Bonn – Bei einem Pressegespräch des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH) zu Fragen der Arzneimittelzulassung und sicherheit in Deutschland und Europa diskutierten der Vizepräsident des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte Dr. Karl Broich und der BAH-Vorsitzende Hans-Georg Hoffmann heute (03.05.2010) in Bonn u.a. die derzeitige nationale und europäische Situation der Zulassung von Arzneimitteln, Maßnahmen zur Verbesserung der Arzneimittelversorgung von Kindern und die Frage der Kosten-Nutzen-Bewertung als mögliche Aufgabe der Zulassungsbehörde.
Nach Dr. Broich nimmt das BfArM unter den nationalen Zulassungsbehörden in Europa eine führende Position ein. In den dezentralisierten Zulassungsverfahren steht Deutschland bzw. das BfArM innerhalb Europas als Reference Member State auf den ersten Plätzen. Das BfArM kämpft auch aus diesem Grund mit einem Antragsaufkommen, das die Kapazität der Behörde übersteigt und inzwischen zu einem Stau von rund 5.500 Anträgen geführt hat. Das BfArM arbeitet aktiv daran, diesen Überhang abzubauen. Man strebe nach wie vor an, zu den “centers of excellence” in Europa zu gehören. Eigenschaften wie transparentes Handeln, Verlässlichkeit und Bereitschaft zur Kommunikation mit den Antragstellern sollen weiter ausgebaut werden, um auch zukünftig im europäischen Wettbewerb zu bestehen. Aus Sicht des BAH sollte die angespannte Arbeitssituation im BfArM weiterhin Ansporn sein, Verfahrensabläufe weiter zu straffen und neue, vereinfachte Wege zu beschreiten, wie insbesondere die bilaterale Anerkennung von Zulassungen.
Zukünftig sollen mehr Arzneimittel für Kinder zur Verfügung stehen, für die auch Erfahrungen aus klinischen Prüfungen bei Kindern vorliegen. Derzeit, so Hoffmann, werden Kinder mangels spezifischer Erfahrungen noch häufig wie kleine Erwachsene behandelt. Dies sei unbefriedigend. Dem Bemühen, Daten zur Anwendung bei Kindern zu erheben, stehen aber häufig die Vorbehalte von Eltern entgegen, ihre Kinder an solchen Studien teilnehmen zu lassen. Dies sei, so Dr. Broich, unbegründet. Die Betreuung während der Prüfung sei besonders intensiv. Zukünftig müsse mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden, um diese unbegründeten Ängste auszuräumen, anders seien Daten zu Wirksamkeit und sicherer Anwendung sowie zu kindgerechten Dosierungen und Formulierungen nicht zu generieren.
Einer Kosten-Nutzenbewertung für Arzneimittel im sozialrechtlichen Sinn durch das BfArM im Rahmen der Zulassung erteilte Dr. Broich in Übereinstimmung mit dem BAH-Vorsitzenden eine klare Absage. Das BfArM sei bisher aufgrund seines gesetzlichen Auftrages auf die Prüfung der Kriterien Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und pharmazeutische Qualität beschränkt (positives Nutzen-Risiko-Verhältnis als Voraussetzung der Zulassung). Dies schließe allerdings einen Dialog mit dem IQWiG in bilateral interessierenden Fragen nicht aus. Im Gegenteil gebe es hier schon einen regelmäßigen Austausch. Eine abschließende Kosten-Nutzenbewertung im Rahmen der Zulassungsentscheidung sei auch deswegen nur bedingt leistbar, weil sich dieser Nutzen eines Arzneimittels auf breiterer Basis erst im Rahmen seiner Anwendung einige Zeit nach der Zulassung beurteilen lasse.
Nach den Aussagen des BfArM-Vizepräsidenten wird zukünftig dem Bereich Medizinprodukte mehr Aufmerksamkeit zukommen. Auch werde man bestehende Forschungsaktivitäten des BfArM ausbauen und ergänzen, u.a. um den Bereich neurodegenerativer Erkrankungen.
Dies war das erste Pressegespräch dieser Art und unterstreicht die Bemühungen des BfArM um mehr Transparenz und Dialog zwischen Behörde und Industrie zum Wohl der Patienten.