Berlin – “Mehr Schatten als Licht”: So bewertet der BVMed die heute vom Bundestag beschlossene Gesundheitsreform aus Sicht der MedTech-Branche. Besonders kritisch sieht der Verband die Regelungen im Hilfsmittelbereich. Die politische Vorgabe, 300 Millionen Euro durch Ausschreibungen einzusparen, sei unverständlich und werde den sensiblen Marktgegebenheiten mit vielen älteren und chronisch kranken Menschen nicht gerecht. Der BVMed setzt nun auf eine vernünftige und mit den Partnern im Markt abgestimmte Vorgehensweise der Krankenkassen beim Umgang mit Ausschreibungen von Hilfsmittelversorgungen. Auch im Bereich der Innovationsförderung, um einen schnelleren Zugang für den Patienten zu neuen Verfahren der Medizintechnologie sicherzustellen, seien Chancen verpasst worden, so BVMed-Geschäftsführer Joachim M. Schmitt.
Größtes Problem im Hilfsmittelbereich ist aus Sicht des BVMed, dass nur noch Vertragspartner der Krankenkasse versorgungsberechtigt sind und diese im Regelfall durch Ausschreibungen ermittelt werden sollen. Durch einen Änderungsantrag konnten Beratung, wohnortnahe Versorgung und Versorgungen mit hohem Dienstleistungsanteil als Ausnahmen berücksichtigt werden. Es bleiben aber die grundsätzlichen Bedenken an der Regelung, da durch die Ausschreibungen das Patientenwahlrecht stark eingeschränkt und die Vielfalt der Leistungserbringer und die mittelständischen Strukturen gefährdet werden.
Ein positiver Aspekt ist das Angebot der Krankenkassen auf einer BVMed-Konferenz in dieser Woche in Berlin, sich gemeinsam mit den Partnern im Hilfsmittelmarkt darauf zu verständigen, wann eine Ausschreibung sinnvoll ist, da eine Konkretisierung im Gesetz fehle. IKK-Verbandschef Rolf Stuppardt hatte klargestellt, dass bei Hilfsmittelversorgungen mit einem hohen Dienstleistungsanteil Kollektivverträge Vorrang haben sollten. Bei Ausschreibungen sollte das Vergaberecht (Verdingungsordnung für Leistungen, VOL) ausschlaggebend sein, damit außer dem Preis weitere Aspekte wie die Qualität berücksichtigt werden. Auch biete die VOL den Unternehmen klarere Regeln und einen besseren Schutz als ein “kassenspezifisches” Vergaberecht
Bei der Förderung von medizinischen Innovationen seien im Reformgesetz nur wenige Chancen genutzt worden, so der BVMed. Positiv sei die sechsmonatige Fristenregelung bei Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, nach deren Ablauf neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden erstattet werden müssen. Allerdings fehle es nach wie vor an stärkeren Mitwirkungsrechten der Medizinprodukteindustrie. Das Reformgesetz hätte die Chance geboten, eine fallbezogene Expertenbenennung zu ermöglichen. Der medizintechnische Fortschritt wird auch durch den steigenden Kostendruck auf die Kliniken gefährdet.