Berlin – Ungewollte Zwischenfälle und Fehler in der medizinischen Diagnostik und Behandlung sind ein gravierendes Problem in der Gesundheitsversorgung. In dem vom Bundesministerium für Gesundheit unterstützten Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. arbeiten seit seiner Gründung im Jahr 2005 die wesentlichen Akteure und Verantwortungsträger im Gesundheitswesen mit dem Ziel zusammen, die Sicherheit der Gesundheitsversorgung durch konkrete Maßnahmen zu erhöhen.
Das Aktionsbündnis hat heute in Berlin die Publikation “Aus Fehlern lernen” vorgestellt, die mit Unterstützung des AOK-Bundesverbandes und unter Beteiligung weiterer Mitherausgeber (Deutscher Pflegerat e.V., Deutsche Gesellschaft für Chirurgie, Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin, Verband Bundesarbeitsgemeinschaft Leitender Pflegepersonen e.V.) erarbeitet wurde. 17 Autorinnen und Autoren aus ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Berufen schildern Situationen, in denen ihnen Fehler unterlaufen sind. Sie legen dar, was sie selbst aus den Fehlern gelernt haben und inwieweit andere daraus lernen können. In einem Methodenteil werden Fälle von Behandlungsfehlern einer exemplarischen Ursachenanalyse unterzogen, der Serviceanhang enthält Adressen für Fehlerberichts- und Lernsysteme in Deutschland.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt: “Fehler in der Gesundheitsversorgung haben oft eine besondere Tragweite. Die Gesundheit oder sogar das Leben der Patientin oder des Patienten kann auf dem Spiel stehen. In der medizinischen Versorgung ist deshalb jeder Fehler ein Fehler zuviel. Auf der anderen Seite wissen wir: Niemand kann garantieren, dass keine Fehler geschehen. Überall, wo menschliches Handeln und Können am Werk sind, müssen wir uns auch mit seinen Grenzen auseinandersetzen. Der richtige Weg ist, sich den eigenen Fehlern zu stellen und aus ihnen zu lernen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen und dafür, dass sich Fehler nicht wiederholen. Damit kann zukünftigen Patientinnen und Patienten sowie ihren Angehörigen unnötiges Leid erspart werden.”
Prof. Dr. Matthias Schrappe, Vorsitzender des Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V.: “Vorbilder sind der entscheidende Faktor – die Bereitschaft, über eigene Fehler offen zu sprechen, ist der Startschuss für das Entstehen einer wirklichen Sicherheitskultur im Gesundheitswesen. Projekte wie die Broschüre ‘Aus Fehlern lernen’ zeigen, dass mit pragmatischen und praxisnahen Ansätzen die Menschen in den Gesundheitsberufen und die Öffentlichkeit gut erreicht werden können. Das Aktionsbündnis Patientensicherheit hat auf diese Weise in den vergangenen Jahren viel wichtige Arbeit geleistet.”
Dr. Hans Jürgen Ahrens, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes: “Wir verfolgen beim Thema Patientensicherheit seit dem Jahr 2000 eine konsequente Doppelstrategie: Unterstützung unserer Versicherten bei medizinischen Behandlungsfehlern und Aufbau einer Sicherheitskultur in der medizinischen Versorgung. Das bedeutet, wir helfen jährlich 10.000 Versicherten dabei, einen Verdacht auf fehlerhafte Behandlung professionell zu klären. Da aber jeder Patientenschaden, der vermieden wird, das Beste für alle ist, arbeiten wir im Aktionsbündnis Patientensicherheit mit verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens zusammen, um dieses Ziel zu erreichen. Wir tun dies, um durch offenere Kommunikation über Fehler und Beinahe-Schäden in Kliniken, Praxen und Pflegeeinrichtungen Patienten unnötiges Leid zu ersparen.”
Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer: “Die Patienten in Deutschland können darauf vertrauen, dass bei ihrer Behandlung die höchsten Standards angelegt werden und alles unternommen wird, um Fehler zu vermeiden. Wir wissen, dass wir uns dieses Vertrauen ständig neu erwerben müssen, jeden Tag aufs Neue. Ein besonderes ärztliches Anliegen ist es, Ursachen von Fehlern auf den Grund zu gehen und diese zu beseitigen – möglichst noch bevor sie zu Patientenschäden führen können. Deshalb unterstützen wir u.a. anonyme Fehlermeldesysteme und sorgen für größtmögliche Transparenz bei der Behandlungsfehlerstatistik unserer Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen. Gerade in Anbetracht der Komplexität moderner Medizin brauchen wir eine systematische Aufarbeitung von Fehlern im Sinne einer Fehlervermeidungskultur.”
Die Notwendigkeit eines anderen Umgangs mit Fehlern und Beinahefehlern war auch Ausgangspunkt eines Gesprächs zum Thema “Patientensicherheit”, zu dem die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und das Aktionsbündnis Patientensicherheit am gestrigen Abend eingeladen hatten. Vertreter aus Selbstverwaltung, Kliniken, Industrie und Wissenschaft zeigten sich dabei einig, dass es weiterer gemeinsamer Anstrengungen zur Stärkung der Patientensicherheit bedarf. In den nächsten Wochen sollen noch weitere Institutionen für die finanzielle Unterstützung gewonnen werden.
Bundesministerin Ulla Schmidt teilt hierzu mit: “Ich freue mich, dass für das Aktionsbündnis Patientensicherheit weitere finanzielle Unterstützung gewonnen werden konnte, sodass dessen wichtige Arbeit auch in den nächsten fünf Jahren abgesichert sein wird. Ich bedanke mich für diese Bereitschaft, die wesentlich dazu beitragen wird, die Sicherheit der medizinischen Versorgung im Interesse der Patientinnen und Patienten zu erhöhen.”
Die Broschüre “Aus Fehlern lernen” steht zum kostenfreien Download unter http://www.aktionsbuendnis-patientensicherheit.de zur Verfügung oder kann im Original gegen einen mit 1,45 Euro frankierten DIN A4-Umschlag bestellt werden bei:
Geschäftsstelle des Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. c/o Private Universität Witten/Herdecke Alfred-Herrhausen-Straße 44 58455 Witten.
Weitere Informationen im Internet:
http://www.bmg.bund.de http://www.forum-patientensicherheit.de http://www.aok-patientensicherheit.de