Berlin – Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hat die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) gestern in der Presse aufgefordert, sich zu einer Bundes-AOK zusammen zu schließen. Sie erwartet davon unter anderem eine größere Verhandlungsmacht gegenüber Pharmaindustrie, Krankenhäusern und Ärzten.
Dem BMG sei ins Stammbuch geschrieben: Wer einen funktionierenden Wettbewerb im Gesundheitswesen will, braucht auf beiden Seiten eine hinreichende Anzahl von Wettbewerbern. Auch und gerade auf der Kassenseite. Den Markt beherrschende Mega-Kassen zerstören den Wettbewerb. Sie bahnen damit zugleich den Weg in die Staatsmedizin. Ulla Schmidt wäre gut beraten, den Irrweg zu verlassen, die Bildung einer Bundes-AOK zu propagieren. Stattdessen sollte sie noch im Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung dafür sorgen, dass das Kartellrecht auf die Krankenkassen uneingeschränkt Anwendung findet. Dies muss auch für die Fusionskontrolle gelten, kommentierte Peter Schmidt, Geschäftsführer des Branchenverbandes Pro Generika, die Vorstellungen der Ministerin. Pro Generika hat die Forderung nach einer Fusionskontrolle durch das Bundeskartellamt nach wettbewerbsrechtlichen Spielregeln in einem heutigen Schreiben an das Bundeswirtschaftsministerium zum Ausdruck gebracht. Dieser Vorstoß belegt einmal mehr, welches höchst eigentümliche Wettbewerbsverständnis das Bundesgesundheitsministerium (BMG) kultiviert., so Schmidt weiter. Wenn ich Ulla Schmidt richtig verstehe, möchte sie mit einer Bundes-AOK letztlich ein Kartell schaffen, das allein durch seine Nachfragemacht die Leistungserbringer im Gesundheitswesen sowie die pharmazeutische Industrie beim selektiven Kontrahieren noch stärker unter Druck setzen kann. Wenn die anderen Kassen im Mitgliederwettbewerb nicht vom Koloss Bundes-AOK erdrückt werden wollen, hätten sie gar keine andere Wahl, als ebenfalls zu fusionieren. Über kurz oder lang gäbe es in Deutschland wohl nicht mehr als drei oder vier Mega-Kassen. Der Ministerin geht es also gar nicht um die bessere und effizientere Versorgung, sondern einzig und allein um das Auspressen von Leistungserbringern und Pharmaindustrie durch ein Kassenoligopol, schloss Schmidt.