Sotschi, 16. März 2014 – Was für ein Abschluss, was für ein Finale. Mit Gold startete das Skiteam Nordisch in die XI. Paralympics von Sotschi – mit Gold endete die Mission im Kaukasus. Und die Hauptdarstellerin war jeweils dieselbe: Andrea Eskau sicherte sich am Sonntag nach ihrem Sieg beim Biathlonsprint über sechs Kilometer vor Wochenfrist nun mit dem Triumph bei den Sitzskifahrerinnen über fünf Kilometer ihre zweite Goldmedaille.
Es war eine turbulente Woche für Andrea Eskau: Gold im Biathlonwettkampf über sechs Kilometer, Asthma-Anfall und Ausstieg aus dem Rennen, Disqualifikation nach Sprint-Bronze. „Eine Erfahrung, die man machen muss, man braucht etwas Zeit, um alles zu verarbeiten. Ich kann das noch nicht in Worte fassen“, sagte die im Ziel völlig ausgepumpte und wiederum stark hustende Sitzskifahrerin. Kurz zuvor hatte die gebürtige Thüringerin die Ziellinie durchfahren und einen Start-Ziel-Sieg gefeiert, „in einem letzten Rennen in dem ich nochmals alle Kräfte mobilisieren musste, um zu beweisen, was man drauf hat“. Mit den Asthmabeschwerden der Vortage war die 42-jährige, nun fünffache Goldmedaillengewinnerin bei Paralympics gestartet. Alles hatte Eskau nochmals in die Waagschale geworfen, „alles ausprobiert und ich hatte ja zuvor gut trainiert“. „Der liebe Gott gleicht alles aus, deshalb war ich auch zuversichtlich, dass es nochmals klappen könnte“, gab sich die für den USC Magdeburg startende Athletin philosophisch. Physiotherapeut David Meiworm schloss die erfolgreiche Sportlerin im Ziel in seine Arme und vergoss einige Freudentränen, „denn er bekommt alles mit, ob Freud oder Leid. Er ist einer dieser Menschen, die der Sport auch braucht“, erklärte Andrea Eskau.
Ähnlich erging es auch Anja Wicker. Die zweifache Medaillengewinnerin vom MTV Stuttgart war um eine Schlittenlänge voraus mit Eskau ins Ziel gekommen. Dort gehörte sie zu den ersten Gratulanten ihrer Mannschaftskollegin und musste sich gleichfalls ein paar Tränen abwischen, „als mir bewusst wurde, was das für eine Woche war. Es gab so viele schöne Momente mit dem Team, deshalb freue ich mich super für Andrea, dass sie nochmals Gold gewinnen konnte“.
Die Schwäbin selbst „konnte noch einmal richtig die Kulisse genießen, denn es hat richtig Spaß gemacht zum Schluss. Nie hätte ich damit gerechnet, zwei Medaillen holen zu können, das ist unglaublich und ich freue mich riesig, dass die harte Arbeit so belohnt wurde“, ergänzte Studentin für Sportmanagement mit einem breiten Grinsen. Mit einem Rückstand von 1,30 Minuten auf die Siegerin konnte die mit Edelmetall dekorierte Stuttgarterin den neunten Rang in der gleichen Klasse gut verkraften.
„Das war ein großer Tag für Andrea, mit allen Dingen die da so passiert sind“, sagte Ralf Rombach. Einen großen Dank richtete der Bundestrainer an die Techniker, „weil wir hatten überragende Ski, was angesichts der Temperaturen besonders wichtig war“. Wie sieht das Fazit von Sotschi insgesamt aus? „Ich bin sehr zufrieden, auch wenn die Ergebnisse anders ausgefallen sind, wie man dies erwarten konnte. Zwei Frauen sind mit Gold dekoriert. Auch mit den Leistungen von Tino Uhlig und Martin Fleig bin ich sehr zufrieden, gerade die Leistung von Martin lässt für die Zukunft hoffen“, so der Chefcoach.
Am Schlusstag der XI. Paralympischen Winterspiele von Sotschi waren bei den letzten Skilanglaufrennen nochmals fünf Starter des nordischen DBS-Skiteams am Start. Willi Brem, der sich mehrfach mit Rückenproblemen herumschlagen musste und am Sonntagabend bei der Abschlussfeier die deutsche Flagge tragen wird, verzichtete auf einen letzten Start in Sotschi.
Bereits am Vormittag hatte sich Tino Uhlig mit dem Freistilrennen über zehn Kilometer von der paralympischen Bühne in Sotschi verabschiedet. In der von ihm ungeliebten Skating-Technik kam der 37-jährige bei den „Stehern“ mit einem Rückstand von 3,03 Minuten auf den russischen Paralympics-Goldmedaillengewinner Alksandra PRONOKOV ins Ziel – gleichbedeutend mit dem 21. Schlussrang. „Ich mache schon auch gerne Skating, aber ich bevorzuge die klassische Technik. Es war kein schlechtes Rennen. Die russischen Läufer waren eine Klasse für sich. Es war einfach schön hier zu sein“, bilanzierte Uhlig seinen zweiten Start bei den Paralympics.
Martin Fleig (Gundelfingen) klopfte bei seiner Paralympics-Premiere mit einem starken achten Rang an die Tür zur Weltspitze an. „Ich konnte ein Lebenszeichen setzen und mit erhobenem Zeigefinger ins Ziel einlaufen. Dort sah der querschnittsgelähmte aus dem Breisgau für eine Weile die „Eins“ hinter seinem Namen aufleuchten. Platz acht war am Ende mehr als ein Achtungserfolg für den 24-jährigen, bei dem im Rennen über zehn Kilometer neben der eigenen Leistung auch das Material stimmte, „denn ich konnte in der Abfahrt immer wieder an meinen Konkurrenten vorbeifahren, der stets anschieben musste“. Fleig ist mit dem Verlauf der Paralympics zufrieden und will sich weiter in der Weltelite etablieren. „Ich bin noch recht jung und will weiter angreifen“, zeigte sich der Schlittenfahrer vom Team RIG Freiburg von der einzigartigen Stimmung im Laura Skistadion fasziniert und für künftige Aufgabe motiviert.
Versöhnlicher Abschluss für Vivian Hösch. Zwei Tage vor ihrem 23. Geburtstag kam die blinde Freiburgerin im Skilanglaufrennen über fünf Kilometer mit Guide Norman Schlee auf den sechsten Rang. Zuletzt hatte die Schwarzwälderin den Biathlonwettkampf über 12,5 Kilometer wegen Magenkrämpfen abbrechen müssen.
Am Montag trifft das Paralympics-Team von Sotschi aus die Heimreise nach Deutschland an, wo die Mannschaft, die insgesamt 15 Medaillen erkämpfen konnte, von Vertretern aus Sport, Politik und Wirtschaft am Flughafen Frankfurt ab 18.30 Uhr empfangen wird.