Stuttgart – Es gibt viele innovative Ansätze bei Impfstoffen, vor allem bei Erkrankungen gegen die bisher nicht geimpft werden konnte. Das sind beispielsweise ein Malariaimpfstoff oder ein neuer Impfstoff, der gegen multiresistente Staphylokokkenerreger schützt, die ein großes Problem in Kliniken und Pflegestationen darstellen. Diese Impfstoffe befinden sich in fortgeschrittenen Entwicklungsphasen, so dass durchaus die Hoffnung besteht, in nicht allzu ferner Zeit wirksame Impfungen hiergegen zu haben, sagte Gesundheitsministerin Dr. Monika Stolz am Mittwoch (9.2.) in Stuttgart zum Abschluss der 2. Nationalen Impfkonferenz, die unter dem Motto Impfen Wirklichkeit und Visionen stand. Die Ministerin betonte: Wir haben bei der Konferenz gehört, dass in naher Zukunft Impfungen nicht nur prophylaktisch, sondern auch therapeutisch eingesetzt werden können, und dies nicht nur gegen Infektionskrankheiten sondern auch bei anderen Erkrankungen wie beispielsweise Krebserkrankungen. Impfstoffe gegen das maligne Melanom und Bronchialkarzinom befinden sich in der Phase III der klinischen Entwicklung und auch an einem Impfstoff gegen Alzheimer wird intensiv geforscht.
Bei aller Freude und Optimismus für die neuen Impfstoffe und Entwicklungen sollten aus ihrer Sicht jedoch die alten Impfungen nicht aus dem Blickfeld geraten. 52 Mitgliedstaaten der WHO-Region Europa hatten sich verpflichtet, die Masern bis zum vergangenen Jahr ausmerzen zu wollen, rief die Ministerin in Erinnerung. Das ist leider nicht gelungen. Auch in Deutschland treten noch immer Masern auf. So verzeichnete das für 2008 für die erste Impfung eine Quote von 95,9 Prozent, für die zweite Impfung aber nur 89 Prozent. Im vergangenen Jahr (2010) hat das RKI 777 Masern-Fälle registriert, 2009 waren es 571. Zur Eliminierung der Masern brauchen wir aber eine Impfquote von 95 Prozent bei einer zweimaligen Impfung gegen Masern, das entspricht weniger als einem Masernfall je eine Million Einwohner pro Jahr, erläuterte Stolz. Deswegen wurde auch der Zeitrahmen für die Eliminierung von Masern und Röteln das Jahr 2015 neu festgelegt. Wir sind zwar bei unserem gemeinsamen Ziel ein gutes Stück voran gekommen, sagte die Ministerin. Erreicht haben wir es aber noch nicht.
Wie die Erhebungen des Landesgesundheitsamtes zeigen, hat sich der Impfschutz bei Kindern in Baden-Württemberg kontinuierlich verbessert. So betrug die Impfquote bei Masern in 2001 für die erste Impfung 90,4 Prozent und nur 22,4 Prozent für die zweite Impfung. 2009 betragen die entsprechenden Quoten dagegen 94,6 beziehungsweise 87,7 Prozent. Die Ministerin erklärte daher: Wir liegen aber noch deutlich unter der WHO-Vorgabe. Deshalb müssen wir unsere Bemühungen weiter fortsetzen. Die Ministerin macht sich daher für einen Bewusstseinswandel stark, für den viel, sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten sei. Das ist kein bequemer Weg. Ich sehe aber keine erfolgversprechende Alternative dazu. Eine Impfpflicht wäre aus meiner Sicht als staatliche Reglementierung nicht zielführend, so Stolz.
Mehr Impfschutz sei nicht nur aus gesundheitlicher Sicht, sondern auch gesundheitsökonomisch dringend geboten. So belegt eine internationale Studie, zum Vergleich der durchschnittlichen Kosten für die Behandlung und Bekämpfung von Masern in elf Ländern mit unterschiedlichen Impfraten, dass jeder für den Impfschutz gegen Masern-Mumps-Röteln ausgegebene US‑Dollar mehr als 21 US-Dollar an direkten medizinischen Ausgaben einspart. Die Ministerin sieht auch die Gesundheitsämter in der Verantwortung. Sie sollen im Rahmen ihrer Informationskampagne das Gespräch mit den Zielgruppen, insbesondere mit Eltern und Schülern suchen, wo immer die Chance dazu besteht. Studien des Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung belegen, dass fehlendes Wissen der Eltern über Impfungen häufig mit einem unvollständigen Impfstatus der Kinder in Verbindung steht, so Stolz. Sie habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass man durch das Gespräch mit Schülerinnen und Schülern gute Voraussetzungen schaffen kann, um sie als Partner für eine Impfkampagne zu gewinnen. Auf dieser Grundlage entsteht Vertrauen in die Impfung, betonte Stolz. Den Schlüssel zur Erreichung des ambitionierten WHO-Ziels haben aber die Eltern in der Hand.
Die 2007 von der Gesundheitsministerkonferenz beschlossene Durchführung der Nationalen Impfkonferenzen habe sich aus Sicht der Ministerin bewährt. Sie sind ein Forum für die Darstellung des aktuellen Stands der Wissenschaft und des Austauschs aller Partner bieten, womit der Impfgedanke nachhaltig unterstützt wird. Deswegen werde ich mich dafür einsetzen, Nationale Impfkonferenzen in zweijährigem Rhythmus als Dauereinrichtung zu etablieren, erklärte die Ministerin.
Hinweis für die Redaktionen:
Ein Kurzfilm zum Impfen, der von einem erfahrenen Fernsehregisseur gedreht wurde, kann unter http://www.mach-den-impfcheck.de heruntergeladen werden.