Köln/Gießen/Hannover – Autoimmune Lebererkrankungen und seltene Stoffwechselerkrankungen sind eine diagnostische und therapeutische Herausforderung. Häufig werden diese Erkrankungen erst spät erkannt, weil sie oftmals keine spezifischen Symptome verursachen. Und bei manchen seltenen Erkrankungen des lebenswichtigen Organs Leber gab es bislang kaum Therapiemöglichkeiten. Die Ausrichter des 21. Deutschen Lebertages am 20. November 2020 – Gastro-Liga e. V., Deutsche Leberhilfe e. V. und Deutsche Leberstiftung – setzen mit dem Motto: „Check-up für die Leber“ den Fokus auf das frühzeitige Erkennen von Lebererkrankungen. Im Vorfeld des Lebertages machen die Ausrichter auf die zunehmenden Fortschritte und Erfolge in der Diagnostik und Therapie von autoimmunen Lebererkrankungen und seltenen Stoffwechselerkrankungen aufmerksam.
In der Europäischen Union (EU) wird eine Erkrankung als Seltene Erkrankung (SE) eingestuft, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen von ihr betroffen sind. In Deutschland sind Schätzungen zufolge circa vier Millionen Menschen von einer solchen Krankheit betroffen, von denen circa 80 Prozent genetisch bedingt oder mitbedingt und nur sehr selten heilbar sind. Seltene Erkrankungen sind als bedeutendes Gesundheitsproblem in den letzten Jahren zunehmend in die politische und gesellschaftliche Wahrnehmung gerückt. Erforschung und Entwicklung von Behandlungsmöglichkeiten für Seltene Erkrankungen werden national und auf EU-Ebene seit einigen Jahren besonders gefördert. Auch für autoimmune Lebererkrankungen und seltene Stoffwechselerkrankungen gibt es zunehmend Fortschritte und Erfolge in der Therapie.
„Autoimmune Lebererkrankungen und seltene Stoffwechselerkrankungen, die häufig auch zu einer Leberschädigung führen können, sind oftmals so einzigartig, dass zum Teil ganz neue Behandlungswege gesucht werden müssen. Bei vielen dieser seltenen Erkrankungen sind mittlerweile die genetischen, immunologischen oder stoffwechselbedingten Ursachen besser erforscht worden. Auf der Grundlage dieser Forschungsergebnisse und mit dem Einsatz neuer Technologien werden aktuell neue Wirkstoffe und Therapien entwickelt“, erläutert Professor Dr. Christoph Sarrazin, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberhilfe e. V., und ergänzt: „Ein vielversprechendes aktuelles Beispiel für die erfolgreiche Entwicklung eines neuen Medikamentes ist beispielsweise Givosiran, ein Arzneistoff zur Behandlung von Patienten mit akuter hepatischer Porphyrie, einer seltenen, erblichen Stoffwechselerkrankung. Mit der Ribonukleinsäure-Interferenz kann gezielt die Boten-RNA von Genen ausgeschaltet werden, was zu einer temporären Stilllegung der Genfunktion führt. Mit Givosiran konnten während eines sechsmonatigen Behandlungszeitraums Attacken, die lebensbedrohlich sein können, bei 50 Prozent der Patienten verhindert werden. Voraussetzung für solche Behandlungsfolge ist selbstverständlich, dass eine seltene Erkrankung auch erkannt wird und der Patient der Therapie zugeführt wird. Daher ist es ein zentrales Anliegen des 21. Deutschen Lebertages mit dem Motto ‘Check-up für die Leber‘ das Bewusstsein von Ärzten und Patienten auch für autoimmune Lebererkrankungen und seltene Stoffwechselerkrankungen zu schärfen.“
Auch bei seltenen autoimmunen Lebererkrankungen, die durch eine Fehlsteuerung des körpereigenen Immunsystems entstehen, und bei denen körpereigene Strukturen als „körperfremd“ identifiziert und bekämpft werden, gibt es zum Teil bessere Therapieoptionen. Diese Erkrankungen sind aktuell nicht heilbar, doch mit den neuen Therapien besser kontrollierbar. Experten gehen davon aus, dass das transplantationsfreie Überleben verlängert werden kann.
Zu diesen autoimmunen Lebererkrankungen zählen Erkrankungen wie beispielsweise die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) und die primär biliäre Cholangitis (PBC). Hier greift das eigene Immunsystem zunächst die Gallenwege und dann die ganze Leber an. Sowohl PSC als auch PBC können in eine Leberzirrhose übergehen. Bei Patienten mit PSC ist zudem das Risiko erhöht, ein Gallengangskarzinom zu entwickeln. Vor allem die PBC ist mit Medikamenten inzwischen gut kontrollierbar. Bei der PSC werden hauptsächlich Komplikationen überwacht und behandelt, an medikamentösen Therapien wird geforscht. Auch bei einer weiteren Lebererkrankung, der autoimmunen Hepatitis, ist es wichtig, möglichst frühzeitig eine Diagnose zu stellen und mit der Therapie zu beginnen.
Speziell die ersten Ansprechpartner bei neu auftretenden Gesundheitsproblemen, in der Regel also Haus- und Kinderärzte, müssen noch mehr für autoimmune Lebererkrankungen und seltene Stoffwechselerkrankungen sensibilisiert werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass Verdachtsfälle frühzeitig an Experten oder ein Zentrum überwiesen werden. Deswegen zählen die Ausrichter des Deutschen Lebertages neben den Patienten auch die Haus- und Kinderärzte zur Zielgruppe ihrer Aufklärungsarbeit.
Mehr Infos zum 21. Deutschen Lebertag unter: www.lebertag.org
Alle Institutionen, die im Rahmen des Deutschen Lebertages mit einer lokalen Veranstaltung aufklären und informieren möchten, werden von den Ausrichtern bei der Pressearbeit und mit Veranstaltungsmaterialien unterstützt. Informationen, Anmeldungen und Downloads unter www.lebertag.org
Die Ausrichter des 21. Deutschen Lebertages am 20. November 2020:
Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Krankheiten
von Magen, Darm und Leber sowie von Störungen des
Stoffwechsels und der Ernährung (Gastro-Liga) e. V.
Prof. Dr. Peter R. Galle, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats
Friedrich-List-Straße 13, 35398 Gießen
Tel 0641 – 97 48 10
geschaeftsstelle@gastro-liga.de
Deutsche Leberhilfe e. V.
Prof. Dr. Christoph Sarrazin, Vorstandsvorsitzender
Krieler Straße 100, 50935 Köln
Tel 0221 – 28 29 980
info@leberhilfe.org
Deutsche Leberstiftung
Prof. Dr. Michael P. Manns, Vorstandsvorsitzender
Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover
Tel 0511 – 532 6815
presse@deutsche-leberstiftung.de