Stuttgart – Ab 01. Januar 2023 wird die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) auch für Arbeitgeber verpflichtend. Bereits seit 2021 übermitteln Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte Arbeitsunfähigkeitsdaten elektronisch an die Krankenkassen. Auch Krankenhäuser liefern bereits im Rahmen des eAU-Verfahrens die stationären Aufenthaltszeiten an die Krankenkassen. Seit Anfang 2022 können schließlich auch Arbeitgeber an dem Verfahren teilnehmen, um die Arbeitsunfähigkeit ihrer Mitarbeitenden anzufordern. Was bisher freiwillig geschieht ist nach einem zwischenzeitlichen Aufschub verpflichtend: Ab dem 1. Januar 2023 ist die flächendeckende Einführung vorgeschrieben.
Wie funktioniert die eAU und was bedeutet die Verpflichtung für Arbeitgeber?
Wenn der Arzt eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer krankschreibt, übermittelt die Arztpraxis die Krankmeldung elektronisch an die Krankenkasse. Damit müssen die Erkrankten/Arbeitsunfähigen keine AU-Bescheinigung mehr bei ihrer Krankenversicherung einreichen. Die Arbeitgeber wiederum sind ab 1. Januar 2023 verpflichtet die Arbeitsunfähigkeitszeiten ihrer erkrankten Mitarbeitenden elektronisch bei deren Krankenkassen abzurufen beziehungsweise anzufordern. Die Krankenkassen stellen die Arbeitsunfähigkeitsdaten über den Kommunikationsserver der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung. Die Personalverantwortlichen auf Arbeitgeberseite sollten mindestens einmal wöchentlich die Daten abrufen beziehungsweise den Arbeitsschritt im Organisationsablauf entsprechend automatisieren.
Und wenn die Technik versagt oder noch nicht installiert ist?
Über die entsprechenden technischen Voraussetzungen für das Verfahren verfügen noch nicht alle Arztpraxen. Deshalb nutzen einige Praxen weiterhin die bisherigen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Wenn die Übermittlung aus technischen Gründen, etwa aufgrund einer Störung, nicht sichergestellt ist, wird der Arzt/die Ärztin die Betroffenen informieren. Sie erhalten dann auch in diesem seltenen Fall einen Papierbeleg, um diesen bei ihrer Krankenversicherung einzureichen. Die Krankmeldung kann dann auch auf digitalem Weg bei der AOK Baden-Württemberg eingereicht werden: entweder über die Webseite bw.meine.aok.de oder über die „Meine AOK“-App. So wird die zeitliche Verzögerung und der Verlust von Unterlagen auf dem Postweg vermieden und es entstehen keine Portogebühren.
Was bedeutet die eAU für Arbeitnehmer/Versicherte?
Erkrankte bzw. arbeitsunfähige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bekommen ab 01. Januar 2023 in der Praxis nur noch einen Ausdruck ihrer Krankmeldung für die eigenen Unterlagen (Ausfertigung für die Versicherten). Sie haben dann nach wie vor die Pflicht, sich wie gewohnt zu Beginn der Arbeitsunfähigkeit beim Arbeitgeber abzumelden und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit anzugeben. Auf Wunsch erhalten sie allerdings immer noch einen Papierausdruck der AU-Bescheinigung für den Arbeitgeber von ihrer Arztpraxis.
Wichtig: Das neue Verfahren der eAU gilt unter anderem nicht für Zeiten von Rehabilitations- und Vorsorgemaßnahmen, für privat krankenversicherte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und für Fälle, in denen die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch eine (Zahn-) Arztpraxis im In- oder Ausland erfolgt, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen.“
3 Fragen an Marco Baumann, Experte und Themenmanager für Entgeltersatzleistungen bei der AOK Baden-Württemberg
Was verbirgt sich hinter der Melde-, Vorlage- und Nachweispflicht für Arbeitnehmende?
„Meldepflicht bedeutet, dass sich der Arbeitnehmende – wie bisher auch – unverzüglich bei seiner Führungskraft arbeitsunfähig meldet unter Angabe der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit.
Mit der eAU und dem Arbeitgeberverfahren entfällt ab dem 01.01.2023 die Pflicht zur Vorlage der Arbeitsunfähigkeit seitens der Arbeitnehmenden – die sogenannte Vorlagepflicht. Zuvor war diese in der Regel nach drei AU-Tagen vorzulegen.
Bei der Nachweispflicht ist spätestens ab dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmenden die AU durch einen Arzt oder eine Ärztin zu attestieren.“
Was für Möglichkeiten bleiben, wenn die elektronische Übermittlung oder Abfrage der AU technisch nicht möglich ist? Insbesondere welche arbeitsrechtlichen Vorgaben sind zu beachten?
„Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen werden datenschutzgesichert an die Krankenkassen über die Arztpraxen gemeldet. Daraufhin haben die Arbeitgeber die Möglichkeit diese per Datenträgeraustausch bei den Krankenkassen abzufragen. Sollte in Einzelfällen eine maschinelle Übermittlung nicht stattgefunden haben, können sich Arbeitnehmende von ihrem Arzt in diesen Fällen eine Papierausfertigung ausstellen lassen und diese wie bisher ihrer Krankenkasse bzw. ihrem Arbeitgeber im Rahmen der Nachweispflicht vorlegen.“
Die ärztliche Papierbescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit bleibt als gesetzlich vorgesehenes Beweismittel vorerst erhalten. In welchen Fällen kann das eine wichtige Rolle spielen?
„In Ausnahmefällen, bei denen eine Übermittlung aus unterschiedlichsten Gründen elektronisch nicht erfolgte, kann eine Vorlage der Papierbescheinigung als Ersatzverfahren zur Geltendmachung von Leistungsansprüchen, z.B. Krankengeld gegenüber der Krankenkasse oder zur Nachweispflicht gegenüber dem Arbeitgeber in Bezug auf die Entgeltfortzahlung notwendig sein.“
Die AOK Baden-Württemberg versichert über 4,5 Millionen Menschen im Land und verfügt über ein Haushaltsvolumen von über 20 Milliarden Euro.
Informationen zur AOK Baden-Württemberg unter www.aok.de/bw