Berlin – Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) erzielte in den Monaten Januar bis Juni 2007 bei Einnahmen von rd. 75,7 Mrd. Euro und Ausgaben von 75,4 Mrd. Euro einen Überschuss von rd. 307 Mio. Euro. Das aktuelle Finanzergebnis fiel damit günstiger aus als im 1. Halbjahr 2006, als die Krankenkassen noch ein Defizit von 50 Mio. Euro verbuchten. Da die Beiträge aus Einmalzahlungen erst in der zweiten Jahreshälfte fließen, spricht vieles dafür, dass die GKV auch im Gesamtjahr 2007 einen Einnahmenüberschuss in einer ähnlichen Größenordnung wie im vergangenen Jahr erzielen wird. Das Jahr 2006 hatten die Krankenkassen mit einem Plus von 1,64 Mrd. Euro abgeschlossen.
Weiterer Abbau der Verschuldung
Zu den aktuellen Finanzdaten erklärt Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt: “Die gesetzliche Krankenversicherung befindet sich nach unseren Reformen 2003 und 2007 weiterhin auf einem erfolgreichen Konsolidierungskurs. Nach den Jahren 2004, 2005 und 2006 wird die GKV voraussichtlich auch in diesem Jahr – zum vierten Mal hintereinander – mit einem positiven Finanzergebnis abschließen. Die Überschüsse der vergangenen Jahre waren erforderlich, um die bis 2003 aufgelaufene Verschuldung abzubauen. Bereits Ende 2006 hatten 185 von 242 Kassen wieder positive Finanzreserven, spätestens im nächsten Jahr – pünktlich zum Start des Gesundheitsfonds – werden alle Kassen schuldenfrei sein.”
Auch bei den wenigen verbleibenden Kassen, die in diesem Jahr ihre Schulden noch nicht in vollem Umfang abbauen können, wurden zwischenzeitlich die Voraussetzungen für die weitere finanzielle Konsolidierung geschaffen. Mittlerweile haben hierfür sämtliche Spitzenverbände vom BMG genehmigte Satzungen beschlossen. Diese stellen sicher, dass bei allen Kassen der jeweiligen Kassenart – z.T. mit finanzieller Hilfe des jeweiligen Verbandes – eine vollständige Entschuldung vor dem Start des Gesundheitsfonds zum 1. Januar 2009 erfolgen kann. Der Überschuss der Allgemeinen Ortskrankenkassen, die mit +410 Mio. Euro bereits im 1. Halbjahr das mit Abstand günstigste Finanzergebnis erzielten, ist dabei besonders hervorzuheben. Denn diese Kassenart steht bekanntermaßen vor der größten Herausforderung, die Entschuldung sämtlicher Mitgliedskassen erfolgreich abzuschließen.
Eine konsequente Umsetzung der gesetzlich vorgegebenen und möglichen Einsparmaßnahmen sowie Monat für Monat steigende Beschäftigtenzahlen bieten eine gute Voraussetzung dafür, dass die gesetzliche Krankenversicherung mit einer stabilen finanziellen Grundlage ab 2009 in den Gesundheitsfonds starten kann.
Ausgaben und Einnahmenentwicklung
Die Beitragseinnahmen der Krankenkassen sind im 1. Halbjahr 2007 bei einem Anstieg des Beitragssatzniveaus um 0,6 Beitragsssatzpunkte um 4,8 v.H. je Mitglied gestiegen; bei den beitragspflichtigen Einnahmen (Grundlöhnen der Krankenkassen) gab es ein Plus von 0,6 v.H. Dem stand ein Zuwachs bei den Leistungsausgaben von 3,2 v.H. je Mitglied gegenüber.
Grundlohnentwicklung noch moderat
Steigende Beschäftigtenzahlen und die Tarifabschlüsse der letzten Monate wirken sich erst mit zeitlicher Verzögerung positiv auf die Einnahmeentwicklung der Krankenkassen aus. Da die wesentlichen für die Einnahmeentwicklung relevanten Tarifabschlüsse erst im Laufe des 2. Quartals zu wirken begannen, spricht viel dafür, dass sich die beitragspflichtigen Einnahmen der GKV im weiteren Jahresverlauf bei weiterhin steigender Beschäftigung und sinkenden Arbeitslosenzahlen weiter erhöhen werden. So waren nach der jetzt vorliegenden Mitgliederstatistik für den Monat August 2007 rd. 513 Tsd. mehr beitragszahlende ersonen als Pflicht- oder freiwillige Mitglieder in der GKV registriert als im August 2006. Noch bis Juni vergangenen Jahres fiel der Vergleich der Beitragszahler zum entsprechenden Vorjahresmonat negativ aus.
Einen deutlichen Zuwachs gab es bei den Beitragseinnahmen aus geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, die im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rd.10 v.H. gestiegen sind.
Differenzierte Entwicklungen auf der Ausgabenseite
Die Entwicklung der Ausgaben ist in den einzelnen Leistungsbereichen sehr unterschiedlich verlaufen.
Der Anstieg der Arzneimittelausgaben von 5,1 v.H. in den Monaten Januar bis Juni 2007 ist zu einem Teil auf die Anhebung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 v.H. zum 1. Januar 2007 zurückzuführen. Allerdings weisen aktuelle, von der Bundes-vereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) vorgelegte Daten für den Monat Juli auf einen deutlicheren Anstieg vor allem der Verordnungsmenge hin. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, sind die Krankenkassen gefordert, die Einsparmöglichkeiten, die ihnen das Arzneimittel-Spargesetz ab Mai 2006 und das GKV-WSG ab 1. April 2007 eröffnet hat, noch konsequenter zu nutzen. Die Rabattverträge, die die Krankenkassen mit den Arzneimittelherstellern abgeschlossen haben, sind hierfür ein positives Beispiel. Eine wirksame Steuerung der Arzneimittelausgaben darf sich allerdings nicht auf die erfolgreiche Ausschöpfung von Preissenkungsspielräumen beschränken. Vielmehr sollten auch die verbesserten Möglichkeiten zur Kosten-Nutzen-Bewertung vor allem bei Arzneimitteln mit geringem therapeutischen Zusatznutzen genutzt und überflüssige Arzneimittelverordnungen vermieden werden.
Der moderate Anstieg bei den Krankenhausausgaben von 0,9 v.H. muss vor dem Hintergrund eines Anstiegs von 4,8 v.H. im 1. Halbjahr 2006 relativiert werden. Der mit dem GKV-WSG eingeführte Sparbeitrag der Krankenhäuser, der in 2007 rd. 280 Mio. Euro beträgt, ist bei einem jährlichen Ausgabevolumen von rd. 50 Milliarden Euro deshalb nach wie vor angemessen.
Der Zuwachs von 3,0 v.H. bei den Ausgaben für ambulante ärztliche Behandlung geht ähnlich wie im vergangenen Jahr deutlich über den Zuwachs der beitragspflichtigen Einnahmen der Krankenkassen hinaus und ist der höchste Anstieg, der in diesem Leistungsbereich seit 1994 zu verzeichnen war. Der Anstieg ist maßgeblich von einem Zuwachs von 5,7 v.H. in den neuen Ländern geprägt. Diese Entwicklung deutet wie bereits im vergangenen Jahr auf eine erhebliche Verbesserung der Honorarsituation der Ärzte hin, zumal die zusätzlichen anfallenden Ausgaben für ärztliche Früherkennungsuntersuchungen einen Anstieg von rd. 11 v.H. aufweisen.
Entwicklungen in kleineren Ausgabenbereichen
Hohe zweistellige Ausgabenzuwächse bei den Ausgaben für Präventionsleistungen und Schutzimpfungen sind gesundheitspolitisch geboten und weisen in die richtige Richtung.
Erstmalig gab es bei den Krankengeldausgaben, die in den letzten Jahren auch vor dem Hintergrund eines entsprechenden niedrigen Krankenstandes stark rückläufig waren, mit 3,5 v.H. wieder leichte Zuwächse.
Die Verwaltungskosten der Krankenkassen stiegen ähnlich wie in den Vorjahren mit 1,3 v.H. relativ moderat.
Entwicklung in einzelnen Leistungsbereichen
In den wichtigsten Leistungsbereichen gab es im 1. Halbjahr 2007 folgende Veränderungsraten:
Tabelle (siehe Link zur Pressemitteilung)
Anlage 1: Finanzielle Entwicklung in der Gesetzlichen Krankenversicherung im 1. Halbjahr 2007 im Vergleich zum 1. Halbjahr 2006 – Veränderungsrate je Mitglied einschließlich Rentner (in v.H.) Bund insgesamt
Anlage 2: Finanzielle Entwicklung in der Gesetzlichen Krankenversicherung im 1. Halbjahr 2007 im Vergleich zum 1. Halbjahr 2006 – Veränderungsrate je Mitglied einschließlich Rentner (in v.H.) Früheres Bundesgebiet
Anlage 3: Finanzielle Entwicklung in der Gesetzlichen Krankenversicherung im 1. Halbjahr 2007 im Vergleich zum 1. Halbjahr 2006 – Veränderungsrate je Mitglied einschließlich Rentner (in v.H.) – Beitrittsgebiet
Anlage 4: Vorläufige Rechnungsergebnisse
Link zur Pressemitteilung: http://www.bmg.bund.de