Dortmund – In Westfalen-Lippe sind deutlich mehr Menschen von der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung COPD betroffen als im bundesweiten Durchschnitt: Mit einer Krankheitshäufigkeit von 8,3 Prozent liegt die Region über dem bundesweiten Wert von 7,1 Prozent. Das zeigt der aktuelle Gesundheitsatlas COPD des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), den die AOK NORDWEST im Vorfeld des Weltnichtrauchertages am 31. Mai heute veröffentlicht hat. „Ein wichtiges Ziel bei der Versorgung von COPD-Erkrankten ist neben dem Rauchverzicht ein optimales Krankheitsmanagement der Betroffenen und eine gute strukturierte medizinische Versorgung“, sagt Tom Ackermann, Vorstandsvorsitzender der AOK NORDWEST. Dabei hilft die AOK ihren Versicherten mit dem Disease-Management-Programm (DMP) ‚AOK-Curaplan‘ und mit weiteren besonderen Angeboten.
Atemnot, Husten und Auswurf. Das sind die typischen ‚AHA‘-Symptome der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung COPD (chronic obstructive pulmonary disease). Wichtigster Risikofaktor für die Entwicklung dieser Volkskrankheit ist das Rauchen. Aber auch Luftschadstoffe können zur Entstehung beitragen. Und der soziale Status spielt ebenfalls eine Rolle. In Westfalen-Lippe leben rund 387.000 COPD-Patienten. Zwischen den Regionen gibt es jedoch erhebliche Unterschiede beim Anteil der COPD-Patienten in der Bevölkerung. Während in der Stadt Münster nur 5,24 Prozent der Einwohner eine vom Arzt diagnostizierte COPD hatten, lag der Anteil in der Stadt Gelsenkirchen bei 12,14 Prozent.
Die Krankheitshäufigkeit steigt ab dem 40 Lebensjahr mit zunehmendem Alter deutlich an. Bereits im Alter von 60 Jahren liegt in Westfalen-Lippe eine hohe COPD-Betroffenheit mit zehn Prozent der Männer und 7,8 Prozent der Frauen vor. Ihren Höhepunkt erreicht die Krankheit in der Altersgruppe der 80- bis 84-jährigen. Hier waren 18,5 Prozent der Männer und 12,5 Prozent der Frauen betroffen. „Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern können vor allem damit erklärt werden, dass in den vergangenen Jahren der Raucheranteil in Deutschland unter den Männern stets deutlich höher als unter den Frauen war“, sagt Ackermann.
Der Gesundheitsatlas zeigt auch einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem regionalen Anteil der rauchenden Bevölkerung und der COPD-Prävalenz in Westfalen-Lippe. In vielen Regionen, in denen der Anteil der Rauchenden besonders hoch ist, ist auch die COPD-Häufigkeit besonders ausgeprägt. Insgesamt hat Westfalen-Lippe einen durchschnittlichen Raucheranteil. Das Rauchverhalten der Bevölkerung in den Kreisen und kreisfreien Städten ab 15 Jahren wurde dafür in fünf gleich große Kategorien (Quintile) eingeteilt. Das Ergebnis: In der Stufe eins mit dem geringsten Raucheranteil liegen die Kreise Minden-Lübbecke und Paderborn. In der Stufe zwei mit einem geringen Raucheranteil liegen die Kreise Warendorf, Steinfurt, Lippe, Märkischer Kreis und die Städte Bielefeld und Münster. Einen durchschnittlichen Raucheranteil in der Stufe drei haben Borken, Bottrop, Coesfeld, Ennepe-Ruhr-Kreis, Gütersloh, Hagen, Hochsauerlandkreis, Höxter, Olpe, Siegen-Wittgenstein und Soest. Einen überdurchschnittlichen Raucheranteil hat die Stadt Dortmund in der Stufe vier. Und in der Stufe fünf mit dem höchsten Raucheranteil liegen Bochum, Gelsenkirchen, Hamm, Herford, Herne, Recklinghausen und Unna.
Luftschadstoffe können zur Entstehung einer COPD beitragen
Neben dem Anteil der Rauchenden scheint auch die Feinstaubbelastung eine Rolle für die Häufigkeit der COPD zu spielen. „Luftschadstoffe können zur Entstehung einer COPD beitragen oder die Symptomatik bei COPD-Erkrankten verschlimmern. Die kurzfristigen Auswirkungen von Feinstaub auf Verschlechterungen des Gesundheitszustandes und auf die Sterblichkeit bei COPD-Erkrankten sind recht gut durch Studien belegt“, sagt Ackermann. Für den Gesundheitsatlas wurden Informationen vom Umweltbundesamt zur regionalen Feinstaubbelastung der Bevölkerung berücksichtigt und in fünf annähernd gleich große Gruppen (Quintile) sortiert. Danach haben in Westfalen-Lippe die Kreise Olpe und Siegen-Wittgenstein die niedrigste und gleich elf Kreise und kreisfreie Städte die höchste Feinstaubbelastung.
Zusammenhang zwischen COPD-Häufigkeit und sozialem Status
Der Gesundheitsatlas geht ebenfalls darauf ein, dass materiell und sozial benachteiligte Menschen (Deprivation) häufiger an COPD erkranken als Menschen mit einem hohen sozialen Status. Dieser Zusammenhang zeigt sich auch im Vergleich der Regionen in Westfalen-Lippe auf Basis des ‚German Index of Socioeconomic Deprivation‘ (GISD) des Robert Koch-Instituts. Aufgeteilt in fünf Quintilen befindet sich in der Kategorie mit der niedrigsten Deprivation nur Münster, in der höchsten Kategorie Gelsenkirchen, Hagen, Hamm und Herne.
COPD-Patienten haben leicht erhöhtes Risiko für schweren COVID-19-Verlauf
Der AOK-Gesundheitsatlas hat zudem untersucht, welche Auswirkungen das Coronavirus auf COPD-Patienten hat. „Derzeit wird davon ausgegangen, dass für COPD-Patienten kein erhöhtes Infektionsrisiko im Vergleich zu Patienten ohne COPD besteht“, so Ackermann. Jedoch wird nach ersten Erkenntnissen davon ausgegangen, dass COPD-Patienten im Falle einer Infektion ein moderat erhöhtes Risiko für schwere Verläufe einer COVID-19-Erkrankung haben. Auch das Risiko für eine Krankenhausaufnahme ist ebenfalls leicht erhöht. Die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Behandlung, der Gabe von Sauerstoff oder einer invasiven Beatmung war bei Vorliegen einer COPD etwa doppelt so hoch. „Deshalb gehören COPD-Patienten auch zu den Risikopersonen, die bevorzugt geimpft werden sollen“, so Ackermann.
Strukturierte Behandlung für ein besseres Krankheitsmanagement
Zur Behandlung der COPD gibt es keine Therapiemöglichkeiten, die kausal in das Krankheitsgeschehen eingreifen und die Patienten heilen könnten. Medikamentöse Maßnahmen können lediglich die Symptome abmildern, aber nicht die Auswirkungen einer teils Jahre andauernden Lungenschädigung beseitigen. Deshalb ist es wichtig, dass Patienten im Sinne eines wirksamen Krankheitsmanagements aktiv eingebunden werden, um ihre Krankheit zu kennen, auf Symptome zu achten und bei Verschlechterungen selbst geeignete Maßnahmen zu ergreifen. „Ziel muss es sein, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Leistungsfähigkeit der Betroffenen so lang wie möglich zu erhalten“, sagt Ackermann.
Darüber hinaus ist auch eine regelmäßige ärztliche Betreuung erforderlich. Die AOK NORDWEST engagiert sich seit Jahren für eine bessere und strukturierte medizinische Versorgung ihrer Versicherten mit einer COPD. Im Disease-Management-Programm (DMP) ‚AOK-Curaplan‘ werden die Patienten auf der Grundlage wissenschaftlich gesicherter Erkenntnisse behandelt. Dabei koordiniert der behandelnde Arzt die gesamte Behandlung und legt gemeinsam mit dem Patienten Therapieziele fest. Neben dem Rauchverzicht wird auch ein angemessenes körperliches Training angestrebt. „Unsere Versicherten werden aktiv an der Therapie beteiligt. In Schulungen lernen sie, besser mit ihrer Erkrankung umzugehen und deren Verlauf positiv zu beeinflussen“, so Ackermann. Aktuell sind über 30.000 AOK-Versicherte in Westfalen-Lippe in dieses Programm eingeschrieben. Untersuchungen belegen die Effektivität von Disease-Management-Programmen bei COPD. Dabei verzichteten Patienten aufs Rauchen, die Lebensqualität wurde verbessert und Krankenhausfälle reduziert.
Teilnahmequote erhöhen
Allerdings könnte die Teilnahme am DMP COPD noch deutlich steigen. Innerhalb von Westfalen-Lippe gibt es erhebliche Unterschiede. In Herne haben sich 38,5 Prozent und in Höxter 36,1 Prozent der AOK-versicherten COPD-Patienten in das DMP eingeschrieben, hingegen in Münster nur 11,7 Prozent und in Olpe 13,4 Prozent.
Spezielle Präventionsprogramme gegen das Rauchen helfen
Der wichtigste Risikofaktor für die Entstehung und Entwicklung einer COPD stellt das Tabakrauchen dar. Die Prävention ist daher insgesamt die wichtigste Strategie zur Vermeidung zukünftiger COPD-Erkrankungen. Auf dem Weg zum Nichtrauchen unterstützt die AOK NORDWEST ihre Versicherten mit zahlreichen kostenfreien Angeboten. Dazu gehören persönliche oder digitale Angebote zum Rauchstopp im AOK-Kursprogramm, das AOK-Expertenforum ‚Nichtrauchen online‘ oder die Aktion ‚Be Smart – Don’t Start‘ für rauchfreie Schulklassen.
Steigende Mortalität und mehr Krankenhausfälle
In den letzten Jahren ist ein Rückgang der Anzahl der Raucher zu verzeichnen, in der Gruppe der jungen Erwachsenen ist dies besonders ausgeprägt. Jedoch ist aufgrund des relativ hohen Raucheranteils bei älteren Personen in Verbindung mit einer Alterung der Gesellschaft damit zu rechnen, dass die COPD-Prävalenz in den nächsten Jahren auf einem hohen Niveau bleiben oder sogar leicht steigen wird. Das belegen auch Statistiken, wonach die Sterbefälle in NRW aufgrund einer COPD von 4.804 Fälle im Jahr 2000 auf 7.452 in 2019 angestiegen sind. Auch die Anzahl der Krankenhausbehandlungen stieg von 35.918 Fälle im Jahre 2000 auf 68.999 im Jahr 2019 an.