Mainz – Im Auftrag des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie (MSAGD) führte die Ambulanz für Spielsucht der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz eine repräsentative Studie zur Glücksspielnutzung von Kindern und Jugendlichen an fast 4000 Schülerinnen und Schülern in Rheinland-Pfalz durch. Die zentralen Ergebnisse der Studie werden nun in einer Broschüre zusammengefasst und so der Öffentlichkeit zugänglich gemacht – heute wurde die Broschüre in Mainz erstmals vorgestellt.
“Unsere Daten zeigen sehr deutlich die Gefährdung minderjähriger Jugendlicher durch Glücksspielangebote”, erläuterte Univ.-Prof. Dr. Manfred Beutel, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin der Universitätsmedizin Mainz zu Beginn der Vorstellung. “Um Jugendliche besser zu schützen, ist es wichtig die Ergebnisse auch öffentlich bekannt und zugänglich zu machen. Hierfür ist die Broschüre ein wichtiges Instrument.”
Die Broschüre wird zunächst an alle teilnehmenden Schulen sowie die Fachberater des Modellprojekts Regionale Fachstellen Glücksspielsucht versandt und kann auf Anfrage bei den Autoren als Datei angefordert werden. Zusätzlich wird sie unter http://www.verhaltenssucht.de sowie http://www.internetsucht-hilfe.de zum Download bereitgestellt.
“Die Studie Problematisches Glücksspielverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Rheinland-Pfalz hatte zum Ziel, verschiedene Einflussfaktoren auf das Glücksspielverhalten von Kindern und Jugendlichen zu beleuchten, den aktuellen Kenntnisstand zu diesem Thema zu überprüfen und neue Erkenntnisse über die Entstehung von Glücksspielsucht zu gewinnen”, sagte Eva Duven, MSc, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und gemeinsam mit Sebastian Giralt, ebenfalls wissenschaftlicher Mitarbeiter der psychosomatischen Klinik, Hauptautorin der Studie. “Rund 2,2 Prozent aller befragten Kinder und Jugendlichen sind als problematische und weitere 3,7 Prozent als gefährdete Glücksspielnutzer einzustufen”, so Duven weiter. “Es zeigte sich, dass ein Großteil der 12- bis 18-Jährigen also 64,3 Prozent mindestens einmal im Leben Glücksspielangebote genutzt hat”, erläuterte Sebastian Giralt. Auch spielten Jugendliche bevorzugt in Gaststätten, Spielhallen und im Internet und umgingen damit die gesetzlichen Jugendschutzbestimmungen.
Weitere Ergebnisse der Studie: 41,2 Prozent der Befragten gaben an im vergangenen Jahr Glücksspiele gespielt zu haben. Als häufigstes Motiv für die Nutzung wurde mit 46,8 Prozent die Hoffnung auf Geldgewinne genannt, was gegen einen reinen Unterhaltungsaspekt der genutzten Glücksspielangebote spricht. Unter den Minderjährigen also den 12- bis 17-Jährigen – wurden immerhin 1,9 Prozent als problematische und 3,6 Prozent als gefährdete Glücksspieler klassifiziert. Hochrechnungen ergeben damit eine Schätzung von 4963 problematischen und 9404 gefährdeten minderjährigen Spielern in Rheinland-Pfalz. Im Vergleich zu einer Vorgängerstudie (Hurrelmann et al., 2003) spielten in den letzten 12 Monaten doppelt so viele Jugendliche an Geldspielautomaten.
Dipl.-Psych. Sebastian Giralt ging darüber hinaus auf das Thema Straffälligkeit bei jugendlichen Glücksspielnutzern in Berufsbildenden Schulen ein: Fast 20 Prozent der problematisch spielenden Jugendlichen haben bereits eine Freiheitsstrafe verbüßt. Das ist eine bemerkenswert hohe Zahl im Vergleich zu den unproblematisch spielenden Schülerinnen und Schülern der Berufsbildenden Schulen in Rheinland-Pfalz, erläuterte Giralt. “Die Straffälligkeit war in der Gruppe der problematischen Nutzer insgesamt deutlich ausgeprägt. Möglicherweise könnte diese Erkenntnis bei Präventions- und Interventionsmaßnahmen integriert werden.” Er fügte hinzu, dass dies ein Bereich ist, der in kommenden Forschungsprojekten verstärkt betrachtet werden sollte.
“Die Zahlen machen deutlich, dass ein Bedarf an kontinuierlichen Angeboten zur Prävention der Glücksspielsucht besteht”, betonte Ingo Brennberger, Drogenbeauftragter des Landes Rheinland-Pfalz. “Daher wurden bereits im Jahr 2008 eine Fachstelle zur Prävention der Glücksspielsucht bei der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e. V. und 15 zusätzliche Vollzeitstellen zur Beratung Glücksspielsüchtiger in Anbindung an Suchtberatungsstellen eingerichtet. Die Daten machen auch deutlich, dass eine Reglementierung des Glücksspielmarkts, wie sie durch den neuen Glücksspielstaatsvertrag vorgesehen ist, dringend erforderlich ist, um den Jugend- und Spielerschutz auch zukünftig zu gewährleisten.”
Weitere Informationen:
Eva Duven, MSc, wissenschaftlicher Mitarbeiterin der Klinik und Poliklinik für Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie, Universitätsmedizin Mainz E-Mail: eva.duven@unimedizin-mainz.de
Dipl.-Psych. Sebastian Giralt, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Klinik und Poliklinik für Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie, Universitätsmedizin Mainz E-Mail: sebastian.giralt@unimedizin-mainz.de