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Bundesrat-Vorschlag zu MVZ-Gründungen verfassungsrechtlich fragwürdig / Quoten für Medizinische Versorgungszentren verhindern Neugründungen 

Pressemitteilung

Berlin – Vor einer deutlich schlechteren haus- und fachärztlichen Versorgung warnt der Bundesverband der Betreiber medizinischer Versorgungszentren (BBMV), sollte die Bundesregierung den Regulierungsvorschlägen des Bundesrates für Medizinische Versorgungszentren (MVZ) folgen.

„Die Pläne des Bundesrates würden in vielen Landkreisen die Gründung fachärztlicher MVZ faktisch verhindern oder massiv erschweren“, sagt Sibylle Stauch-Eckmann, Vorsitzende des BBMV. „Dies würde die ambulante Versorgung von Patientinnen und Patienten durch MVZ insbesondere in schon jetzt unterversorgten Regionen verschlechtern. Mit der vorgeschlagenen Quoten-Regelung für Krankenhaus-MVZ würde sich der Gesetzgeber außerdem auf verfassungs- und europarechtlich höchst fragwürdiges Gelände begeben“, so Stauch-Eckmann.

Geplantes Gesetz würde MVZ-Gründungen durch Krankenhäuser verhindern

Der Bundesrat hat die Bundesregierung im Juni aufgefordert, ein „MVZ-Regulierungsgesetz“ auszuarbeiten. Vorgeschlagen werden dafür räumliche Beschränkungen für MVZ in Krankenhausträgerschaft sowie Versorgungshöchstquoten für Haus- und Fachärzte in den arztgruppenbezogenen Planungsbereichen und in den Bezirken der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung. Nach Berechnungen des BBMV würden diese Regelungen in zahlreichen Fachrichtungen faktisch zu einem Verbot von MVZ-Gründungen durch Krankenhäuser führen: Betroffen wären die allgemeine fachärztliche Versorgung, insbesondere jedoch Dermatologie, Urologie und die Hals-Nasen-Ohrenheilkunde. „Die neu angedachten Regulierungen fördern im Verbund mit den bereits bestehenden Regelungen zur vertragsärztlichen Bedarfsplanung außerdem lokale Monopolsituationen, statt sie – wie geplant – zu vermeiden“, sagt Stauch-Eckmann.

Verfassungs- und europarechtliche Bedenken gegen die Pläne zur Regulierung der MVZ hat auch der Verfassungsrechtler Prof. Dr. Martin Burgi geäußert. Er kommt in seinem Rechtsgutachten zu dem Schluss, dass es für den Vorschlag „unüberwindbare verfassungs- und europarechtliche Grenzen“ gibt und er daher aus versorgungspolitischen und verfassungsrechtlichen Erwägungen strikt abzulehnen ist.     

Strenge Regulierung geht in völlig falsche Richtung

Aus Sicht des BBMV würde der Vorschlag des Bundesrates die gerade in ländlichen Regionen ohnehin angespannte Versorgungssituation weiter verschärfen. „Die bisherigen Überlegungen der Politik führen nicht zu Lösungen, sondern in die genau entgegengesetzte Richtung“, so Stauch-Eckmann. „Mit ausgrenzenden Sonderregelungen für MVZ erreicht man keine flächendeckende Gesundheitsversorgung.“

In Deutschland sind rund 40 Prozent der Haus- und Fachärztinnen und -ärzte älter als 60 Jahre. Sie stehen damit kurz vor dem Ruhestandsalter, allerdings wird es für sie immer schwieriger eine Nachfolge für ihre Praxis zu finden. Das liegt unter anderem am veränderten Berufsbild jüngerer Ärztinnen und Ärzte, die immer seltener eine eigene Praxis gründen wollen. Medizinische Versorgungszentren bieten hier eine Alternative, mit der die ambulante Versorgung in Zukunft sichergestellt werden kann.

Weitere Informationen

Eine Grafik zur Auswirkung der Einführung von Versorgungshöchstquoten am Beispiel des Fachgebiets Dermatologie finden Sie hier.

Stellungnahme des BBMV zum Entschließungsantrag des Bundesrates „Schaffung eines MVZ-Regulierungsgesetzes“ vom 16. Juni 2023, Details hier

Rechtsgutachten zu verfassungs- und europarechtlichen Grenzen weiterer MVZ-Regulierungen von Prof. Dr. Martin Burgi, Ordinarius für Öffentliches Recht und Europarecht an der LMU München, Download hier

Hintergrund

Der Bundesrat schlägt Versorgungsquoten für die ärztliche Versorgung vor, er orientiert sich dabei an der existierenden Quotierung für den zahnärztlichen Bereich nach § 95 Abs. 1b SGB V.

Dabei wird die zulassungsbeschränkte Bedarfsplanung in der ambulant-ärztlichen Versorgung nicht berücksichtigt. Die vom Bundesrat geforderte Quotierung würde nach Berechnungen des BBMV, die sich am Basisszenario nach § 95 Abs. 1b SGB V orientieren, in zahlreichen Fachrichtungen der ärztlichen Versorgung de jure und de facto zu einem Verbot von MVZ-Gründungen durch Krankenhäuser in vielen Landkreisen führen.

Von einem rechtlichen Verbot wären alle Landkreise betroffen, bei denen die Versorgungshöchstquote für Krankenhausträger unter einem vollen ärztlichen Sitz liegt. Um die Zulassung für ein MVZ zu erhalten, müssen jedoch mindestens ein voller Arztsitz und zwei Ärztinnen/Ärzte vorhanden sein.  Meist sind MVZ aber deutlich größer, im Bundesdurchschnitt sind 6,4 Ärztinnen und Ärzte in einem MVZ beschäftigt, wie Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zeigen. Bei dieser Größe sind rund 2-3 Sitze notwendig. Liegt die Versorgungshöchstquote unter dieser Zahl, wären Krankenhäuser von einem faktischen Verbot betroffen, da sich der Betrieb des MVZ nur schwer organisieren lässt.

Entscheidend dabei ist der Zuschnitt der Bedarfsplanungsregionen für die einzelnen Fachgruppen. Allein in der Dermatologie wären 191 von 271 untersuchten Landkreisen von einer eingeschränkten MVZ-Gründung für Krankenhäuser betroffen (siehe Abbildung oben). In der Augenheilkunde wäre immerhin noch knapp jeder vierte Landkreis von Einschränkungen betroffen. Damit verstößt eine Begrenzung der Versorgungsanteile für Krankenhaus-MVZ auch gegen die staatliche Verpflichtung, eine angemessene und bundesweit einheitliche Versorgung sicherzustellen.[1]


[1] Burgi 2023, S. 42., Link