Berlin – Über die gesundheitliche Situation von rund einem Fünftel der Bevölkerung war bislang wenig bekannt. Die Rede ist von Einwohnern, die zugewandert oder Kinder von Zuwanderern sind. Ein solcher Migrationshintergrund bringt gesundheitliche Risiken, aber auch Chancen mit sich. Zwei Berichte aus dem RKI, erschienen in der Reihe der Gesundheitsberichterstattung (GBE), verbessern nun den Informationsstand erheblich: der GBE-Schwerpunktbericht Migration und Gesundheit und der GBE-Beitrag Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in Deutschland.
Differenzierte Daten sind wichtig für zielgenaue Maßnahmen zur Verbesserung der gesundheitlichen Lage der Bevölkerung, sagt Bärbel-Maria Kurth, im RKI Leiterin der Abteilung Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung. Der GBE-Beitrag bietet mit der neuen KiGGS-Auswertung erstmals aussagekräftige und differenzierte Informationen zum Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund (die Basisergebnisse der KiGGS-Studie sind 2007 im Bundesgesundheitsblatt veröffentlicht worden, siehe http://www.kiggs.de). Die neue Veröffentlichung im Rahmen der GBE enthält umfassende Analysen zum Gesundheitsverhalten (z. B. Tabak- und Alkoholkonsum), zur körperlichen und subjektiven Gesundheit (z. B. zu Übergewicht, allergischen Erkrankungen oder Schmerzen) sowie zur Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen und Schutzimpfungen und geht auch auf methodische Aspekte der Erfassung eines Migrationshintergrundes ein.
Für den GBE-Schwerpunktbericht über die Gesundheitssituation der erwachsenen Migranten wurden vor allem die amtliche Statistik, Daten der Sozial- und Gesundheitsberichterstattung, Einzelstudien sowie regelmäßige Erhebungen ausgewertet. Dem einleitenden Kapitel (u.a. mit Daten zu Bildungsstand und Erwerbsbeteiligung) folgen Abschnitte zu migrationsspezifischen gesundheitlichen Belastungen, zum Gesundheitszustand ausgewählter Altersgruppen, zu Gesundheitsversorgung und Prävention.
Beide Publikationen belegen, dass Migranten eine sehr heterogene Gruppe sind. Die gesundheitliche Situation kann in Abhängigkeit von Herkunftsland, Geschlecht, Alter und Aufenthaltsdauer variieren. Die Ursachen für unter Migranten verstärkt auftretende Gesundheitsprobleme, zum Beispiel bestimmte Infektionskrankheiten, Übergewicht oder schlechtes Mundgesundheitsverhalten, können vielfältig sein. Zum einen gehören Migranten überproportional häufig zu sozial benachteiligten Schichten, deren Gesundheitszustand auch bei Nicht-Migranten schlechter ist. Zum anderen gibt es Unterschiede im Lebensstil, bei den Ernährungsgewohnheiten, bei den Wertmaßstäben, etwa die Auffassung vom kindlichen Übergewicht als Zeichen besonderer Gesundheit. Aber auch psychosoziale Belastungen durch die Trennung von der Familie oder durch Fremdenfeindlichkeit sind in ihren gesundheitlichen Auswirkungen zu erkennen. Menschen mit Migrationshintergrund sind nicht grundsätzlich gesundheitlich benachteiligt,! betont Bärbel-Maria Kurth. Schützende Faktoren, wie zum Beispiel gesundheitsfördernde soziale Netzwerke, das zum Teil günstigere Stillverhalten von Müttern oder ein kulturell bedingter niedrigerer Alkoholkonsum wirken sich positiv auf die Gesundheit der Mitbürger mit Migrationshintergrund aus.
Die GBE-Veröffentlichungen können schriftlich kostenlos bestellt werden (Robert Koch-Institut, GBE, General-Pape-Str. 62/64, 12101 Berlin, E-Mail: gbe@rki.de, Fax: 030-18754-3513) und sind auf den RKI-Internetseiten unter http://www.rki.de abrufbar.