt weniger Ärzte für Leiharbeit zur Verfügung. Die Honorararzttätigkeit ist dagegen bestimmt von freier Zeitgestaltung und der Unabhängigkeit von starren Arbeitszeitregelungen. Im Bereich des Notarztwesens hat der Gesetzgeber von einigen Jahren eine schnelle Gesetzesänderung durchgesetzt, da die notärztliche Versorgung zusammenzubrechen drohte. Jetzt könnte eine ähnliche Situation im Bereich der Krankenhäuser entstehen.
Ein Großteil der Honorarärzte stammt aus den Fachbereichen Anästhesie und Innere Medizin. Sie sind mehrheitlich für die Intensiv- und Notfallmedizin qualifiziert und sehr erfahren. Das könnte sehr bald von großer Bedeutung sein. Dieses Potential müssen Kliniken jetzt rechtssicher nutzen können.
Sinnvoll wäre eine Regelung i.S.d. § 23c Abs. 2 Satz 1 SGB IV. Dieser könnte wie folgt geändert werden:
„Einnahmen aus Tätigkeiten als Notarzt / Notärztin im Rettungsdienst oder Arzt / Ärztin im Bereich der stationären oder ambulanten Patientenversorgung sind nicht beitragspflichtig, wenn diese Tätigkeiten 1. haupt- oder nebenberuflich für mindestens drei unterschiedliche Auftraggeber im Beitragsjahr oder 2. neben einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung ausgeübt werden.”
Der Bundesverband der Honorarärzte (BV-H e.V.) vertritt die Interessen von Honorarärzten, die in Kliniken zu Vertretungszwecken und zur Überbrückung personeller Engpässe tätig werden. In der notärztlichen Akutversorgung der Bevölkerung spielen Honorarärzte eine tragende Rolle. Honorarärzte kooperieren auch als niedergelassene Ärzte mit Kliniken und anderen Gesundheitseinrichtungen.