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20. Bundeskongress der Deutschen Gesellschaft für Integrierte Versorgung (DGIV) / Prof. Dr. Eckhard Nagel „Wir brauchen dringend eine umfassende Versorgungsreform“

Pressemitteilung

(Berlin) – Die Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen (DGIV) hat sich besorgt über den aktuellen Reformstillstand gezeigt. Es dürfe nicht sein, dass Patientinnen und Patienten noch länger auf eine Umgestaltung des Gesundheitssystems warten müssten, die sich an den jeweils angemessenen Behandlungspfaden orientiert, so der allgemeine Tenor der zahlreichen Versorgungsprofis aus allen Bereichen des Gesundheitssystems beim 20. DGIV-Bundeskongress am Mittwoch in Berlin. „Wir brauchen diesen Umbau nicht nur für eine effiziente und effektive Patientenversorgung“, ergänzt der DGIV-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. mult. Eckhard Nagel, „wir müssen auch dringend die Situation beenden, dass wir die hohe intrinsische Motivation der tausenden Gesundheitsprofis weiter zerreiben, weil offensichtlich nicht das Patientenwohl im Mittelpunkt des Systems steht, sondern Regulatorik und Partikularinteressen.“ Der Weg in ein System, das sich konsequent am Versorgungsbedarf von Patientinnen und Patienten orientiere, sei daher aus vielen Perspektiven mehr als überfällig.

In diesem Zusammenhang sei es ein Lichtblick, dass die Bundesregierung endlich den Bereich zwischen den Sektoren ambulant und stationär einer Neugestaltung unterziehe. „Viele DGIV-Mitglieder versuchen buchstäblich seit Jahren, hier neue, versorgungsadäquate Impulse zu setzen. Einige dieser Ideen finden sich jetzt tatsächlich auch in den aktuell diskutierten Reform-Ideen wieder,“ so Nagel. Allerdings werde es auf dem jetzigen Weg nicht gelingen, endlich auch zu einer Vereinfachung der Regelungen an der Schnittstelle von ambulant und stationär zu kommen. „Wir sehen mit großer Sorge, dass augenscheinlich keiner der bisherigen Paragraphen wegfallen wird, sondern das im Gegenteil insbesondere der § 115 SGB V immer weitere Verlängerungen und Differenzierungen erfahre. „Wer soll das noch lesen, verstehen und umsetzen?“, fragt sich der Arzt und Transplantationsmediziner Nagel. „Die Akteure wollen Menschen versorgen, nicht Rechtswissenschaften studieren!“ Viel wichtiger als noch weitere Paragrafen sei die Entrümpelung der Regulatorik und die Umkehr der Systematik, so dass integrierte Versorgung nicht mehr die kleinteilig geregelte Ausnahme sei, sondern die Regel. „Dafür brauchen wir einen grundsätzliche Paradigmen- und Perspektivwechsel in der Rechtssystematik, von dem ich weit und breit nichts erkennen kann“ betont der DGIV-Vorstandvorsitzende.

Lichtblicke zeigten sich allenfalls in den beiden Digital-Gesetzen, die die Bundesregierung vorgelegt und umgesetzt habe. „Auch hier hat die DGIV mit einem Papier auf breiter Dialoggrundlage schon vor der Bundestagswahl Ideen und Forderungen in die politische Diskussion eingebracht, von denen sich jetzt erstaunlich Vieles in der Gesetzgebung wiederfindet“, so Nagels erfreute Analyse. Jetzt müsse allerdings umso akribischer darauf geachtet werden, dass die entsprechende Digitalgesetzgebung sich in der Praxis bewähren könne und dass nicht überzogene Datenschutzbedenken eine wirksame Forschung sowie die präventive und koordinierte Patientenversorgung wieder zunichte machten.

In einem dem Kongress vorgeschaltetem „BootCamp“ erarbeiteten 20 Young Professionals Thesen zur nachhaltigen Etablierung eines Gesundheitssystems, das den wachsenden Anforderungen an Klimaschutz und Ressourcenschonung gerecht wird. „Das war eine sehr lebhafte Runde, die bis spät in die Nacht zusammengesessen hat, um ihre Gedanken zu einem nachhaltigen Gesundheitssystem der Zukunft zu Papier zu bringen“, betonte BootCamp-Leiterin und DGIV-Vorstandsmitglied Prof. Dr. Clarissa Kurscheid. Integrierte Versorgung müsse sich – umfassend gedacht – natürlich auch dem komplexen Zusammenhängen zwischen Umwelt, Klima und Gesundheit stellen, so Prof. Kurscheid. Hier habe das Bootcamp einmal mehr gezeigt, dass die Ideen des Nachwuchses dringend in die zukünftige Systemgestaltung einbezogen werden müssten.