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Milliardendefizit der NRW-Kliniken wächst seit einem Jahr unaufhörlich – der Bundesgesundheitsminister muss jetzt seine Versprechen einlösen

Pressemitteilung

KGNW-Geschäftsführer Matthias Blum: Krankenhäusern in NRW fehlen jeden Tag drei Millionen Euro

Düsseldorf – Auch ein Jahr nach dem eindrucksvollen Protest von mehr als 10.000 Klinik-Beschäftigten vor dem Düsseldorfer Landtag hat die Bundesregierung keine Anstrengung unternommen, die existenzielle Defizitkrise der Krankenhäuser zu beenden. Vielmehr hat sich die Lage der NRW-Kliniken seitdem noch verschlechtert, vier von fünf Häusern schreiben rote Zahlen. „Die beste Medizin: saubere Finanzierung“ lautete die Forderung der Protestierenden am 20. September 2023. „Das bewusste Nichtstun der Bundesregierung kommt unterlassener Hilfeleistung gleich“, sagt Matthias Blum, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), zum Jahrestag der bundesweiten Demonstrationen. „Die Reserven der Krankenhäuser und ihrer Träger sind fast überall aufgebraucht, wenn es denn noch welche gab. Jeden Tag müssen die 333 NRW-Krankenhäuser drei Millionen Euro draufzahlen, um die Patientinnen und Patienten stationär zu versorgen. Das ergibt ein monatliches Defizit von 92 Millionen Euro, weil die realen Kosten nicht vergütet werden. Daran wird deutlich: Das gesetzlich festgelegte System, wonach die Betriebskosten der Krankenhäuser über die Leistungen von den Krankenkassen finanziert werden sollen, ist am Ende. In der Folge sehen sich immer mehr Kliniken gezwungen, als nächstes nur noch die Leistungen anzubieten, die sich noch rechnen. Die Patientinnen und Patienten – ebenso die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – sind die Leidtragenden dieser kurzsichtigen Politik.“

Zum Hintergrund: Seit Anfang 2022 hat sich das Defizit der nordrhein-westfälischen Krankenhäuser auf mehr als 2,6 Milliarden Euro aufgetürmt, weil die anhaltende Inflation und steigende Tarifgehälter gar nicht oder nur zu einem Teil ausgeglichen werden. Weil die Häuser aber nicht selbst ihre Preise anpassen dürfen, sondern die Vergütung an bundesgesetzliche Vorgaben gebunden ist, ist die Bundesregierung für eine Änderung verantwortlich. Dazu müsste der so genannte Landesbasisfallwert als Instrument der Anpassung an die reale Kostensteigerung angeglichen werden. Dies verweigert der zuständige Bundesgesundheits-minister aber für die zurückliegenden Jahre. Dabei hat er erst vor zehn Tagen beim Krankenhausgipfel in Berlin eingeräumt, dass die Krankenhäuser bei den Betriebskosten systematisch unterfinanziert sind. Für die Jahre 2024 und 2025 hat er darum immerhin zusätzliche Mittel von elf Milliarden Euro angekündigt. Die Krankenhäuser erwarten jetzt die schnellstmögliche Umsetzung.

Minister spricht selbst von systematischer Unterfinanzierung

KGNW-Geschäftsführer Blum erklärt dazu: „Das ist ein hoffnungsvoll stimmendes Signal des Bundesgesundheitsministers. Bisher hat er aber offen gelassen, wann und wie dieses Geld bereitgestellt wird. Bereits zur Billigung des Transparenzgesetzes durch die Länder hat er einen wirkungsvollen Inflationsausgleich versprochen und diese Zusage wieder einkassiert. Jetzt will er mit demselben Versprechen die Krankenhausreform durchbringen. Um hier glaubwürdig zu sein, muss Herr Lauterbach jetzt zügig eine konkrete Regelung vorlegen. Die Krankenhäuser nehmen ihm beim Wort, dass nun der Anstieg der Vergütung direkt und ohne zähe Verhandlungen an die reale Kostenentwicklung gekoppelt wird. Es ist allerhöchste Zeit, dass der Minister handelt. Dass er die Situation treffend beschreibt, aber bislang nichts gegen das Milliardendefizit unternommen hat, ist nicht mit seinem Amtseid zu vereinbaren. Er muss jetzt Schaden von den Bürgerinnen und Bürgern abhalten.“

Zugleich betonte Blum, dass damit aber die Krankenhausreform der Ampel-Koalition längst nicht akzeptabel werde. Denn die ohne Orientierung am Bedarf festgelegten Kriterien seien dazu geeignet, die Krankenhäuser in eine erneute finanzielle Überforderung zu drängen: „Die erhöhten Facharztvorgaben gehen nicht nur an den tatsächlichen Möglichkeiten des Arbeitsmarktes vorbei. Ohne eine entsprechend höhere Vergütung der Personalkosten für zusätzliche Fachärztinnen und -ärzte sind die Krankenhäuser gezwungen, Leistungsgruppen einzustellen – mit kritischen Folgen für ihre wirtschaftliche Stabilität. Wir bewegen uns auf eine extrem ausgedünnte Krankenhausversorgung zu, in der lange Wartelisten zum quälenden Alltag für Patientinnen und Patienten werden“, erklärt Blum. Auf dieses Risiko haben im Sommer viele Krankenhausgeschäftsführungen in NRW und bundesweit die Abgeordneten der Ampel-Koalition hingewiesen. „Die Abgeordneten sind dafür verantwortlich, dass die Daseinsvorsorge durch die Krankenhäuser sichergestellt bleibt und auch Kliniken in den ländlichen Regionen stabilisiert werden. Indem die Bundesregierung sie tief ins Defizit rutschen lässt, riskiert sie wissentlich enorme Verunsicherung und Enttäuschung bei den Menschen in Deutschland. Sie geht ein gesellschaftliches Risiko ein, das außer Kontrolle zu geraten droht.“

Reform der Daseinsvorsorge geht nur in kontrollierbarem Prozess

Mit der in NRW laufenden Krankenhausplanung haben die Kliniken hier längst einen Reformweg beschritten, der auch zu deutlich veränderten Versorgungsstrukturen führen wird. KGNW-Geschäftsführer Blum geht davon aus, dass in diesem Prozess auch weitere Standorte durch Fusionen und Schließungen aus der Versorgung ausscheiden. „Diese Entwicklung braucht einen geordneten und damit kontrollierbaren Prozess, der sich am Bedarf der Menschen in den Regionen orientiert. Das genau ist das gemeinsame Ziel aller Beteiligten in der NRW-Krankenhausplanung. Auch wenn es Einschnitte geben wird, ist die stationäre Versorgung überall sichergestellt. Diesen Ansatz wollen auch die anderen Bundesländer verfolgen. Das ist der entscheidende Unterschied zu einer vom grünen Berliner Tisch verordneten Krankenhausreform. Wir fordern Bundesgesundheitsminister Lauterbach darum auf, seinen Kurs zu korrigieren und mit den Ländern sowie den Krankenhausträgern eine gemeinsame Lösung zu finden.“

Hintergrund:

Am 22. September 2023 haben vor dem Düsseldorfer Landtag mehr als 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der NRW-Kliniken für eine sichere Finanzierung ihrer Häuser demonstriert. Die Kundgebung unter dem Motto „Die beste Medizin: Saubere Finanzierung!“ war die größte von bundesweit organisierten Protesten an diesem Tag.

Unterstützt wurde der Protest durch die „NRW-Allianz für die Krankenhäuser“, einem breiten Bündnis von Verbänden, Institutionen und gesellschaftlichen Gruppen. Die „NRW-Allianz für die Krankenhäuser“ wird getragen von den drei kommunalen Spitzenverbänden Landkreistag, Städtetag sowie dem Städte- und Gemeindebund, dem kommunalen Arbeitgeberverband, den Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe, der Pflegekammer NRW, den Gewerkschaften ver.di und Marburger Bund, der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe sowie der Caritas in NRW, dem Verband leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte, dem Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands und dem Verband der Privatkliniken NRW.

Im Kontext der Kundgebung verabschiedete der nordrhein-westfälische Landtag am selben Tag mit den Stimmen von CDU, SPD und Grünen einen Antrag, in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, die Finanzierung der Krankenhäuser rückwirkend an die Inflation und die Tarifsteigerungen anzupassen. Auf dieser Basis brachte die Landesregierung erfolgreich eine entsprechende Bundesratsinitiative ein, auf die der Bundesgesundheitsminister bisher nicht reagiert hat.

Seit dem Frühjahr 2022 machen die Krankenhäuser mit der Aktion „Alarmstufe Rot“ aufmerksam auf die zunehmende Finanzlücke, weil sie über die gesetzlich festgelegte Systematik nur einen kleinen Teil der Inflation und Tarifsteigerungen ausgeglichen bekommen.

Sowohl die Bundesländer als auch die Krankenhäuser fordern, dass der Bund es den Krankenkassen gesetzlich ermöglicht, die aktuelle durch Inflation und Tariflohnsteigerung verursachte Kostenentwicklung für die Finanzierung der Betriebskosten in den Krankenhäusern einzubeziehen. Das hat im Jahr 2022 dazu geführt, dass den Kliniken vom Bund nur ein Vergütungsanstieg von 2,32 Prozent zuerkannt wurde, obwohl bereits die Inflation mit 6,9 Prozent dreimal so hoch ausfiel. Für 2023 wurden 4,32 Prozent Kostensteigerung festgelegt, während die Inflation zu Jahresbeginn bei 8,7 Prozent gestartet ist und im Jahresmittel bei 5,9 Prozent lag. Für 2024 sind 5,13 Prozent Steigerung möglich, womit erstmals ein Inflationsausgleich möglich wäre. Jedoch sind die zweistelligen Tarifsteigerungen im laufenden Jahr bisher nicht ausgeglichen.