Berlin – Anlässlich der gestrigen Jahrestagung Bewährtes übertragen Modelle der Cannabisbehandlung für die Praxis der Deutschen Referenzstelle der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle (DBDD) Institut für Therapieforschung in Kooperation mit der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), erklärt die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing:
Die Zahl der Nachfragen nach Behandlung hat von 1994 bis 2006 um das Neunfache zugenommen und umfasst rund 30 % aller ambulanten Behandlungsfälle. Deshalb begrüße ich es sehr, dass mittlerweile verschiedene Projekte zur frühzeitigen Behandlung einer Cannabisabhängigkeit erprobt werden. Erfreulich ist auch, dass unsere Präventionskampagnen Wirkung zeigen: der Cannabiskonsum in Deutschland geht zurück! Eine bundesweite Repräsentativbefragung von 2007 unter Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren, zeigt bereits einen starken Rückgang des Cannabiskonsums in dieser Altersgruppe. 13 % der 14- bis 17-Jährigen gaben an, mindestens einmal in ihrem Leben bereits Cannabis geraucht zu haben (Lebenszeitprävalenz). 2004 waren es noch 22 %. Bei den jungen Erwachsenen sank die Lebenszeitprävalenz für Cannabiskonsum sogar von 40 % im Jahr 2004 auf 32 %. Die Zahl der regelmäßigen Konsumenten ist dagegen leider konstant geblieben. Hier geht es darum, frühzeitige Hilfen zum Ausstieg aus dem Konsum anzubieten.
Dazu erklärt Tim Pfeiffer-Gerschel, Leiter der DBDD: Auch wenn die Mehrheit der Cannabiskonsumenten Probierer sind, die nicht regelmäßig Cannabis konsumieren und den Konsum in der Regel auch spätestens nach dem 30. Lebensjahr wieder aufgeben, muss davon ausgegangen werden, dass rund 600.000 vorwiegend junge Menschen Cannabis missbrauchen oder von Cannabis abhängig sind.
Sabine Bätzing betont daher, Maßnahmen, die sich an die regelmäßigen Konsumenten richten, sind besonders wichtig. Hier sind wir auf dem richtigen Weg. Beispiele für erfolgreiche und vorbildhafte Projekte zur Reduzierung des Cannabiskonsums sind das Programm FreD für Cannabiskonsumenten, die bei der Polizei oder in Schule auffällig werden, das Programm INCANT, das besonders die Familien der Konsumenten mit einbezieht, das Cannabisausstiegsprogramm ‘quit the shit’ (http://www.drugcom.de), das deutsch-schweizerische Projekt ‘Realize it’ oder das Projekt CANDIS für Heranwachsende.
Auf der Tagung diskutierten über 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den unterschiedlichen Bereichen der Suchthilfe über frühe Hilfen für Menschen mit problematischem Cannabiskonsum. Es ging vor allem darum, wie die bereits erprobten Programme in die Hilfestrukturen auf kommunaler Ebene integriert werden können.
Frau Bätzing freut sich besonders über das Interesse Österreichs und anderer europäischer Nachbarländer an den deutschen Konzepten zur Reduzierung des Cannabiskonsums. Der österreichische Drogenkoordinator Dr. Franz Pietsch verfolgte mit großem Interesse die Diskussionen und Vorträge zu den deutschen Projekten und berichtete über seine Erfahrungen: Cannabis ist auch in Österreich die meist konsumierte illegale Droge. Auch in Österreich ist die Tendenz zum Cannabiskonsum bei jungen Erwachsenen leicht steigend. Diese Entwicklungen erfordern die breite Auseinandersetzung von Wissenschaft, Experten, Drogeneinrichtungen und letztlich der Gesellschaft als Ganzes, um gezielt und problembewusst Gegensteuerungsmaßnahmen zu erarbeiten und dem Stand der Entwicklungen entsprechen zu können.
Weitere Informationen zu den einzelnen Projekten unter: http://www.candis-projekt.de ; http://www.drugcom.de ; http://www.incant.de ; http://www.realize-it.org ; http://www.lwl.org (FReD)
Die Vorträge zur Tagung werden zusammen mit dieser Pressemitteilung auf der Website der Drogenbeauftragten http://www.drogenbeauftragte.de veröffentlicht.