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30. Heidelberger Bundeskongress des Fachverbandes Sucht e.V. „Ethische Fragen in der Suchtbehandlung“, 21. – 23. Juni 2017, Stadthalle Heidelberg

„Stigmatisierung von Sucht begegnen, Hilfen anbieten!“

Bonn – Eine zentrale gesundheits- und sozialpolitische Aufgabe und ethische Verpflichtung unserer Gesellschaft besteht darin, die Lebensqualität, Gesundheit und Teilhabe von Menschen mit chronischen Erkrankungen – und dazu gehören auch Suchterkrankungen – zu stärken. Eine übergeordnete Zielsetzung aller Angebote im Bereich der Suchtkrankenhilfe und –behandlung ist insbesondere, für jeden Betroffenen ein möglichst autonomes, gesundes und zufriedenes Leben mit einem hohen Grad an Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung zu erreichen und seine soziale Einbindung in die Gesellschaft und seine Teilhabe am Arbeitsleben zu fördern. Es gibt hierfür eine Vielzahl von unterschiedlichen Angeboten, die von aufsuchender Arbeit bis hin zur abstinenzorientierten Entwöhnungsbehandlung reichen.

Suchterkrankungen sind in Deutschland weit verbreitet. So rechnet man – ohne Berücksichtigung der Tabakabhängigkeit – und in der Altersgruppe der 18 – 64-jährigen mit 4,61 Mio. Menschen die unter einer stoffgebundenen Abhängigkeit leiden (s. Anhang, Abb. 1).

Ein grundlegendes Problem besteht darin, dass nur ein geringer Teil der Betroffenen in Deutschland frühzeitig auf seine Suchterkrankung angesprochen wird und professionelle Hilfe im Gesundheitssystem erhält. Die aktuellen Behandlungsraten betragen für Alkoholstörungen 5-16% und Cannabisstörungen 4-8% der Behandlungsbedürftigen. Damit gehören Suchterkrankungen zu den psychischen Störungen mit der größten Behandlungslücke. Zudem werden Betroffene häufig erst dann erreicht, wenn die Störung bereits fortgeschritten ist und erste psychische und körperliche Folgeschäden schon eingetreten sind. Dieser Umstand wiegt umso schwerer, da in Deutschland zahlreiche ambulante und stationäre Interventionsbehandlungen von Suchterkrankungen verfügbar sind und eine rechtzeitige Behandlung nachweislich die psychische und körperliche Morbidität senken kann. Eine Auswertung des Fachverbandes Sucht e.V. zeigt, dass bis zur notwendigen Erstbehandlung in einer Fachklinik für alkohol-/medikamentenabhängige Menschen im Durchschnitt ca. 12,9 Jahre vergehen (s. Abb. 2). Darüber hinaus fallen durchschnittlich über 3 Entzugsbehandlungen im Vorfeld der Entwöhnungsbehandlung an.

Eine nachhaltige Verbesserung der Versorgungssituation speziell für abhängigkeitskranke Menschen erfordert Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen:

Eine wesentliche Voraussetzung ist, dass die Früherkennung und Frühintervention in den verschiedenen Handlungsfeldern, welche mit abhängigkeitskranken Menschen zu tun haben, gestärkt werden. Hier sind insbesondere niedergelassene Ärzte/innen und Psychotherapeuten/innen, Krankenhäuser, Jobcenter und Betriebe gefragt, eine „Kultur des Hinschauens“ und des konstruktiven Umgangs mit dem Thema Abhängigkeitserkrankungen zu entwickeln. Denn die Betroffenen selbst neigen dazu, ihr Suchtproblem nicht wahrzunehmen und dieses zu verdrängen (s. Abb. 3) und von daher eine professionelle Hilfe bezogen auf ihre Abhängigkeitserkrankung nicht in Anspruch zu nehmen.

Von daher kommen sie auch häufig aufgrund somatischer und psychosozialer Folgeprobleme in die Beratung oder eine ärztliche Behandlung und nicht aufgrund einer möglicherweise zugrunde liegenden Abhängigkeitserkrankung. Zu einer guten Beratung und Behandlung durch die im Gesundheits- und Sozialbereich tätigen professionellen Mitarbeiter/innen gehört es aber, das Thema der häufig „verdeckten“ Sucht nicht auszuklammern, sondern es anzusprechen und zur Inanspruchnahme spezifischer Suchtberatungs- und -behandlungsangebote zu motivieren.

Des Weiteren ist eine Entstigmatisierung von Sucht in der Öffentlichkeit gefordert. Durch öffentlichkeitswirksame Kampagnen könnte einer Tabuisierung des Themas entgegengewirkt und auf besondere Problemlagen (z.B. die kaum erreichte Gruppe medikamentenabhängiger Menschen, die gezielte Ansprache von Angehörigen Suchtkranker oder suchtkranker Eltern) eingegangen werden. Denn Stigmatisierung verlängert die Erkrankung und isoliert Suchtkranke und deren Familie. Sie ist verbunden mit Schuldgefühlen, Vorwürfen, Abwertung, Verleugnung und Ausgrenzung. Dies betrifft auch die Angehörigen und insbesondere auch die Kinder von suchtkranken Menschen, welche das “Familiengeheimnis” wahren und es häufig als Verrat empfinden, darüber zu sprechen.

Abhängigkeitskranken Menschen sollte eine Chance gegeben werden, ihr Leben zu verändern und aus dem Teufelskreis der Sucht auszusteigen. Dies beinhaltet beispielsweise auch, ihnen bei Arbeitslosigkeit einen Neustart ins Berufsleben nach einer absolvierten Entwöhnungsbehandlung zu eröffnen.

Sucht als Krankheit anzuerkennen bedeutet im Übrigen auch eine Entkriminalisierung von suchtkranken Menschen illegaler Drogen zu befördern – gemäß dem Grundsatz „Hilfe statt Strafe“.

Der Fachverband Sucht e.V. (FVS) ist ein bundesweit tätiger Verband, in dem Einrichtungen zusammengeschlossen sind, die sich der Behandlung, Versorgung und Beratung von Suchtkranken widmen. Er wurde 1976 gegründet und vertritt heute ca. 95 Mitgliedseinrichtungen mit über 6.800 stationären und vielen ambulanten Therapieplätzen.