Berlin – Der Entwurf des Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetzes (AMVSG) sieht bislang die Einführung von Rabattverträgen für generische Zytostatika mit den pharmazeutischen Herstellern vor. Wird dieses Vorhaben in der jetzigen Form umgesetzt, können Liefer- und möglicherweise sogar Versorgungsengpässe in diesem wichtigen Versorgungsbereich nicht ausgeschlossen werden.
- Bei den aktuell laufenden AOK-Rabattverträgen zeigt sich, dass bei 84 Prozent der Wirkstoffe, die exklusiv vergeben wurden, lediglich ein einziger Hersteller den Zuschlag für alle acht Gebietslose erhalten hat.
- Würde dieses Modell der exklusiven Rabattverträge nun auf generische Zytostatika angewendet, aus denen in Apotheken die patientenindividuellen Zubereitungen für die Krebstherapie hergestellt werden, bedeutete das, dass die Versorgungssicherheit im Wesentlichen von der Lieferfähigkeit eines einzigen Unternehmens abhinge.
- Fiele dieses aus, hätte dies fatale Folgen, da mit hoher Wahrscheinlichkeit kein anderes Unternehmen kurzfristig einspringen und die Versorgung sicherstellen könnte.
Aufgrund ihrer Größe und Marktmacht müssen die großen Krankenkassen ausgeschriebene Wirkstoffe oftmals in regionale Gebietslose aufteilen. Die AOKs beispielsweise teilen Deutschland in insgesamt acht Gebietslose auf.
Eine Analyse der aktuell laufenden Rabattverträge der AOKs (Ausschreibungsrunden XIV – XVII) zeigt für die Wirkstoffe, für die eine Exklusivvergabe ausschließlich an einen Hersteller erfolgt ist, dass in 84 Prozent der ausgeschriebenen Wirkstoffe ein Hersteller oder eine Bietergemeinschaft den Zuschlag für alle acht Gebietslose erhalten hat. Die Aufteilung Deutschlands in Gebietslose läuft somit faktisch ins Leere.
Der Entwurf des AMVSG sieht vor, dass Krankenkassen – und dies auf Landesebene sogar gemeinsam – zukünftig auch generische Zytostatika exklusiv bei den Herstellern ausschreiben sollen.
In einem so sensiblen Bereich wie dem der Krebsmedikamente dürften die Folgen für die Versorgung der Patienten erheblich sein. Denn angesichts der Erfahrungen mit den bisherigen exklusiven Ausschreibungen ist davon auszugehen, dass auch bei den Zytostatika lediglich ein Hersteller alle Gebietslose für einen Wirkstoff gewinnt, mit der Folge, dass die Versorgung der Patienten von einem einzigen Hersteller geschultert werden muss. Treten bei diesem Hersteller, beispielsweise wegen Produktionsproblemen oder Wirkstoffknappheit, Lieferengpässe auf, ist mit direkten Auswirkungen auf die Patientenversorgung zu rechnen. Denn die anderen Hersteller haben sich mangels Zuschlag aus der Produktion zurückgezogen und kein Hersteller kann ad hoc den Wirkstoff produzieren und für die Patientenversorgung zur Verfügung stellen.
Aber gerade bei der medikamentösen Bekämpfung von Krebs darf das – legitime – Interesse der Kassen, dass Rabatte dem Gesundheitssystem zugutekommen, nicht zulasten der Versorgungssicherheit gehen. Daher gilt es, eine Lösung zu finden, die dies gewährleistet – Rabattverträge für versorgungskritische Arzneimittel sind allerdings nicht der richtige Weg.