Berlin – Der heute vorgestellte Basisbericht der Gesundheitsberichterstattung 2006/2007 gibt einen Überblick über den Gesundheitszustand der Berlinerinnen und Berliner und das Gesundheitswesen in der Stadt. “Die Gesundheit der Bevölkerung hat sich in vielen Bereichen verbessert: So ist die durchschnittliche Lebenserwartung weiter gestiegen, Berlinerinnen werden jetzt im Durchschnitt 82,0 Jahre alt, Berliner 76,7 Jahre. Das ist gegenüber den neunziger Jahren bei Frauen ein Anstieg um rund drei und bei Männern um vier Jahre. Dass zwischen Lebenserwartung sowie gesundheitlicher und sozialer Lage ein enger Zusammenhang besteht, zeigt die Spannweite von 2,8 Jahren bei Frauen und 4,1 Jahren bei Männern zwischen besser und schlechter gestellten Bezirken. Die Sterblichkeit der unter 65-Jährigen ist erfreulicherweise weiter rückläufig. Jedoch ist bei dieser sogenannten vorzeitigen Sterblichkeit immer noch ein Drittel der jährlich rund 6.700 Todesfälle auf eigenes gesundheitsschädigendes Verhalten, wie z. B. auf Alkoholmissbrauch, Rauchen und Übergewicht mit den Folgekrankheiten zurückzuführen”, sagte Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher.
Der Bericht enthält darüber hinaus viele zusätzliche Informationen über den Gesundheitszustand von Menschen mit Migrationshintergrund sowie deren gesundheitliche und soziale Versorgung. Neben den bereits seit mehreren Jahren auch nach der Herkunft ausgewerteten Einschulungsuntersuchungen stehen jetzt zusätzliche Fakten für die erwachsene Bevölkerung zur Verfügung. Es wird somit leichter, gesundheitliche Risiken und Potenziale dieses Teils der Berliner Bevölkerung zu erkennen und Angebote zielgerichtet daran auszurichten. So wichtig die Unterscheidung nach kulturellem und Herkunfts-Hintergrund ist, bleibt beim Gesundheitszustand der Bevölkerung jedoch der soziale Status der entscheidende.
Einige Ergebnisse aus dem Basisbericht 2006/2007: Im Vergleich zu 2005 lebten am 30. Juni 2007 0,3 % (+10.000) mehr Menschen in Berlin. Von den 3.405.000 Einwohnern waren 51,1 % (1.739.000) weiblich und 48,9 % (1.666.000) männlich. Der Bevölkerungszuwachs entstand durch die steigende Zahl ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger. Am 30. Juni 2007 lebten in Berlin 472.000 Ausländerinnen und Ausländer aus über 180 Staaten (13,9 % an Bevölkerung insgesamt) . In der Bevölkerungsstatistik wird nach Staatsangehörigkeit unterschieden. Ausländerinnen und Ausländer stellen damit in Berlin einen Anteil von 14 %. Nach dem Mikrozensus liegt der Anteil der Deutschen mit Migrationshintergrund (Aussiedler und Aussiedlerinnen, Eingebürgerte sowie in Deutschland Geborene, bei denen mindestens ein Elternteil unter die ersten drei Kategorien fällt) nochmals bei zehn Prozent. Somit hat insgesamt fast ein Viertel der Berliner Bevölkerung einen Migrationshintergrund. 2006 wurden in Berlin 29.627 Kinder lebend geboren. Im 1. Halbjahr 2007 617 Kinder mehr als im Vergleichszeitraum. Die Säuglingssterblichkeit und die Rate totgeborener ausländischer Kinder liegt um ein Mehrfaches über der der deutschen. Beide Indikatoren stehen zudem in engem Kontext mit den sozio-ökonomischen Lebensbedingungen. Während die Säuglingssterblichkeit und die Zahl der totgeborenen Kinder bei der deutschen Bevölkerung eher rückläufig war, stieg sie innerhalb der ausländischen in den letzten Jahren an. Ein erhöhtes Risiko haben in Berlin lebende Menschen aus Vietnam, Südosteuropa und Asylbewerberinnen.
Potenziale für den weiteren Zuwachs an Lebenserwartung liegen bei den so genannten vermeidbaren Sterbefällen: In den letzten drei Jahren starben in Berlin jährlich etwa 1.290 Frauen und 2.440 Männer an Krankheiten wie z.B. Brustkrebs, Lungenkrebs, Leberzirrhose, ischämische Herzkrankheiten bzw. unnatürlichen Ereignissen wie z.B. an Verkehrsunfällen oder Suizid. Diese Todesfälle müssen zu den medizinisch und präventiv vermeidbaren Todesfällen gerechnet werden.
Das Gesundheitswesen entwickelt sich weiter zu einem wichtigen Wirtschaftszweig für Berlin: 2005 erhöhte sich die Beschäftigtenzahl um 1.802 (+1,3 %), das sind insgesamt 181.500 Menschen bzw. 12 % der Erwerbstätigen in Berlin. Zuwächse gab es vor allem im ambulanten Bereich mit 2.210 Beschäftigten (+4,6%) sowie Pflegeeinrichtungen mit 1.961 (+6,6 %). Das Personal in den Krankenhäusern nahm hingegen weiter ab (-1.930 bzw. -4,3 %). Die ambulante ärztliche und zahnärztliche Versorgung der Berlinerinnen und Berliner hat sich stetig verbessert. Gegenwärtig werden 463 Menschen von einem ambulant tätigen Arzt bzw. einer Ärztin betreut, bei Zahnärzten liegt das Verhältnis bei 1:946 Einwohnern. Im Vergleich zu anderen Bundesländern verfügt Berlin damit über eine deutlich günstigere medizinische Betreuung. Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher: “Wir haben in den letzten Jahren die Rahmenbedingungen für die gesundheitliche und soziale Lebensqualität der Berlinerinnen und Berliner weiter verbessert. Dazu gehört das im Juli 2006 in Kraft getretene neue Gesundheitsdienstgesetz, das den Öffentlichen Gesundheitsdienst effektiviert, zielgruppenorientiert ausrichtet und den Schwerpunkt auf Prävention und Gesundheitsförderung legt. Durch den Ausbau niedrigschwelliger zielgruppengerechter Angebote soll insbesondere auch die gesundheitliche Lage von Migrantinnen und Migranten verbessert werden. Um den immer noch schwierigen Zugang von Migrantenfamilien zum gesundheitlichen und sozialen Versorgungssystem zu verbessern, wurde der Gemeindedolmetscherdienst in das Regelangebot überführt. Er soll auch dazu beitragen, die erheblichen Sprachbarrieren bei der Krankenhausversorgung von Migrantinnen und Migranten abzubauen.
Dem Abbau sozial bedingter Ungleichheit dienen auch die Beschlüsse der 4. Landesgesundheitskonferenz im letzten Jahr, die zum ersten Mal konkrete Gesundheitsziele formuliert hat und Gesundheitsförderung bei Kindern, speziell Kinder aus sozial benachteiligten Familien und auch Migrantenfamilien, in den Mittelpunkt stellen. Erste erfolgreiche kultursensible Präventionsangebote sollen gerade Familien mit Migrationshintergrund für eine gesunde Ernährung und mehr Bewegung sensibilisieren. Seit 2004 dient die Landesgesundheitskonferenz als Plattform für die Zusammenarbeit der örtlichen Akteure aus Gesundheitswesen, Politik und Verwaltung.
Zur weiteren Stärkung des Kinderschutzes haben wir gerade gemeinsame Ausführungsvorschriften der Senatsgesundheits- und Jugendverwaltung beschlossen. Damit werden in den bezirklichen Jugend- und Gesundheitsämtern einheitliche Melde-, Informations- und Verfahrenstandards festgelegt, wenn ein Kind möglicherweise gefährdet ist.
Erfolgreiche Präventionskampagnen haben das Gesundheitsverhalten vieler Menschen positiv beeinflusst. Die Ausweitung des Modellprojektes HaLT auf ganz Berlin setzt bei riskantem Alkoholkonsum Jugendlicher an. Das Aktionsprogramm ‘Berlin qualmfrei’ gipfelte im Nichtraucherschutzgesetz, das seit Januar einer großen Bevölkerungsmehrheit verbesserten Gesundheitsschutz bringt. Auch mit der Einführung der Umweltzone schaffen wir ein gesünderes Umfeld für die Bewohnerinnen und Bewohner der Innenstadt, die unfreiwillig die Gesundheit gefährdende Schadstoffe einatmen müssen. Berlin kann jetzt aufatmen.”
Der Basisbericht 2006/2007 – Daten des Gesundheits- und Sozialwesens ist im Internet unter http://www.berlin.de abrufbar.