Bonn – Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat eine weitere Vizepräsidentin: Die Berliner Rechtswissenschaftlerin Professor Christine Windbichler wurde am heutigen Mittwoch von der Mitgliederversammlung der DFG in Berlin in das Spitzengremium von Deutschlands größter Forschungsförderorganisation gewählt. Dort will sie sich vor allem für die Internationalisierung der juristischen Forschung und Ausbildung in Deutschland und für eine stärkere Durchlässigkeit zwischen akademischen Tätigkeiten und der Praxis einsetzen.
Christine Windbichler ist die dritte Wissenschaftlerin im zehnköpfigen Präsidium der DFG. Sie übernimmt im Bereich der Rechtswissenschaften das Vizepräsidentenamt von Klaus J. Hopt, dem Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg, der nach sechsjähriger Amtszeit turnusgemäß ausscheidet. Wir freuen uns, dass wir mit Christine Windbichler eine angesehene Wissenschaftlerin mit überaus interessanten Arbeitsschwerpunkten und umfangreicher internationaler Erfahrung für das Präsidium gewinnen konnten, erklärte DFG-Präsident Professor Matthias Kleiner nach der Wahl.
Die neue DFG-Vizepräsidentin ist ordentliche Professorin für Handels-, Wirtschafts- und Arbeitsrecht an der Humboldt-Universität Berlin. Windbichler wurde 1950 in Wiesbaden geboren und studierte ab 1969 Jura in Mainz und München. Nach ihrer Promotion an der Münchner Ludwigs-Maximilians-Universität (LMU) und den beiden Juristischen Staatsprüfungen absolvierte sie 1979 die angesehene Zusatzausbildung zum LL.M. an der University of California in Berkeley, bevor sie als Akademische Rätin an die LMU nach München zurückkehrte, wo sie sich 1988 auch habilitierte. Nach Lehrstuhlvertretungen in Osnabrück und Köln und einer ordentlichen Professur für Bürgerliches Recht und Handelsrecht in Freiburg hat sie seit 1992 ihre jetzige Professur an der Humboldt-Universität inne. Seit 1994 ist sie auch Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.
Windbichlers Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Unternehmensverfassung/ Corporate Governance und im Verhältnis von Kapital, Arbeit und Management. Bei letzterem ist es ihr ein besonderes Anliegen, traditionelle Perspektiven zu überwinden. Hier arbeitet die Rechtswissenschaft nach Windbichlers Worten oft noch immer mit dem überkommenen Gegensatz von Kapital und Arbeit. Die Corporate Governance Forschung dagegen befasst sich mit Interessenkonflikten zwischen Kapitalgebern und Management. Es ist Aufgabe moderner Rechtswissenschaft, diese Diskurse zusammenzuführen.
Bei der Weiterentwicklung der juristischen Forschung auf diesen Gebieten kommen der neuen DFG-Vizepräsidentin ihre langjährigen internationalen Erfahrungen und Einblicke in die Wirtschaft zugute. So war sie zwischen 1997 und 2006 mehrfach als Gastwissenschaftlerin und Gastprofessorin in den USA tätig, unter anderem in Berkeley, an der Duke University, North Carolina, und der University of Virginia. Von 2001 bis 2006 gehörte Christine Windbichler dem Aufsichtsrat der MAN-Roland Druckmaschinen AG an. Seit 2005 ist sie zudem Mitglied der APAK, der Abschlussprüferaufsichtskommission, die die unabhängige Fachaufsicht über das Wirtschaftsprüferwesen in Deutschland darstellt..
In der Wissenschaftspolitik und Forschungsförderung engagierte sich die Rechtswissenschaftlerin bislang unter anderem in der DFG-Senatskommission für Graduiertenkollegs und im Auswahlausschuss der Alexander von Humboldt-Stiftung. Im Präsidium der DFG will sie sich vor allem für das Thema Internationalisierung stark machen. Hier gibt es nach ihren Worten in den Rechtswissenschaften, aber auch in anderen Fächern, in Deutschland weiterhin Nachholbedarf, und zwar sowohl in der Forschung wie in der akademischen Ausbildung. Ebenfalls engagieren will sie sich für eine stärkere Durchlässigkeit zwischen der Wissenschaft und anderen Tätigkeitsfeldern. So sei beispielsweise für Professoren und für den wissenschaftlichen Nachwuchs der Wechsel zwischen Wissenschaft, Politik und Wirtschaft außerordentlich schwierig, wodurch, so Windbichler viele Potenziale ungenutzt bleiben und viele befruchtende Elemente wegfallen.
Neben der Wahl von Christine Windbichler zur neuen Vizepräsidentin der DFG wurde in Berlin der Mediziner Professor Jürgen Schölmerich für eine zweite Amtszeit als Vizepräsident wiedergewählt. Der Direktor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I der Universität Regensburg gehört dem Präsidium seit 2005 an. Hier hat er sich in den vergangenen drei Jahren besonders intensiv in Fragen der Nachwuchsförderung in der Hochschulmedizin und der Internationalisierung der Forschungsförderung engagiert.
Die Amtszeiten aller Vizepräsidenten dauern zunächst drei Jahren, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Dem Präsidium der DFG gehören damit nach der Berliner Mitgliederversammlung an: DFG-Präsident Professor Matthias Kleiner sowie die Vizepräsidenten Professor Jörg Hinrich Hacker (Infektionsbiologie), Professor Konrad Samwer (Physik), Professor Jürgen Schölmerich (Klinische/Innere Medizin), Professor Bernd Scholz-Reiter (Ingenieurwissenschaften), Professor Luise Schorn-Schütte (Geschichte), Professor Ferdi Schüth (Chemie), Professor Dorothea Wagner (Informatik), Professor Christine Windbichler (Rechtswissenschaften). Der Präsident des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft, Dr. Arend Oetker, ist ständiger Gast im Präsidium. Das Präsidium ist verantwortlich für die Führung der laufenden Geschäfte, die von der Geschäftsstelle der DFG unter der Leitung von Generalsekretärin Dorothee Dzwonnek erledigt werden.
Weiterführende Informationen
Eine Liste der Mitglieder des DFG-Präsidiums mit Lebensläufen und Porträtfotos in Druckqualität findet sich unter: http://www.dfg.de