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Contergan: 50 Jahre keine Gerechtigkeit

Pressemitteilung

Berlin – Anlässlich der Marktrücknahme des Schlafmittels Contergan vor 50 Jahren erklärt Markus Kurth, Sprecher für Behindertenpolitik:

Die Situation contergangeschädigter Menschen ist 50 Jahre nach Marktrücknahme des Medikaments stark verbesserungsbedürftig. Menschen mit einer Conterganschädigung mussten jahrzehntelang Körperteile oft auf außergewöhnliche Art belasten – zum Beispiel durch das Öffnen von Flaschen mit den Zähnen. Durch diese häufig einseitigen Beanspruchungen treten in zunehmendem Alter Folgeschäden auf. Die medizinische und soziale Versorgung der Betroffenen wird ihrer spezifischen Situation nur unzureichend gerecht.

Die Schadensersatzleistungen an contergangeschädigte Menschen sind ihrer Lebenssituation anzupassen. Die Firma Grünenthal konnte 1970 mit einem Vergleich ihre Haftung begrenzen. Zu diesem Zeitpunkt jedoch waren die Langzeitfolgen der Conterganschädigung überhaupt nicht absehbar. Heutzutage liegen Entschädigungszahlungen bei vergleichbaren Schadensfällen in ganz anderen Dimensionen. Die Bundesrepublik Deutschland, die damals die Haftungsnachfolge angetreten hat, muss sich ihrer Verantwortung stellen. Im Zuge der letzten Änderung des Conterganstiftungsgesetzes vor zwei Jahren hat der Deutsche Bundestag auf unsere Initiative beschlossen, die Hilfebedarfe contergangeschädigter Menschen zu ermitteln. Ein entsprechender Forschungsauftrag wurde vergeben. Die Bundesregierung muss endlich die Ergebnisse präsentieren, um auf dieser Grundlage Handlungsvorschläge zu machen. Auch die Höhe der Entschädigung ist mit dem Wissen um die Folgeschäden ins Verhältnis zu setzen und entsprechend anzupassen.

Auch wenn die Firma Grünenthal haftungsrechtlich nicht mehr zu belangen ist, muss sie sich ihrer historischen Verantwortung stellen. Die Betroffenen erwarten zu Recht eine Entschuldigung der damaligen Eigentümerfamilie. Der Vergleich im Jahr 1970 kam unter fragwürdigen Umständen und unvollständiger Informationslage der Betroffenen zustande. Dies sollte für Grünenthal Grund genug sein, um eine Beteiligung an einer erweiterten Entschädigung ins Auge zu fassen.