Bonn – Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH), Hans-Georg Hoffmann, hat in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler und die gesundheitspolitischen Spitzenpolitiker der Koalitionsfraktionen begründet, warum nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel vom geplanten erhöhten Zwangsrabatt auszunehmen sind.
Die Regierungskoalition hat im Rahmen der verabschiedeten Eckpunkte zur Arzneimittelpreisfindung u.a. beschlossen, bereits zum 1. August 2010 den Zwangsabschlag für Arzneimittel ohne Festbetrag von derzeit 6 auf 16% anzuheben. Dies wird damit begründet, dass der Kostenzuwachs in der GKV durch Arzneimittel ohne Festbetrag verursacht werde (im Jahr 2009 um +8,9%) und insbesondere kostenintensive Spezialpräparate mit jährlich zweistelligen Zuwachsraten Wachstumsträger seien. Ihr Anteil am GKV-Arzneimittelumsatz erreiche bereits rund 26%, obwohl ihr Verordnungsanteil nur 2,5% betrage.
Ohne diese Maßnahme damit als richtig zu bewerten, wäre es so der BAH-Vorsitzende in seinem Schreiben schon vor diesem Hintergrund folgerichtig, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel vom erhöhten Zwangsabschlag auszunehmen. Dies wäre aber auch deswegen konsequent, weil es im rezeptfreien und besonders wettbewerbsintensiven Arzneimittelmarkt keine kostenintensive Spezialpräparate gebe. Das zeige sich vor allem auch darin, dass ausweislich des GKV-Arzneimittelindex der Preisindex für rezeptfreie GKV-Arzneimittel von Januar 2008 (Preisindex = 100) bis Februar 2010 auf lediglich 102,8 gestiegen sei, während im gleichen Zeitraum der gesamte Nichtfestbetragsmarkt auf 106,2 angewachsen wäre. Die Preisdynamik des rezeptfreien Marktes bleibe damit um mehr als die Hälfte hinter dem Preiszuwachs im Nichtfestbetragsmarkt zurück.
Hoffmann erklärt in dem Schreiben weiterhin: Rezeptfreie Arzneimittel wären durch einen erhöhten Zwangsabschlag doppelt betroffen, nämlich durch die grundsätzliche Herausnahme aus der GKV-Leistungspflicht und dann, wenn ein rezeptfreies Arzneimittel ausnahmsweise zu Lasten der GKV abgegeben werde, durch den erhöhten Zwangsabschlag. Ein erhöhter Zwangsabschlag für rezeptfreie Arzneimittel wäre deshalb nicht verhältnismäßig, sondern ein Verstoß gegen das Übermaßverbot.
Überdies würde der erhöhte Zwangsabschlag für rezeptfreie Arzneimittel die Wertung des Gesetzgebers konterkarieren, der rezeptfreie Arzneimittel grundsätzlich der Selbstmedikation zuordnet und sie deshalb wegen ihrer im unteren Preisbereich angesiedelten Preise aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausnimmt.