Berlin – Kräutermischungen sind nicht immer so harmlos wie sie klingen, schon gar nicht, wenn sie geraucht werden: Im Jahr 2010 sind dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) 15 Fälle gemeldet worden, in denen Jugendliche und junge Erwachsene Vergiftungssymptome hatten, weil sie Kräutermischungen oder “Räucherwerk” geraucht hatten. Die Mischungen sollten laut Verpackungsaufschrift Pflanzen mit Cannabisähnlicher Wirkung enthalten, tatsächlich waren die Produkte aber mit synthetischen Cannabinoiden versetzt. Die Fälle sind in der Broschüre “Ärztliche Mitteilungen bei Vergiftungen” ausführlich dargestellt. Ein weiterer Schwerpunkt der Broschüre liegt auf 12 Fällen, in denen es zu Vergiftungen mit Knollenblätterpilzen gekommen war. Knollenblätterpilze sind die Ursache bei 80 bis 90 Prozent der tödlichen Pilzvergiftungen. Rund 10 Prozent der Vergiftungsfälle, die dem BfR gemeldet werden, sind auf giftige Pflanzen oder Pilze zurückzuführen, die meisten Fälle auf den Umgang mit chemischen Produkten. Im Jahr 2010 hat das BfR insgesamt 3939 Vergiftungsfälle dokumentiert. Seit 20 Jahren gibt es die ärztliche Meldepflicht bei Vergiftungen. Der jährlich erscheinende Bericht “Ärztliche Mitteilungen bei Vergiftungen” gibt einen informativen Überblick über Vergiftungsrisiken sowie Schwerpunkte und Trends der ärztlichen Meldungen an das BfR.
Bei Vergiftungsfällen mit “Kräutermischungen”, die geraucht wurden, reichen die Beschwerden der Patienten von Schwindel, Übelkeit und Erbrechen bis hin zu Bewusstseinsstörungen. Die Produkte werden von den Konsumenten oft für harmlose und legale Kräutermischungen gehalten. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass die Mischungen teilweise mit synthetischen Cannabinoiden gestreckt waren. Die gesundheitlichen Risiken dieser Substanzen sind schwer abzuschätzen, weil ihr Wirkpotenzial kaum erforscht ist. Bei einigen Substanzen besteht die Gefahr einer tödlichen Überdosierung.
Pilzvergiftungen sind in den meisten Fällen darauf zurückzuführen, dass Speisepilze mit giftigen Pilzen verwechselt werden. Die gefährlichsten Giftpilze sind die Knollenblätterpilze: Sie enthalten unter anderem Amatoxine, von denen schon 5 bis 7 mg für einen Erwachsenen tödlich sein können.
Die Broschüre “Ärztliche Mitteilungen bei Vergiftungen” listet alle Fälle auf, die dem BfR 2010 gemeldet worden sind. Insgesamt erhielt die Dokumentations- und Bewertungsstelle für Vergiftungen im Berichtsjahr 3939 Meldungen. Seit 1990 schreibt das Chemikaliengesetz eine Meldepflicht bei Vergiftungen und unerwünschte Produktwirkungen vor: Behandelnde Ärzte, Berufsgenossenschaften, Ärzte im Gesundheitsdienst, Giftinformationszentren u.a. müssen der Dokumentations- und Bewertungsstelle für Vergiftungen am BfR entsprechende Hinweise geben. Meldepflichtig sind vor allem Vergiftungen durch chemische Haushalts- und Hobbyprodukte, Kosmetika, chemische Produkte am Arbeitsplatz, gesundheitsschädigende chemische Stoffe in der Umwelt oder bei Störfällen. Erfasst werden aber auch Vergiftungen durch Pflanzen oder Tiere.
Ziel ist es, aus den Fallbewertungen Maßnahmen zur Therapie und Vermeidung von Vergiftungen abzuleiten. Die Bedeutung der Mitteilungspflicht zeigt sich in der Praxis an verschiedenen Beispielen: So wurden in den vergangenen Jahre gefährliche Produkte wie Lampenöle, Grillanzünder oder ein Salpetersäurehaltiger Kalk- und Rostlöser verboten. Andere Produkte wie Babypuder oder Imprägniersprays werden mittlerweile mit Warnhinweisen gekennzeichnet. Zudem gibt es für eine Reihe von Giftpflanzen neue toxikologische Bewertungen.
Die Broschüre richtet sich in erster Linie an Ärzte, Klinik- und Rettungspersonal und ist kostenfrei beim BfR erhältlich. Die Printausgabe kann per E-Mail oder Fax bestellt werden, die elektronische Ausgabe steht zum Herunterladen auf der BfR-Internetseite zur Verfügung:
E-Mail: publikationen@bfr.bund.de Fax: +49-(0)30-18412-4970 Internet: http://www.bfr.bund.de
Über das BfR
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftliche Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.