Berlin/WIESBADEN – Der gegenwärtige Umgang mit der Corona-Krise bringt die ambulante Palliativversorgung in Deutschland in Gefahr. Davor warnt Michaela Hach, Bundesvorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Teams für „Spezialisierte Ambulante Palliativ Versorgung“ (SAPV) und Geschäftsführerin des Fachverbandes SAPV in Hessen mit Sitz in Wiesbaden. „Derzeit werden Schutzkleidung und Desinfektionsmittel in der Verteilung auf Krankenhäuser und andere mutmaßliche Zentren der Versorgung tatsächlicher und potentieller Corona- Patienten konzentriert. Das ist zwar verständlich, aber tausende von Menschen, die an ihrem Lebensende ambulant versorgt werden, deren Angehörige und die Mitarbeiter der SAPV-Teams werden dabei vergessen. Das mag ein Versehen ein. Aber dennoch ist es unmenschlich und kurzsichtig. Denn mit der Gefahr von Infektionen in der ambulanten Palliativversorgung steigt die Wahrscheinlichkeit, dass in den kommenden Tagen noch mehr erkrankte Menschen in den ohnehin stark geforderten Kliniken aufgenommen werden müssen“, erläuterte Michaela Hach.
Sie spricht für etwa 360 SAPV-Teams in ganz Deutschland. Jedes Team hat etwa zehn bis fünfzehn Mitarbeiter und versorgt 300 bis 400 Patienten im Jahr. Die Patienten lebten wiederum in häuslicher Gemeinschaft mit ein bis fünf Personen, schätzte Michaela Hach:
„Wir sprechen also letztlich über einen Kreis von Betroffenen, der der Einwohnerzahl einer Stadt wie Hannover, Frankfurt oder Köln entspricht.“
In Hessen zum Beispiel gebe es eine Liste des Ministeriums für Soziales und Integration, nach der Schutzausrüstung und Infektionsmaterial auf Krankenhäuser, die Praxen der niedergelassenen Ärzte, Einrichtungen der Heilpädagogik und andere Institutionen zu konzentrieren sei. Die SAPV komme in den Überlegungen nicht vor.
Das Bundesgesundheitsministerium wiederum habe eine „gut gemeinte“ Aufstellung über Schutzkleidung und Hygienematerial herausgegeben, aber die zuverlässigen Bezugsquellen seien für die SAPV-Teams kaum zu finden. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand sei der Bezug des benötigten Material allein in Sachsen und Westfalen-Lippe „gut geklärt“, sagte Michaela Hach.
Die SAPV-Teams benötigten nicht nur Schutzkleidung und Hygienematerial wegen der neuen Bedrohung durch COVID 19. Sowohl die Infektion der Patienten und ihrer Angehörigen, als auch der Mitarbeiter der SAPV-Teams, die von Haus zu Haus fahren, sei zu verhindern. Abgesehen von dem neuen Erreger bestünden ohnehin schon bekannte Risiken weiter, die zum Beispiel von Multiresistenten Keimen (MRSA) und Tuberkulose-Erregern ausgingen. Auch vor den schon bekannten Gefahren gebe es ohne die nötige Ausstattung mit Hygieneartikeln keinen Schutz mehr.
„Wir bitten die Politiker und die Exekutive dringend, die Gefahr zu erkennen und sie zu bannen. Wir selbst arbeiten als SAPV-Teams selbstverständlich mit an einer Lösung und wollen in den kommenden Tagen eine Handlungsanleitung für unsere Teams zum richtigen Verhalten unter den gegenwärtig schwierigen Bedingungen in der Pandemie vorlegen“, versicherte Michaela Hach.