Berlin – Deutsche AIDS-Hilfe: Prostituiertenschutzgesetz schadet HIV-Prävention und Gesundheitsvorsorge
Gegen den Rat von Fachverbänden und Selbsthilfeorganisationen hat die Große Koalition sich gestern auf einen Kompromiss ihres so genannten Prostituiertenschutzgesetzes geeinigt – ohne die zuletzt erwarteten Korrekturen in wesentlichen Punkten. Kondom-, Melde- und Beratungspflicht bleiben Bestandteil des Gesetzes.
Dazu sagt Manuel Izdebski vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe:
“Dieses Prostituiertenschutzgesetz verdient seinen Namen nicht. Es bietet Scheinsicherheit statt wirksame Lösungsansätze. Zwangsprostitution wird das Gesetz nicht verhindern, der HIV-Prävention und der Gesundheitsvorsorge wird es schaden. Den Rat der Fachwelt hat das Familienministerium offenbar nur pro forma eingeholt. Anders ist nicht zu erklären, warum die Bundesregierung die einhellige Expertise nicht beherzigt.”
Die Erfahrungen aus mehr als drei Jahrzehnten HIV-Prävention sind eindeutig: Kontrolle und Repression drängen Sexarbeiter_innen in die Illegalität, sodass Hilfsangebote sie nicht mehr erreichen, und tragen zur Stigmatisierung bei. Freiwillige Angebote zur Beratung und Unterstützung hingegen werden gerne angenommen.
Nach heftiger Kritik auch aus Ländern und Kommunen, denen drastische Mehrbelastungen drohen, bestand zuletzt Hoffnung, dass Familien- und Frauenministerin Manuela Schwesig (SPD) das Gesetz doch noch entschärfen würde. Übrig geblieben ist davon kaum mehr als verlängerte Übergangsfristen.
DAH-Vorstand Manuel Izdebski: “Die Union hat sich mit ihrem repressiven Ansatz durchgesetzt. Der Ministerin war es offenbar wichtiger, sich mit dem Koalitionspartner zu einigen, als wirklich etwas zu bewirken. Das Gesetz schützt nun vor allem konservative Moralvorstellungen statt diejenigen, um die es eigentlich geht: die Prostituierten.”
Mehr Informationen:
Gemeinsame Pressemitteilung mehrerer Organisationen vom 21.9.2015