Berlin – Immer wieder sind in Deutschlands Apotheken Medikamente knapp. Derzeit betroffen ist unter anderem das Schmerzmittel Novaminsulfon Lichtenstein, das mit knapp 12 Millionen Rezepten am zweithäufigsten verordnete Arzneimittel überhaupt. Doch es gibt Bereiche, in denen Lieferengpässe bedrohliche Ausmaße annehmen. Apotheker warnen, dass die Versorgung von HIV-Patienten in Gefahr geraten könnte.
Im Interview mit dem Branchendienst APOTHEKE ADHOC berichtet Erik Tenberken, Apotheker aus Köln und Vorstandsmitglied der Deutschen Arbeitsgemeinschaft HIV- und Hepatitis-kompetenter Apotheken (DAH²KA), dass in diesem Jahr bereits zahlreiche wichtige Präparate nicht oder nur eingeschränkt lieferbar waren. Probleme in diesem Ausmaß habe es bislang nicht gegeben: „Früher haben wir Medikamente, die bestellt wurden, auch erhalten. Die aktuelle Situation ist untragbar. Wenn es so weitergeht, wird die Versorgung irgendwann zusammenbrechen.“
Tenberken und seine Kollegen fühlen sich im Spannungsfeld zwischen Krankenkassen, Großhandel, Pharmaindustrie und der Pflicht gegenüber den Patienten zerrieben. „Weil die Produkte teuer sind, wird die Lagerhaltung auf uns Apotheker abgewälzt.“ Der Großhandel habe kein Interesse an den teuren Mitteln. Die Industrie wiederum kalkuliere bei der Produktion so knapp, dass die derzeit steigenden Neudiagnosen zum Problem werden. Außerdem werde kaum noch Ware in Deutschland vorrätig gehalten – schon um Graumarktgeschäfte in andere Länder zu verhindern, wo höhere Preise erzielt werden könnten.
Seiner Meinung nach sind alle Parteien gefragt, gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten: Die Politik sollte die Hersteller zu einer gewissen Lagerhaltung verpflichten, die Kassen sollten die Daumenschrauben lockern und die Firmen sollten dafür sorgen, dass genügend Ware vorhanden ist.
„Dass wir kapitulieren mussten, ist noch nicht vorgekommen“, sagt Tenberken im Interview. „Bis jetzt ist es uns auch immer gelungen, Ware zu besorgen. Aber Improvisieren gehört mittlerweile zum Alltag. Der Arbeitsaufwand hat sich gefühlt verdoppelt, da liegen manchmal die Nerven blank.“
Das vollständige Interview finden Sie unter:
Einen Text zu den aktuellen Lieferengpässen finden Sie hier:
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