Berlin – Die Gesundheitspolitik konterkariert ihre im Koalitionsvertrag ausgerufenen Ziele zur Stärkung des Pharmastandorts Deutschlands. „Es ist fünf vor zwölf. Genau jetzt werden die Weichen für die Zukunft und den Wohlstand Deutschlands gestellt. Wenn wir nicht handeln, gefährden wir eine sichere Arzneimittelversorgung“, betont Dr. Hans-Georg Feldmeier, BPI-Vorsitzender, auf der Hauptversammlung des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI).
„Unsere Mitgliedsunternehmen berichten vermehrt, dass sie ihre Portfolios überprüfen und unwirtschaftliche Produkte bereinigen müssen. Diese Entwicklungen können zu akuten Lieferengpässen führen. Schlimmstenfalls drohen Versorgungsengpässe für die Patienten. Um dies zu verhindern, bedarf es einer flexiblen und an der aktuellen Inflation orientierten Möglichkeit, die Preise anzupassen. Versorgungsrelevante Arzneimittel müssen von Preisregulierungen wie dem Preisstopp und den Festbeträgen ausgenommen werden. Wir sehen in aktuellen Gesetzgebungsverfahren, dass bereits Ausnahmen für bestimmte Arzneimittelgruppen diskutiert werden, weil die Versorgungssituation völlig desolat ist“, erläutert Dr. Feldmeier. „So weit sollte es nicht erst kommen müssen.“
Schon vor dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine litt die pharmazeutische Industrie unter gestörten Lieferketten und stark steigenden Kosten. Die Energiekrise mit all ihren Folgen verschärft die Situation aktuell dramatisch. Im August und September 2022 wurden laut Statistischem Bundesamt die höchsten Anstiege der Erzeugerpreise gegenüber einem Vorjahresmonat seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949 gemessen. Die gestiegenen Kosten für die Produktion von Arzneimitteln kann die pharmazeutische Industrie allerdings wegen Rabattverträgen, Preismoratorium, Erstattungs- und Festbeträgen nicht wie andere Branchen über Preisanpassungen kompensieren.
„In einer solchen Krisensituation kommt von der Politik nicht nur keine Hilfe, sondern ein neues Spargesetz. Dieses verschärft den finanziellen Druck auf unsere Branche weiter und erschwert nebenbei völlig unnötig mit den sogenannten AMNOG-Leitplanken den Zugang der Patientinnen und Patienten zu Innovationen“, konstatiert Dr. Feldmeier.
„Wir brauchen einen neuen Blick und neue Lösungen für die Sicherung unserer Wirtschaftskraft, unseres Wohlstandes und unserer Gesundheitsversorgung. Lassen Sie uns endlich aus den Krisen unserer Zeit lernen und in der Gesundheitspolitik strategische Ziele definieren, wie zum Beispiel ein hohes Maß an Versorgungssicherheit, den raschen Zugang für die Patienten zu innovativen, passgenauen und sinnvollen Therapien und eine starke Produktion ohne Erpressbarkeiten“, fordert er.
„In den nächsten Gesetzesinitiativen muss es darum gehen, die nahezu lückenlosen Preisregulierungen um die Inflation zu berichtigen und Ausnahmen für solche Arzneimittel zu schaffen, die für die Versorgung besonders wichtig sind. Zusätzlich muss die Möglichkeit geschaffen werden, europäische Produktion bei der Vergabe von Rabattverträgen besonders zu honorieren, ohne den Zugang für Anbieter aus Drittstaaten einzuschränken. Für uns steht fest: Eine gute und sichere Arzneimittelversorgung ist möglich – wenn der politische Wille da ist. Jetzt ist die Zeitenwende – jetzt ist die Zeit zum Handeln!“, so Feldmeier.
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