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Aufklärungsfehler vor Nierenlebendspende
Mündliche Verhandlung beim BGH im Oktober 2018

Pressemitteilung

Thedinghausen – Der BGH verhandelt im Oktober 2018 zwei Fälle von falsch und unvollständig aufgeklärten Nierenlebendspendern (Aktenzeichen VI ZR 495/16 und VI ZR 318/17). Diese hatten die aufklärenden Ärzte des Universitätsklinikums Essen verklagt, scheiterten jedoch sowohl vor dem Landgericht Essen, als auch vor dem Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen 3 U 6/16 und Aktenzeichen 3 U 172/16).

Das OLG Hamm bestätigte formale und inhaltliche Aufklärungsversäumnisse. Im Vorfeld der Spenden fehlte bei der Risikoaufklärung der gesetzlich vorgeschriebene unabhängige Arzt. Auch unterließen es die beklagten Mediziner, korrekt über den nach der Nephrektomie eintretenden erheblichen Nierenfunktionsverlust aufzuklären. Zudem wurde nicht über das bereits unter den Transplantationsmedizinern bekannte Fatigue-Syndrom aufgeklärt, das als Folge der Nierenlebendspende auftreten kann.

Das OLG Hamm lehnte trotzdem in beiden Fällen eine Haftung der Ärzte ab, da bei beiden Klägern die sogenannte „hypothetische Einwilligung“ angenommen wurde. Das OLG sah sich überzeugt, dass beide Kläger auch bei korrekter Aufklärung einer Nierenlebendspende zugestimmt hätten. Beide Kläger lehnen die Anwendung der „hypothetischen Einwilligung“ ab, weil die vom Gesetzgeber vorgeschriebene emotionale Nähe zwischen Organspender und Organempfänger dann immer zur „hypothetische Einwilligung“ umgedeutet werden kann und falsche und unvollständige Risikoaufklärung so niemals zu einer Haftung der Mediziner führen würde.

Beide Kläger leiden in Folge der Nierenlebendspende unter gesundheitliche Schäden. Erheblicher Leistungsverlust, permanente Müdigkeit, wiederkehrenden Kopf- und Knochenschmerzen und erheblichen Konzentrationsmängel führten bei einem der Kläger zur Schwerbehinderung und teilweisen Erwerbsminderung.

Siehe hierzu auch die Pressemeldungen der Interessengemeinschaft Nierenlebendspende e. V. (IGN) vom 01.11.2016, 30.10.2017 und 09.04.2018.

Diese möglichen Folgen einer Nierenlebendspende sind sehr häufig und stellen keine Einzelfälle dar, wie die IGN auf ihrer Homepage (www.nierenlebendspende.com) berichtet.

Der 3. Senat des OLG Hamm hatte die Revision beim Bundesgerichtshof nicht zugelassen. Gegen diese nicht nachvollziehbare Entscheidung des OLG hatten beide Kläger eine erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingereicht.

Die öffentliche Verhandlung findet am 23. Oktober 2018 um 09:00 Uhr beim VI. Zivilsenat des BGH in Karlsruhe, Herrenstraße 45a, Saal N 004 statt.

„Eine Lebendspende kann mit hohen Risiken verbunden sein. (…) Eine umfassende Aufklärung ist daher umso wichtiger. Die Interessengemeinschaft Nierenlebendspende e. V. leistet dazu einen wichtigen Beitrag.“ Hermann Gröhe (Bundesgesundheitsminister 2013 bis 2018)