Berlin – Die Apothekerkammer Berlin und der Berliner Apotheker-Verein haben eindeutig Stellung gegen die sogenannte “Apotheke light” bezogen. “Die im Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums vorgesehenen geringeren Anforderungen an Räume, Dienstbereitschaft und Rezepturherstellung in Filialapotheken gehen zu Lasten der Patienten”, erklärte Kammerpräsident Dr. Christian Belgardt. Beide Apothekerorganisationen sprechen sich klar gegen eine Abstufung der Anforderungen an Apotheken im Filialverbund aus, wie sie der Referentenentwurf zur Novellierung der Apothekenbetriebsordnung vorsieht.
Dr. Rainer Bienfait, Vorsitzender des Berliner Apotheker-Vereins, erklärte, es dränge sich die Frage auf, welche Interessen das Bundesgesundheitsministerium bediene, die der Patienten oder die von Konzernen. Der Entwurf für eine neue Apothekenbetriebsordnung stellt die Weichen hin zu Pseudo-Apotheken, die in Wirklichkeit nur billig zu betreibende Abgabestellen mit eingeschränkten Leistungen sind. Die Versorgung der Patienten bleibt auf der Strecke, der Wettbewerb unter den Apotheken wird verzerrt, machte Dr. Bienfait deutlich.
Im Extremfall blieben von den knapp 21.500 Betriebsstätten nur noch 5.375 Vollapotheken mit Notdienst und Rezeptur übrig. Wie soll ein Patient künftig erkennen können, ob eine Apotheke Rezepturen herstellen kann oder nicht, wenn nicht alle Apotheken weiterhin Vollapotheken sind?, fragte Dr. Susanne Damer, Vizepräsidentin der Kammer. Das Netz der Notdienst-Apotheken bekäme so große Löcher, dass die Versorgung im Notdienst völlig zusammenbrechen würde. Die Wege für die Patienten könnten viermal so weit werden.
Das Vorgehen des BMG gegen alle bereits geäußerten Widerstände der Apothekerschaft ist skandalös. Die angebliche Entbürokratisierung und Entlastung der Apotheken entpuppt sich bei näherer Betrachtung als listiger Angriff auf die Grundlagen des Apothekenwesens, betonte Dr. Andreas Dehne, stellvertretender Vorsitzender des Apotheker-Vereins in Berlin.
Die Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Berlin hat am 15.11.2011 die Apotheke light einstimmig abgelehnt und unterstützt die Positionen der ABDA Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, die diese am 08.11.2011 auf ihrer außerordentlichen Mitgliederversammlung beschlossen hatte.
In einer leidenschaftlichen Rede am Ende der Delegiertenversammlung hob Klaus Stürzbecher, Ehrenpräsident der Apothekerkammer Berlin und der ABDA, die große Bedeutung der anstehenden Änderungen der Apothekenbetriebsordnung für die künftige Tätigkeit des Apothekers hervor. Ich frage mich, ob den Kolleginnen und Kollegen schon klar ist, was auf dem Spiel steht. Hier geht es um die Zukunft der Apotheke. Da wünsche ich mir ein bisschen mehr Aufregung in unseren eigenen Reihen, sagte Stürzbecher.
Hinweis an die Redaktion: Die Apothekerkammer Berlin nimmt als Körperschaft des öffentlichen Rechts die beruflichen Belange von rund 4.700 Apothekerinnen und Apotheker wahr. Sie ist die Standesvertretung aller Berliner Apothekerinnen und Apotheker.
Der Berliner ApothekerVerein ist der Zusammenschluss niedergelassener Apotheker in Berlin. Als ältester ApothekerVerein in Deutschland vertritt er die wirtschaftlichen Interessen der Apotheken in der Hauptstadt.