Mainz – Pressemitteilung III. Medizinische Klinik und Poliklinik
Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe “Onkogene Signaltransduktion” an der III. Medizinischen Klinik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz erhält eine zweijährige Forschungsförderung von der Wilhelm Sander-Stiftung in Höhe von 205.000 Euro für die Untersuchung von neuen Therapiemöglichkeiten der akuten myeloischen Leukämie (AML). AML ist die häufigste Leukämieform bei Erwachsenen. Jährlich erkranken daran etwa 2500 Menschen in Deutschland. Unbehandelt führt diese Erkrankung innerhalb kürzester Zeit zum Tod. In der Arbeitsgruppe “Onkogene Signaltransduktion” forschen Ärzte, Biologen und Biochemiker gemeinsam unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Fischer.
Bei etwa 30 bis 40 Prozent aller AML-Patienten lässt sich eine bestimmte genetische Veränderung (Mutation) nachweisen, die dazu führt, dass die weißen Blutkörperchen, die diese Mutation tragen, unkontrolliert Wachstumssignale erhalten und sich explosionsartig vermehren. Durch die Mutation wird die Struktur eines Eiweißstoffes – des so genannten FLT3-Rezeptors – so verändert, dass dieser dauerhaft aktiv ist und damit der Zelle signalisiert, sich ungehemmt zu teilen. Bisherige Standardtherapien der AML — wie die Chemotherapie bzw. die Knochenmarktransplantation — können aufgrund verschiedener Nebenwirkungen sehr belastend für Patienten sein. Zudem sprechen nicht alle Erkrankten auf diese Therapieformen an.
In den letzten Jahren wurden daher neue Medikamente – so genannte Kinase-Inhibitoren – entwickelt, die eine zielgerichtete Therapie der AML ermöglichen. Diese Substanzen heften sich speziell an einer bestimmten Stelle des veränderten FLT3-Rezeptors an: So wird dieser blockiert und damit inaktiviert. Die Folge: Die genetisch veränderten Leukämiezellen sterben ab. Diese neuen Therapien zeichnen sich unter anderem durch eine bessere Verträglichkeit und deutlich weniger Nebenwirkungen aus und führen nicht zu einer Schädigung gesunder Zellen der Patienten. Die ersten klinischen Erprobungen dieser Medikamente verlaufen zur Zeit sehr viel versprechend. Jedoch zeigte sich, dass nur bestimmte Leukämie-Patienten auf die neuen Medikamente ansprechen.
Das Team der Mainzer Krebsforscher um den Mediziner Prof. Dr. Thomas Fischer und den Biologen Dr. Frank Breitenbücher ist den Ursachen dieses Phänomens auf der Spur und untersucht, welche Patienten die besten Chancen haben, auf die neuen zielgerichteten Substanzen anzusprechen. Die Forscher verfolgen hierbei die Hypothese, dass bei Patienten mit Mutationen im FLT3-Rezeptor unterschiedliche Strukturveränderungen des Eiweißstoffes auftreten können. Je nach spezifischer Veränderung könnte so der Zugang der neuen Substanzen an ihre Bindungsstelle verhindert und damit deren Wirksamkeit blockiert sein. Würde es gelingen, diese Strukturveränderungen zu charakterisieren, könnte eine zweite Generation von zielgerichteten Medikamenten entwickelt werden, die sich durch eine breitere Wirksamkeit auszeichnen.
Aktuell werden in der III. Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums Mainz verschiedene Therapiestudien mit neuen, zielgerichteten Medikamenten bei der AML durchgeführt. Die Leukämie-Spezialisten untersuchen parallel hierzu mit Hilfe modernster molekularbiologischer Methoden im Labor die Wirkung der Medikamente auf die Leukämiezellen der Patienten. Damit soll es gelingen, zukünftigwirksamere und besser verträgliche Krebstherapien für Patienten zu entwickeln. Die Forschungsförderung der Sander-Stiftung trägt wesentlich zur Unterstützung dieser Forschungsaktivitäten bei.