Heidelberg – Mit dem Alter nimmt die Zahl krebstypischer chemischer Veränderungen im Erbgut von Hautzellen zu, zeigten Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Forschungszentrums der Beiersdorf AG.
Die oberen Zellschichten werden dünner, die Produktion des straffenden Kollagens versiegt, die Durchblutung verschlechtert sich. Früher oder später entdeckt jeder die Folgen dieser Veränderungen im Spiegel: Die alternde Haut bildet Runzeln und Falten. Die zellulären Mechanismen dahinter sind längst noch nicht vollständig geklärt. Wissenschaftler aus dem Team von Frank Lyko im Deutschen Krebsforschungszentrum und aus dem Forschungszentrum der Beiersdorf AG hegten einen Verdacht: Bestimmte chemische Veränderungen des Erbguts, so genannte epigenetische Modifikationen, könnten zur Hautalterung beitragen.
“Gerade die Haut ist Umwelteinflüssen besonders intensiv ausgesetzt”, erklärt Frank Lyko. “Epigenetische Modifikationen sind der Schlüsselmechanismus, über den Umweltfaktoren auf das Erbgut einwirken und so zu Alterserscheinungen beitragen können.” Die Wissenschaftler entnahmen Freiwilligen je zwei Hautproben, eine vom äußeren Unterarm und eine vom inneren Oberarm, um sonnenexponierte mit lichtgeschützter Haut vergleichen zu können. In den Proben analysierten sie eine besonders gut untersuchte epigenetische Veränderung der DNA, die Anheftung von Methylgruppen. Diese chemische Markierung ist vor allem Krebsforschern bekannt, denn dadurch werden wichtige Wachstumsbremsen der Zellen inaktiviert. Daher gilt die Methylierung als eine zentrale Ursache für die unkontrollierte Teilung von Tumorzellen.
Bei gleichaltrigen Spendern wies das Erbgut der Hautzellen ein nahezu identisches Methylmuster auf. Ein Vergleich der Hautproben von jüngeren (19-35 Jahre) und älteren (65-71 Jahre) Spendern zeigte jedoch, dass mit dem Altern die Anzahl der Methylmarkierungen steigt. Die zusätzlichen Markierungen wurden nicht zufällig, sondern an ganz bestimmte Erbgut-Positionen angeheftet. Die Forscher fanden in Zellen der alternden Haut ein ganz ähnliches Methylmuster, wie sie es aus Krebsvorstufen kennen.
Der Vergleich sonnenexponierter und lichtgeschützter Haut erbrachte ein überraschendes Ergebnis – Altern und Sonnenlicht scheinen in der Zelle entgegengesetzte Wirkung zu haben: Sonnenlicht steigert die Anzahl der Methylierungen nicht, sondern führt im Gegenteil zu einer geringfügigen, aber signifikanten Entfernung der chemischen Markierung. “Wir wissen im Moment noch nicht, wie dies zu bewerten ist”, sagt Frank Lyko. “Keinesfalls können wir daraus schließen, dass das Sonnenlicht abgeschaltete Wachstumsbremsen der Zelle wieder reaktiviert und so Alterung und Krebs entgegenwirkt.” Die DKFZ-Forscher wollen als nächstes klären, welchen Einfluss die alters- und lichtbedingten Veränderungen im Methylmuster tatsächlich auf die Krebsentstehung haben.
Auch den Wissenschaftlern der Beiersdorf AG liefert die Studie wichtige Erkenntnisse für ihre weitere Forschung. “Selbst in einem so gut untersuchten Organ wie der Haut entdecken wir noch Mechanismen und Zusammenhänge, die bisher völlig unbekannt sind”, sagt Horst Wenck, Forschungsleiter von Beiersdorf. “Diese Ergebnisse verbessern entscheidend unser Verständnis davon, in welcher Weise Umweltfaktoren die Hautalterung beeinflussen können.” Der Hautexperte ist überzeugt, mit diesem Wissen zukünftig noch wirksamere Produkte zur Hautpflege und zum Hautschutz entwickeln zu können.
Elke Grönniger, Barbara Weber, Oliver Heil, Nils Peters, Franz Stäb, Horst Wenck, Bernhard Korn, Marc Winnefeld und Frank Lyko: Aging and chronic sun exposure cause distinct epigenetic changes in human skin. PLoS Genetics 2010, DOI:10.1371/journal.pgen.1000971
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland und Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren. Über 2.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, davon 850 Wissenschaftler, erforschen die Mechanismen der Krebsentstehung und arbeiten an der Erfassung von Krebsrisikofaktoren. Sie liefern die Grundlagen für die Entwicklung neuer Ansätze in der Vorbeugung, Diagnose und Therapie von Krebserkrankungen. Daneben klären die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Krebsinformationsdienstes (KID) Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Das Zentrum wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert.
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