Münster – Am 18. Oktober 2017 hat die Arbeitsgruppe „Eckpunkte für ein Fortpflanzungsmedizingesetz“ der Nationalen Akademie der Wissenschaft „Leopoldina“ ein Positionspapier veröffentlicht, das ihrer Meinung nach in der kommenden Legislaturperiode aufgegriffen werden sollte. Die sechzehnköpfige Gruppe, darunter allein sieben Vertreter der Reproduktionsmedizin, also direkte Nutznießer eines solchen Gesetzes, schlägt eine vollständige Verschiebung der rechtlichen Perspektive vor. Nicht mehr sollen wie bisher die Rechte des noch nicht geborenen Menschen Vorrang genießen, sondern die der sogenannten „Wunscheltern“. Nicht mehr soll also die biologische Abstammung der Person entscheidend sein, sondern die Wünsche der zahlenden Kundschaft, wobei die „rechtliche Zuordnung“ des Kindes erst „mit oder nach der Geburt“ erfolgen soll. Dieser Logik folgend, fordert das Positionspapier die Freigabe der Embryonenselektion, der Eizellspende, der Embryonenspende, der Embryonenadoption, der Leihmutterschaft und des „social freezing“ von Eizellen.
„Die extrem widersprüchliche, wenn nicht zu sagen schizophrene Haltung gegenüber Kindern vor der Geburt in unserer Gesellschaft kommt in diesem Vorstoß der Leopoldina klar zum Ausdruck“, sagte heute Professor Paul Cullen, Vorsitzender des Vereins „Ärzte für das Leben“ in Münster. „Während sowohl die CDU als auch die SPD im Wahlkampf Werbespots mit ungeborenen Kindern verwendet haben[1], um ihre Sorge für die Zukunft dieser Stimmlosen auszudrücken, die sie direkt mit „Du“ anreden („in welchem Deutschland wirst Du einmal leben?“, fragt die Bundeskanzlerin) würde ein solches Fortpflanzungsmedizingesetz die Rechte genau dieser Menschen mit Füßen treten. Diese ambivalente Haltung wird auch in einem Werbespot der Firma Bayer für ein Folsäurepräparat[2] sichtbar: „Wenn Sie (…) spüren, Sie sind schwanger, hat die Entwicklung Ihres Kindes bereits begonnen“, heißt es dort.“
„Die Menschlichkeit einer Gesellschaft zeigt sich an ihrem Umgang mit den Schwachen, die nicht zur Verfügungsmasse der Reichen und Starken werden dürfen“, sagte Cullen weiter. „Das Fortpflanzungsmedizingesetz der Leopoldina ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte und sollte in der kommenden und jeder weiteren Legislaturperiode von der Politik tunlichst gemieden werden.“
Ergänzende Informationen:
1) www.youtube.com/watch?v=htR7E76Xk_c
2) www.youtube.com/watch?v=TISw489pNeM