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BPI-AMNOG-Daten 2024 zeigen: Die Arzneimittel-Preisregulierung steht vor neuen Herausforderungen
BPI-AMNOG-Daten 2024 (©BPI)

BPI-AMNOG-Daten 2024 zeigen: Die Arzneimittel-Preisregulierung steht vor neuen Herausforderungen

Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V.

Die Versorgung mit Arzneimittelinnovationen ist in Deutschland immer noch nicht optimal, obwohl sie relativ schnell verfügbar sind. Das zeigen auch die neuen BPI-AMNOG-Daten 2024 mit ihrem tiefen Einblick in das Preisfindungsverfahren für patentgeschützte Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen. Seit mittlerweile 14 Jahren regelt das Arzneimittelmarktneuordnungs­gesetz (AMNOG) die Zusatznutzen­bewertung für Therapieinnovationen. Vor diesem Hintergrund analysieren die Gesundheitsökonomen und Autoren der BPI-AMNOG-Daten 2024, Prof. Dieter Cassel und Prof. Volker Ulrich, die jüngsten Marktentwicklungen und diskutieren kontrovers über Stärken und Schwächen des AMNOG.

Zentrale Ergebnisse der BPI-AMNOG-Daten 2024:

  • Rund die Hälfte aller Erstbewertungsverfahren ohne Zusatznutzen – oftmals aus methodischen beziehungsweise formalen Gründen: In einer Vielzahl der Fälle konnte aus methodischen Gründen kein Zusatznutzen festgestellt werden. Die vorliegenden Daten wurden gar nicht ausgewertet.Insgesamt wurden 922 Nutzenbewertungsverfahren in Deutschland bis Ende 2023 rechtskräftig abgeschlossen, darunter 802 Erstbewertungen und 120 erneute Bewertungen.

    Bei den Erstbewertungen wurde dem jeweiligen Wirkstoff in gut der Hälfte aller Verfahren (51,1 Prozent) ein Zusatznutzen anerkannt – rund die Hälfte der geprüften Präparate bekam keinen Zusatznutzen attestiert (48,9 Prozent).

AMNOG wird gesundheitspolitisch immer wieder als „Kostenbremse“ instrumentalisiert

Auch wenn sich das AMNOG in der Praxis weitgehend bewährt hat, laufen den Autoren zufolge Nutzenbewertung und Preisfindung „noch immer nicht ganz rund“. Mit Blick auf den gesundheitspolitischen Reformstau in Deutschland und auf der Suche nach Lösungen, um das finanzielle Defizit bei der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufzulösen, ist es laut Cassel und Ulrich mit immer wieder „kleinteiligen interventionistischen Korrekturen am AMNOG-Regelwerk“ nicht getan. „Auf diese Weise lassen sich nachhaltig keine Konstruktionsmängel beseitigen und neuen Herausforderungen bewältigen“, betonen die Autoren.

Wichtig ist, die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf eine stabile Grundlage zu stellen. Dazu gehört unter anderem, die Wirtschaft anzukurbeln und für angemessene Beitragspauschalen für die Gesundheitsversorgung von Bürgergeld Empfängern zu sorgen.

Medizinforschungsgesetz korrigiert teilweise die Fehlsteuerung bei den AMNOG-Leitplanken

Das kürzlich in Kraft getretene Medizinforschungsgesetz stellt durch gezielte Ausnahmeregelungen Verhandlungsspielräume bei der Preisfindung für innovative Arzneimittel wieder her. Konkret wurden die ursprünglich durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz definierten „AMNOG-Leitplanken“ gelockert. Den Leitplanken zufolge darf ein neues Arzneimittel in bestimmten Fällen trotz eines nachgewiesenen Zusatznutzens nicht mehr als die Vergleichstherapie kosten. Bei einem nicht belegten Zusatznutzen müssen die Kosten sogar niedriger sein.

Die seit wenigen Tagen geltenden Lockerungen greifen jedoch nur für Arzneimittel, bei denen ein relevanter Anteil der klinischen Studien in Deutschland durchgeführt wird. Zwar erkennt der Gesetzgeber damit erstmals an, dass die AMNOG-Leitplanken problematisch sind, schafft jedoch nur für einen Teilbereich Abhilfe. Die Situation für alle anderen betroffenen AMNOG-Arzneimittel bleibt unverändert schwierig (mehr dazu: BPI-Pressemeldung, 03.07.2024). Die Autoren der BPI-AMNOG-Daten 2024 stellen fest, dass durch die AMNOG-Leitplanken „der Zusatznutzen, der als preisbestimmende Determinante generell im AMNOG-Verfahren fungieren sollte, deutlich entwertet wird“.

Neuartige Therapieansätze erfordern besondere Bewertungs- und Vergütungsmodelle

Die BPI-AMNOG-Daten 2024 zeigen auf, dass bei einigen sehr komplexen und hoch personalisierten Therapieansätzen vor allem aus dem Bereich der ATMPs (Arzneimittel für neuartige Therapien) ergebnisorientierte Vergütungsmodelle – Pay-For-Performance (P4P)-Modelle – das bestehende AMNOG-Verfahren sinnvoll ergänzen können. Dies gilt insbesondere für Gen- und Zelltherapien sowie Arzneimitteln zur Behandlung seltener Erkrankungen (Orphan Drugs).

Auch lassen sich klassische Bewertungsmethoden zum Nachweis eines Zusatznutzens – wie etwa randomisierte Studien – bei Orphan Drugs nicht immer anwenden. Cassel und Ulrich betonen: „Die methodischen Anforderungen der Zusatznutzenbewertung sollten daher stärker der jeweiligen Therapiesituation angepasst sein“.

Neue EU-Standards wirken sich auf deutsche Zusatznutzenbewertung aus

Am 12. Januar 2025 startet die europäische Nutzenbewertung (EU-HTA). Erstmals wird dann eine gemeinsame klinische Bewertung für neue Arzneimittel EU-weit eingeführt. Damit steht auch die deutsche Zusatznutzenbewertung vor neuen Herausforderungen: In einem ersten Schritt werden Arzneimittel zur Behandlung von Krebserkrankungen und ATMP in das EU-HTA einbezogen.

Ab 2028 folgen Orphan Drugs und ab 2030 alle weiteren Therapien mit neuen Wirkstoffen. Grundlage für diese europäische Zusammenarbeit und die Erstellung gemeinsamer klinischer Bewertungen (Joint Clinical Assessments) ist die Verordnung 2021/2282 des EU-Parlaments vom 15. Dezember 2021.

„Da die europäische Nutzenbewertung Kompetenzen bündeln und kompakte Verfahren praktizieren kann, ist sie ein durchaus vielversprechender Schritt. Die Praxis der EU-HTA muss dann beweisen, dass ein so anspruchsvolles Projekt für die derzeit 27 Mitgliedstaaten der EU effektiv funktioniert und den beträchtlichen Regulierungsaufwand wert ist“, betonen Cassel und Ulrich.

Im Idealfall könnte das EU-HTA den Aufwand reduzieren und parallellaufende Bewertungsprozesse vermeiden. Die pharmazeutische Industrie hat klare Erwartungen an die Umsetzung der EU-HTA-Verordnung hin zu einem vorhersehbaren, praktikablen und effizienten Prozess mit reduziertem bürokratischem Aufwand.

Der BPI setzt sich weiter für eine praktikable Gesetzgebung ein, die Rahmenbedingungen für Arzneimittelentwicklungen in Deutschland und der EU nachhaltig verbessert und damit gleichzeitig Innovationen und eine bessere Patientenversorgung fördert.

Die BPI-AMNOG-Daten 2024 stehen ab sofort als Download zur Verfügung und können als Broschüre kostenfrei bestellt werden.

Hinweis: Die Verwendung des Fotos ist unter der Quellenangabe BPI und in Verbindung mit der Pressemeldung honorarfrei.