Berlin/Ismaning – Zum ersten Mal in der siebenjährigen Geschichte der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) einem Arzneimittel zur Behandlung einer seltenen Erkrankung einen „erheblichen Zusatznutzen“ attestiert.1 Es ist die höchste Kategorie zum Ausmaß des Zusatznutzens, die das Organ der gemeinsamen Selbstverwaltung vergibt. Das Arzneimittel Nusinersen (Handelsname: Spinraza®) ist in Deutschland im Mai 2017 als erste und einzige medikamentöse Therapie zum Einsatz bei 5q-assoziierter spinaler Muskelatrophie (kurz: 5q-SMA) von der Europäischen Kommission zugelassen worden.2 Der „erhebliche Zusatznutzen“ gilt für die meist besonders schwer betroffenen Patienten mit infantiler (früh einsetzender) SMA.
Für die Nutzenbewertung von Nusinersen wurden die beiden Zulassungsstudien ENDEAR und CHERISH für die infantile bzw. später einsetzende SMA herangezogen. Beide Studien wurden aufgrund der guten Wirksamkeit hinsichtlich Mortalität (Sterblichkeit), Morbidität (Krankheitsbelastung) sowie Nebenwirkungen als relevant für die Bewertung beurteilt. In der Gesamtbetrachtung stufte der G-BA das Verzerrungspotenzial auf Studien- und Endpunktebene als niedrig ein. Die Ergebnisse dieses für eine seltene Erkrankung sehr umfangreichen Studienprogramms waren Grundlage für die entsprechende Bewertung des Zusatznutzens von Nusinersen.
„Wir sind sehr erfreut über dieses Ergebnis. Nusinersen ist das erste und einzige Medikament zur Behandlung spinaler Muskelatrophie und ein großer Durchbruch“, sagt Dr. Steffen Wagner, Geschäftsführer Biogen Deutschland. „Wir sind stolz darauf, dass wir Patienten in Deutschland dieses Arzneimittel zur Verfügung stellen können.“
Die Behörde unterscheidet für die Bewertung zum Ausmaß des Zusatznutzens die Kategorien „gering“, „beträchtlich“ und „erheblich“ sowie „nicht quantifizierbar”, „kein Zusatznutzen“ und „ein geringerer Nutzen“. Nach Prüfung der Daten verschiedener SMA-Patiententypen wurde für Säuglinge mit früh einsetzender SMA (Typ I) ein „erheblicher Zusatznutzen“ festgestellt. Diese Patienten zeigen in der Regel bis zum sechsten Lebensmonat erste Symptome. Für Kleinkinder, die in der Regel vor dem zweiten Lebensjahr erste Symptome zeigen (Typ II), ist der Nutzen „beträchtlich“ und bei später einsetzender SMA (Typ III und IV) ist der festgestellte Zusatznutzen „nicht quantifizierbar“.
Der G-BA hat mit dieser Entscheidung erst zum dritten Mal seit Inkrafttreten des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) am 1. Januar 2011 einen „erheblichen Zusatznutzen“ bescheinigt, zum ersten Mal für ein Orphan Drug. Unabhängig von der Nutzenbewertung ist Nusinersen für alle Patienten mit 5q-SMA verordnungsfähig.
Spinale Muskelatrophie – eine lebensbedrohliche Erkrankung
Nusinersen ist ein Arzneimittel zur Behandlung der seltenen, genetisch bedingten 5q-SMA, die bereits im Säuglings- und Kleinkindalter auftreten kann. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch den Abbau von Nervenzellen, die die Muskeln steuern und führt zu einer schweren, fortschreitenden Schwäche der Muskulatur, damit einhergehend schwerer Behinderung bis hin zu vollständiger Immobilität. In der infantilen Form führt die Erkrankung durch ein zunehmendes respiratorisches Versagen und ein kontinuierliches Fortschreiten der allgemeinen Schwäche in der Regel zum frühzeitigen Tod. Die spinale Muskelatrophie war bislang nicht medikamentös behandelbar, Nusinersen ist das einzige zugelassene Medikament für diese seltene Erkrankung.
Nutzenbewertung durch den G-BA
Im AMNOG wird geregelt, wie pharmazeutische Unternehmen bereits zur Markteinführung eines neuen Produktes in Deutschland beziehungsweise bei der Zulassung neuer Anwendungsgebiete ein Dossier zum Zusatznutzen ihrer Arzneimittel im Vergleich zu einer zweckmäßigen Vergleichstherapie vorzulegen haben. An diesem Prozess sind neben Regulierungsbehörden und pharmazeutischem Unternehmer in der Regel auch relevante Verbände, Patientenvertreter und Sachverständige beteiligt. Innerhalb des Verfahrens erhalten sie Gelegenheit, schriftlich und mündlich zum Dossier Stellung zu nehmen.
Das Arzneimittel Nusinersen hat eine Ausweisung als Arzneimittel für seltene Leiden erhalten.3 Daraus folgt, dass der medizinische Zusatznutzen bereits durch die Zulassung als belegt gilt. Die verschiedenen Kategorien zum Ausmaß des Zusatznutzens sind in der Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung geregelt.
Über die Biogen GmbH
Biogen nutzt modernste Wissenschaft und Medizin für die Erforschung, Entwicklung und Vermarktung von innovativen Arzneimitteln für Menschen mit schweren neurologischen und neurodegenerativen Erkrankungen. Gegründet im Jahr 1978, ist Biogen ein Pionier in der Biotechnologie und besitzt heute das umfangreichste Portfolio an Medikamenten zur Behandlung von Multipler Sklerose sowie qualitativ hochwertige Biosimilars zur Therapie immunologischer Erkrankungen. Biogen ist führend in der neurologischen Forschung und arbeitet an Wirkstoffen gegen spinale Muskelatrophie, Alzheimer, Parkinson und amyotrophe Lateralsklerose. Seit 1997 ist das Unternehmen mit einer Niederlassung in Deutschland vertreten. Die Biogen GmbH in Ismaning vertreibt innovative Medikamente zur Behandlung der Multiplen Sklerose, der Psoriasis sowie Biosimilars. Für weitere Informationen besuchen Sie www.biogen.de.
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1 Quellen Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL): Anlage XII-Beschlüsse über die Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V – Nusinersen. Beschlussdatum: 21.12.2017, Inkrafttreten: 21.12
2 Quellen Fachinformation Spinraza®, Stand: November 2017.
3 Quellen European Medicines Agency (EMA): Recommendation for maintenance of orphan designation at the time of marketing authorisation; 20 June 2017; EMA/288176/2017.