Mainz – Rund 20 bis 30 Millionen Menschen sind weltweit an Alzheimer erkrankt eine Chance auf Heilung gibt es bislang jedoch noch nicht. Eine neue Therapiemöglichkeit wird in dem gerade gestarteten europäischen Forschungsprojekt NanoBrain überprüft. Ziel der insgesamt fünf beteiligten Forschungspartner aus Deutschland, Österreich und Israel ist es herauszufinden, ob es mit Hilfe von Nanopartikel möglich ist, Alzheimer-Medikamente quasi huckepack aus der Blutbahn über die Blut-Hirn-Schranke in das Gehirn transportieren, sie dort frei zu setzen und somit eine effektive Therapie zu zulassen. Das mit über einer Million Euro geförderte Vorhaben wird dabei vom Institut für Physiologische Chemie und Pathobiochemie der Universitätsmedizin Mainz aus koordiniert. Langfristig sollen die dabei gewonnenen Ergebnisse auch auf weitere bisher schwer Blut-Hirn-Schranken-gängige Medikamente ausgedehnt werden.
In Deutschland sind ca. 1,2 Millionen Menschen an Alzheimer erkrankt. Bis heute ist die Ursache der Alzheimer-Erkrankung nicht vollständig geklärt. Charakteristisch für diese Erkrankung ist eine zunehmende Verschlechterung der kognitiven Leistungsfähigkeit, die in der Regel mit einer Abnahme der täglichen Aktivitäten, mit Verhaltensauffälligkeiten und neuropsychologischen Symptomen einhergeht. Bereits viele Jahre, bevor erste klinische Symptome sichtbar werden, bilden sich im Gehirn des Betroffenen Ablagerungen. Diese zugrunde liegenden Veränderungen sind jedoch bislang nicht behandelbar.
Das, was die Schlüsselloch-Medizin für die moderne Herzchirurgie bedeutet, können in Zukunft möglicherweise die Therapiekonzepte bei Alzheimer auf Basis von Nanopartikeln sein. Mit Nanopartikeln kann es erstmals gelingen, den Grundstein für eine effektive Therapie der Alzheimer-Erkrankung zu legen und damit eine zentrale Fragestellung im wissenschaftlichen Schwerpunkt Neurowissenschaften aktiv anzugehen, ist der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Dr. Reinhard Urban, überzeugt.
Die Idee ist, dass wir Strukturen herausfinden, die es ermöglichen potentielle Medikamente zur Prävention der Alzheimer-Erkrankung ins Gehirn zu transportieren. Denn bisher scheitert eine Therapie dieser Krankheit unter anderem daran, dass die meisten diskutierten Präparate den Wirkungsort im Gehirn nicht erreichen. Dabei spielt die im Gehirn vorhandene physiologische Barriere zwischen Blutkreislauf und Zentralnervensystem (ZNS), die sogenannte Blut-Hirn-Schranke, eine besondere Rolle. Diese zu überwinden soll mittels Nanopartikel passieren. Die Partner des Forschungsverbunds versuchen nun diese so zu modifizieren, dass sie spezifisch über die Blut-Hirn-Schranke transportiert werden und zusätzlich im Huckepack-Verfahren die gewünschten Medikamente mitnehmen, erklärt Univ.-Prof. Dr. Claus Pietrzik von der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Der am Institut für Physiologische Chemie und Pathobiochemie tätige Pietrzik koordiniert das internationale NanoBrain-Team, welches Partner aus drei europäischen Ländern vereint. Im Rahmen des europäischen ERA-Net Neuron des 6. Forschungsrahmenprogramms der EU wird das Projekt in den kommenden drei Jahren mit mehr als einer Millionen Euro gefördert. Die Forschungsförderung der deutschen Gruppen wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) übernommen. Neben dem Team von Univ.-Prof. Dr. Claus Pietrzik sind auch Wissenschaftler des deutschen Fraunhofer-Instituts für Biomedizinische Technik (St. Ingbert), der JSW Life Sciences GmbH (Grambach) und der Medizinischen Universität Graz aus Österreich sowie der israelischen Bar Ilan University (Ramat Gan) beteiligt.
Weitere Informationen zum European Research Area Network ERA-NET
Die Schaffung eines wettbewerbsfähigen europäischen Forschungsraums ist erklärtes Ziel der Europäischen Kommission. Zur Verwirklichung dieses Ziels wurden im 6. Forschungsrahmenprogramm die so genannten ERA-Net-Projekte als neues Instrument eingeführt. ERA-Nets sollen durch Koordination der Forschungsförderung der Mitgliedsstaaten die Zusammenarbeit in einzelnen Themenbereichen fördern und so den europäischen Forschungsraum strategisch und konzeptionell implementieren. Ziel ist es, die Forschungsförderung in den europäischen Mitgliedsstaaten möglichst effizient zu vernetzen. Um die europaweite Koordinierung von Forschungsprogrammen zu verwirklichen, sollen sich Forschungsförderer der Mitgliedsstaaten zusammenschließen und gemeinsame strategische Zusammenarbeiten bis hin zu gemeinsamen Ausschreibungen realisieren. Voraussetzung dafür ist eine Analyse der nationalen Förderprogramme und Förderverfahren, die Evaluierung der jeweiligen Programmzielsetzungen und die Erarbeitung eines gemeinsamen strategischen Förderkonzepts.
Kontakt
Univ.-Prof. Dr. Claus Pietrzik Institut für Physiologische Chemie und Pathobiochemie Molekulare Neurodegeneration Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Telefon: 06131-3925390, Fax: 06131-3926488 E-Mail: pietrzik@uni-mainz.de