London, 7.9.2012 – Es war das sehnlich erwartete Duell zwischen Heinrich Popow (TSV Bayer Leverkusen) und Wojtek Czyz (1. FC Kaiserslautern), das am Ende einen positiven Ausgang nahm. Mit neuem deutschen Rekord von 12,40 Sekunden gewann Popow in einem packenden Finale Gold vor dem Australier Scott Reardon (12,43 sec.). Bronze sicherte sich Wojtek Czyz mit 12,52 Sekunden. Beide deutsche Läufer verbesserten damit erneut ihre Vorlaufzeiten und waren am Ende glücklich mit ihren Medaillen. „Ich habe vier Jahre lang für diesen Moment gearbeitet. Es hat mich komplett gemacht, ich habe mich nie mit dem zweiten Platz beschäftigt, weil ich immer nur Gold wollte. Ich bin glücklich über das, was ich heute gemacht habe“, sagte Popow erleichtert. Auch Wojtek Czyz zeigte sich zufrieden mit seinem Ergebnis. „Gold wäre schön gewesen, aber zu den besten drei zu gehören, ist schon toll.“
Beide Sprinter wollen nach der am Vormittag aufgebrandeten Aufregung um Czyzs Kritik an der Prothesentechnik, die Heinrich Popow verwendet, nun etwas Ruhe einkehren lassen. „Ich hoffe, dass meine Anregung, die Technik bei Athleten, die Prothesen tragen, stärker zu kontrollieren, in den kommenden Jahren aufgegriffen wird. Jetzt will ich den Abend aber erstmal genießen“, sagte der Bronzemedaillengewinner. Auch der Sieger meinte: „Ich weiß gar nicht, was jetzt noch alles passiert, aber heute Abend könnt Ihr alles mit mir machen.“
Mester wird Siebter mit dem Speer
Es war ein absolut hochklassiger Wettkampf mit einigen Eigenheiten. Das Speerwerfen der Startklasse F40 endete mit einem überragenden Weltrekord von 47,95 Meter, mit dem der Chinese Zhiming Wang sich die Goldmedaille sicherte. Die Iraker Ahmed Naas (43,27 m) und Wildan Nukhailawi (42,31 m) gewannen Silber und Bronze. „Nicht mal mit meiner persönlichen Bestleistung hätte ich hier eine Medaille holen können“, sagte Mathias Mester (TSV Bayer Leverkusen), der mit 39,67 Metern auf den siebten Rang kam. Bemerkenswert war, dass er der einzige Finalist war, der keine persönliche Bestweite warf. „Ich bin als Zweiter der Weltrangliste hier angereist und hatte mir vorgenommen, so richtig einen ‘rauszuhauen. Wenn allerdings einer im zweiten Versuch solch einen Weltrekord wirft, ist es schwer, zu kontern“, analysierte er. Trotz der verpassten Medaille war Mathias Mester zwar „gar nicht so traurig“, musste sich aber eingestehen, dass er den chinesischen Sieger zuvor noch nie in einem Wettkampf zu Gesicht bekommen hatte. „Ich weiß gar nicht, wie der in unsere Klasse gekommen ist.“ Insgesamt ist der Leverkusener von den Paralympics schwer begeistert. „Es ist schon eine geile Veranstaltung, die viel Spaß gemacht hat.“
Schuh Sechster über 400 Meter
Marc Schuh (TV Herkenrath) hat über 400 Meter die angestrebte Medaille klar verpasst. Mit 48,42 Sekunden kam er als Sechster über die Ziellinie und war dementsprechend unzufrieden. „Es hat sich zwar während der Saison schon abgezeichnet, dass irgendwas nicht stimmt, aber mir hier das Finale von hinten ansehen zu müssen ist schon frustrierend. Der Mann mit dem Hammer kam einfach zu früh“, sagte er ratlos.
Weitere Ergebnisse:
Thomas Ulbricht (PSC Berlin) ist im 200m-Halbfinale der Startklasse T12 mit einer Zeit von 23,49 Sekunden ausgeschieden. Matthias Schröder (PSC Berlin) war bereits nach den Vorläufen ausgeschieden.
David Behre (TSV Bayer Leverkusen) hat in einem souveränen Vorlauf über 400 Meter der Startklasse T44 mit der drittschnellsten Vorlaufzeit von 51,40 Sekunden das Finale am Samstag erreicht.
Daniela Schulte holt Gold
Daniela Schulte (Berlin) hat heute die Goldmedaille über 400m Freistil in der Startklasse S11 bei den Paralympics gewonnen. Schon im Vorlauf war sie einen neuen paralympischen Rekord von 5:11,32 min geschwommen. Im Finale reichte eine 5:14,36 min mit einem starken Finish auf den letzten 50 Metern für den Sieg. Vor 17.500 begeisterten Zuschauer im Aquatic Centre schwamm sie 1,12 Sekunden vor der Kanadierin Amber Thomas ins Ziel. Auf dem Bronzerang kam die Italienerin Cecilia Camellini in 5:20,27 min ein.
Daniela Schulte: “Das ist traumhaft, mein erstes paralympisches Gold auf einer Einzelstrecke. Ein großer Traum ist wahr geworden, wo ich die letzten 16 Jahre drauf hin gearbeitet habe. Dann noch bei der Kulisse, heute morgen noch den paralympischen Rekord. Der hatte 24 Jahren Bestand, einfach riesig. Ich habe im Pool erst gemerkt, das ich die Goldmedaille gewonnen habe, als mein Team das Lied angestimmt hat: “Die Nummer eins im Pool sind wir.”
Bundestrainerin Ute Schinkitz: “Ich bin überwältigt, das war ein schöner Moment. Ich wirklich glücklich, das sie das geschafft hat, was sie sich vorgenommen hat. Hier muss ja die ganze Familie mithelfen. Wir sind einfach happy.”
Pleite gegen junge Briten, zufriedenstellende Bilanz
Die fünfte Medaille für Deutschlands Tischtennisspieler ist ausgeblieben. Im Spiel um Bronze verlor das Team der Wettkampfklassen 6-8 (Jochen Wollmert, Thorsten Schwinn, Thomasz Kusiak und Thomas Rau) in der Londoner Excel-Arena gegen das junge britische Team mit 0:3. Vor den Augen von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft unterlag Thorsten Schwinn (WK 7) im ersten Spiel gegen Ross Wilson (WK 8) mit 0:3. Im zweiten Match nahm William Bayley (WK 7) Revanche für seine Finalniederlage im Einzel und bezwang Jochen Wollmert (WK 7) mit 3:0. Da auch Wilson die Oberhand gegen den mehrfachen Paralympics-Sieger behielt, verpasste das deutsche Team die Bronze-Medaille. Gold ging an Polen, Silber an Spanien.
„Einige Sätze waren sehr eng, leider konnten wir davon keinen für uns entscheiden“, resümierte Trainer Hannes Doesseler. Nach den Gala-Vorstellungen in den Runden zuvor gegen die Slowakei und Schweden konnten Wollmert, Schwinn und Co. im Halbfinale gegen Spanien und zum Abschluss gegen die Briten nicht mehr an ihre Leistungen anknüpfen. „Wir haben zwei Riesenspiele abgeliefert. Das Ende war leider etwas bitter und enttäuschend“, sagte Schwinn. Auch Wollmert erreichte nicht mehr die Form seiner bisherigen Partien in London. „Wir hätten die Medaille gerne noch geholt. Dennoch bin ich insgesamt sehr zufrieden. Im Einzel hatte mir kaum jemand zugetraut, dass ich noch einmal Gold hole und mit dem Team war es schon eine tolle Leistung, überhaupt ins Halbfinale gekommen zu sein“, betonte Wollmert.
Mit vier Medaillen, darunter zweimal Gold, und zwei vierten Plätzen kann sich die Bilanz der deutschen Tischtennisspieler sehen lassen. Bundestrainer Wieland Speer: „Wir haben unser Ziel erreicht, uns gut präsentiert und sind auf einem guten Weg. Die Spieler waren fasziniert von der überragenden Atmosphäre in der Halle. Für den Behindertensport war London ein großer Schritt nach vorne.“