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Alkohol und Tabak gehören zu den „Top Ten“ der weltweiten Gesundheitsrisiken

Zum Weltgesundheitstag am 07.04.2016:

Hamm – Wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtet, sterben weltweit 3,3 Millionen Menschen an den Folgen ihres Alkoholkonsumsi. Damit ist Alkohol tödlicher als Tuberkulose und AIDS zusammen. Bei den Tabakkonsumenten sind die Zahlen noch drastischer: Etwa sechs Millionen Menschen sterben nach Aussage der WHO jedes Jahr durch Tabakkonsum – das sind mehr Tote als durch HIV/AIDS, Malaria und Tuberkulose verursacht werdenii. Nach Einschätzung der WHO sind diese Zivilisationskrankheiten eine „weitaus größere Bedrohung der Volksgesundheit als jede andere der Menschheit bekannte Epidemie“iii. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) schließt sich der Forderung nach wirksamen Präventionsmaßnahmen an und setzt sich dafür ein, die gesellschaftliche Akzeptanz von Alkohol kritisch zu hinterfragen.

Europa steht in diesem Zusammenhang besonders im Fokus: Europäer konsumieren mehr Alkohol und mehr Tabak als der Rest der Welt. In den 53 Ländern der europäischen WHO-Region ist der Alkoholkonsum in den vergangenen Jahren zwar zurückgegangen, jedoch leben die Europäer im Durchschnitt immer noch sehr ungesund: viele vorzeitige Todesfälle sind demnach auf zu hohen Alkohol- und Tabakkonsum sowie auf Übergewicht zurückzuführeniv.

Alle sieben Minuten stirbt ein Mensch in Deutschland an den Folgen von Alkoholkonsum

Auch in Deutschland sind die Zahlen zum Alkoholkonsum Besorgnis erregend hoch: 96,4 Prozent der Bevölkerung im Alter zwischen 18 und 64 Jahren trinken Alkohol, rund 1,77 Millionen Menschen in Deutschland sind alkoholabhängig. Und jedes Jahr sterben 74.000 Menschen an den direkten und indirekten Folgen ihres Alkoholkonsums. Denn Alkohol wird gesellschaftlich weitestgehend akzeptiert und ist als Genussmittel in vielen Lebensbereichen selbstverständlich. Doch die gesundheitlichen Folgen des Alkoholkonsums sind gravierend.

Da der Alkohol durch das Blut über den ganzen Körper verteilt wird, kommt es bei regelmäßig erhöhtem Konsum in praktisch allen Geweben zu Zellschädigungen. Zu den zahlreichen Organschäden infolge eines chronisch erhöhten Alkoholkonsums gehören vor allem die Veränderungen der Leber (Fettleber, Leberentzündung, Leberzirrhose), der Bauchspeicheldrüse, des Herzens (Erweiterung des Herzmuskels) sowie des zentralen und peripheren Nervensystems (Hirnatrophie, Polyneuropathie) und der Muskulatur (Muskelatrophie). Forschungen zu den langfristigen Effekten von Alkohol belegen darüber hinaus, dass bei langfristigem Alkoholkonsum ein erhöhtes Krebsrisiko besteht (Mund-, Rachen-, Speiseröhrenkrebs und bei Frauen Brustkrebs). Damit verursacht kein anderes Suchtmittel vergleichbar hohe Kosten für die Volkswirtschaft. Rund 26,7 Mrd. Euro werden jährlich für alkoholbedingte Gesundheitsausgaben und Produktivitätsverluste in Deutschland ausgegeben – das ist weitaus mehr, als mit alkoholbezogenen Steuern eingenommen wird.

Rauchen bleibt die häufigste vermeidbare Todesursache in den Industrieländern

Auch beim Tabakkonsum nimmt Europa weltweit eine Spitzenposition ein, obwohl der Konsum in den letzten Jahren rückläufig ist. Durchschnittlich rauchen 30 Prozent der Europäer, Deutschland liegt dabei im Mittelfeld.

Dennoch sterben in Deutschland jedes Jahr 120.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Damit sind rund 13 Prozent aller Todesfälle durch das Rauchen bedingt. Rauchen ist ein Hauptrisikofaktor für zahlreiche Krebserkrankungen, Herzinfarkt und Schlaganfall, chronische Bronchitis und Lungenemphysem. Insbesondere das Lungenkrebsrisiko steigt für Raucher um das Fünffache gegenüber Nichtrauchernv.

Wenn auch Europa immer noch hohe Konsumentenzahlen aufweist, hat sich die gesellschaftliche Akzeptanz von Tabakkonsum geändert: im Gegensatz zu Alkohol stellt (Tabak-)Rauchen insbesondere für junge Menschen keinen Reiz dar, heute rauchen von den Zwölf- bis Siebzehnjährigen noch rund zehn Prozent. Hingegen liegen elektronische Wasserpfeifen (Shishas) und E-Zigaretten bei Jugendlichen eher im Trend. Im Jahr 2015 haben fast sechs Prozent der Deutschen Erfahrungen mit E-Zigaretten gemacht. Zielgruppen sind hier vor allem Raucher, Jugendliche und junge Erwachsene.

Bislang gibt es keine gesicherten Erkenntnisse zu den gesundheitlichen Langzeitfolgen von E-Zigaretten. Auch fehlen derzeit repräsentative Daten zu der Frage, ob E-Zigaretten bei Jugendlichen den Einstieg zum Tabakkonsum fördern. Wie eine aktuelle Studie zeigt, liegt der Schluss jedoch nahevi. In jedem Fall werden E-Zigaretten als „Lifestyle-Produkt“ gehandelt und könnten so auch die gesellschaftliche Akzeptanz des Rauchens insgesamt wieder steigen lassen.

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) setzt sich dafür ein, das weitgehend positive Bild von Alkohol und Alkoholkonsum in der Gesellschaft kritisch zu hinterfragen und einen ähnlichen Imagewandel einzuleiten, wie er für Tabak bereits erfolgt ist.

Um dies zu erreichen, ist es unter anderem wichtig, Alkoholika und Tabakprodukten sowie deren Konsum nicht durch Werbung, Filme und Medienberichte in ein positives Licht zu rücken. Ein umfassendes Alkohol- und Tabakwerbeverbot wäre in diesem Sinne unerlässlich. Die Wirksamkeit von Werbeverboten ist international unstrittigvii viii. Alkohol sollte nicht als selbstverständliches Genussmittel in jedem Lebensbereich anzutreffen sein; vielmehr müssen die gesundheitsschädigenden Konsequenzen stärker in den Vordergrund rücken. Dazu gehört zwingend auch, die Bedeutung der Prävention zu stärken und wirksame Präventionsmaßnahmen auf den Weg zu bringen. Eine der wirksamsten Maßnahmen zur Prävention des Tabakkonsums und zur Reduzierung des Alkoholkonsums auf ein risikoarmes Maß sind Preiserhöhungen durch Steuern. Sie unterstützen die WHO-Ziele im Kampf gegen Zivilisationskrankheiten.

Weitere Informationen unter www.dhs.de:

i WHO factsheet “Alcohol”, 01/2015
ii WHO report on the global tobacco epidemic, 2015
iii Mendis, Shanthi, Chefautorin des WHO-Berichts über Prävention und Umgang mit chronischen Erkrankungen (Global status report on noncommunicable diseases 2014) am 19.01.2015 in Genf, Quelle: afp, dpa
iv WHO, Regional office for Europe, 2015: European health report 2015
v Deutsches Krebsforschungszentrum (Hg.), 1. Aufl. 2015: Tabakatlas Deutschland 2015
vi Fillon, Mike, 2016: “E-cigarettes may lead to youth tobacco use”
vii Saffer H & Chaloupka F (2000) The effect of tobacco advertising bans on tobacco consumption. J Health Econ 19: 1117-1137.
viii Hanewinkel R, Pohl J. Auswirkungen eines totalen Werbeverbots für Tabakprodukte – ein Diskussionsbeitrag. Sucht 2001