Berlin – Zur Unterbrechung des Contergan-Hungerstreiks erklärt Markus Kurth, sozial- und behindertenpolitischer Sprecher:
Wir begrüßen die Unterbrechung des Hungerstreiks. Dies ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung. Wir bitten das Unternehmen Grünenthal und die Eigentümerfamilie Wirtz, das Zeichen des Entgegenkommens der Contergan-Opfer anzunehmen und in einen Dialog mit ihnen zu treten. Desgleichen sollte die Bundesregierung einen Schritt auf die Contergan-Opfer zugehen. Die jüngst vorgenommene Verdoppelung der monatlichen Entschädigungsrente bis zur Höhe von maximal 1090 Euro deckt für viele Geschädigte nicht annähernd den Mehraufwand ab, den sie durch ihre Behinderung haben. Der Hungerstreik hat noch einmal die Entschlossenheit deutlich gemacht, mit der die Geschädigten auf einer Entschuldigung und einem angemessenen Schadensausgleich – insbesondere für die jetzt auftretenden Spätfolgen ihrer Behinderung – bestehen.
Alle Fraktionen im Deutschen Bundestag sind nun am Zug, eine überparteiliche Lösung zu finden, die den Forderungen nach einem angemessenen Schadensausgleich gerecht wird. Ein solcher Ausgleich muss individuell festgestellt und den heute gültigen Maßstäben entsprechend festgesetzt werden. Eine Neubewertung der Entschädigungszahlung ist dringend geboten, um eine Ungleichbehandlung zu vergleichbaren Opfern von heutigen Schadensereignissen zu beseitigen.
Denn: Bei der damaligen Feststellung des Schadensausgleichs hatte man nur sehr wenige Erfahrungen mit den körperlichen Funktionseinschränkungen der Contergangeschädigten. Es war nicht annähernd abzuschätzen, wie sich die Gesundheit der Betroffenen in ihrem weiteren Leben entwickelt. Heute aber wissen wir, dass die hohe Selbständigkeit der Conterganopfer, die sie glücklicherweise erlangten, oft mit einer starken Überlastung der Gelenke, der Muskulatur und des Skeletts einherging.
Die gesundheitlichen Folgeschäden sind so gravierend, dass nicht nur ein umfassender, sondern auch ein zügiger Ausgleich erfolgen muss. Wir appellieren an alle Beteiligten, die akuten Probleme nicht auf die lange Bank zu schieben.