Berlin – Das Fazit des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) zum Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetzes (AMVSG) fällt ernüchternd aus. „Das Arzneimittelgesetz bleibt weit hinter den Notwendigkeiten zurück, die im Pharmadialog klar benannt wurden“, so der BPI-Vorstandsvorsitzende Dr. Martin Zentgraf. Statt den überaus komfortablen finanziellen Gestaltungsspielraum der gesetzlichen Krankenversicherung für echte Reformen zu nutzen, wird weiter an der falschen Stelle gespart: Das Preismoratorium wird verlängert, zur ver-bindlichen Mehrfachvergabe für Rabattarzneimittel fehlte der Mut und mit dem Arztinformationssystem wird im Sinne der Krankenkassen das Fundament für ein kostenorientiertes Verordnungssteuerungssystem geschaffen. „Das Gesetz ist inkonsequent und beliebig aber kein Gesamtkunstwerk à la van Gröhe, das die Gesundheitsversorgung nachhaltig gestaltet“, so Zentgraf.
Richtige Schritte im Gesetz sind die Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung mit Antibiotika, die Möglichkeit einer erweiterten Preisreferenzierung im Rahmen der Verhandlungen über Erstattungsbeträge insbesondere zu chronischen Indikationen und eine Verbesserungen im Festbetragssystem für Kinder-Arzneimittel. Erstmals wird auch anerkannt, dass Weiterentwicklungen auf Basis bewährter Wirkstoffe eine wichtige Rolle für die Sicherung der Arzneimittelversorgung spielen. Der BPI hatte immer wieder darauf hingewiesen, welches Potential darin für die Versorgung der Menschen liegt. Dass gerade diese Produkte durch die Verlängerung des Preismoratoriums bis 2022 trotz Rekordergebnissen der GKV weiter geschwächt und gleichzeitig im Rahmen des derzeitigen Nutzenbewertungs- und Festbetragssystems nicht angemessen vergütet werden, ist symptomatisch für die Arzneimittelgesetzgebung. Ebenso dringend wäre im AMVSG auch eine Klarstellung der Wirtschaftlichkeit verhandelter Erstattungsbeiträge gewesen. Zentgraf: „Ein verhandelter Mischpreis ist wirtschaftlich für alle Patienten und es muss garantiert sein, dass der Arzt im Einzelfall seine Therapiefreiheit behält.“
Für eine der folgenschwersten Regelungen im Gesetz jedoch hält der BPI die Ausgestaltung des Arztinformationssystems in Verbindung mit Hinweisen zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung. Zentgraf: „Von hier aus ist der Schritt zu einem System in den Händen der GKV, das die Vertragsärzte steuert, engmaschig kontrolliert und sanktioniert, nicht mehr weit.“
Wenngleich der Gesetzgeber doch zumindest die freie Preisgestaltung im ersten Jahr und damit den schnellen Zugang der Patienten zu Innovationen bestätigt hat, so siegt unterm Strich das Mantra vom Sparen über den Gestaltungswillen – und das trotz der Tatsache, dass die pharmazeutische Industrie die gesamte ambulante Arzneimittelversorgung für gerade rund 10 Prozent der Kassenausgaben sicherstellt. „Die Regierung nimmt in Wahlzeiten einen Reformstau in Kauf, der uns alle als Teil einer alternden Gesellschaft zu noch mehr Sorge veranlassen dürfte“, so Zentgraf.