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Erschreckend viele Gen-verseuchte Produkte

Erschreckend viele Gen-verseuchte Produkte

ÖKO-TEST Honig

Frankfurt – Die Gentechnik breitet sich immer weiter aus und ist jetzt auch richtig im Honig angekommen. In einem aktuellen ÖKO-TEST waren sage und schreibe elf von 24 Honigen mit Gen-Tech-Pollen verunreinigt, vor allem solche aus Südamerika.

Dabei handelt es sich in erster Linie um Pollen der weit verbreiteten Gen-Soja-Sorte Roundup Ready Soja. Die Ölpflanze liefert zwar nur wenig Nektar, den Pollen nehmen Bienen offenbar aber trotzdem mit.

Honig von deutschen Imkern war in diesem Test nicht mit Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen belastet, genauso wie Produkte aus Südosteuropa und dem fairen Handel. Allerdings: Rückstände von Pestiziden tauchten fast ausschließlich in deutschen Honigen auf.

Nicht immer zum Besten steht es leider auch um die Qualität. Zwei als “kalt geschleudert” ausgelobte Marken konnten die Anforderungen an die, für diese Kennzeichnung stehende besonders schonende Behandlung nicht erfüllen und ein deutscher Imkerhonig enthielt mehr Wasser als erlaubt. Eine Honig-Auslese schmeckte nur unterdurchschnittlich.

Hintergrund

Gentechnik: Die wichtigsten Fragen

In welchen Lebensmitteln können Bestandteile von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) stecken? Jedes Lebensmittel, das aus einem gentechnisch veränderten Rohstoff wie Mais, Raps, Senf oder Soja hergestellt wird, kann theoretisch GVO enthalten, also z.B. Maischips, Cornflakes, Tofu, Sojasauce, Sojadrinks oder Maisstärke. Teile von GVO können auch in Produkten stecken, die diese Rohstoffe als Zutaten in sich haben. Ein ÖKO-TEST Sojaprodukte ergab, dass zwei Drittel der 33 getesteten Produkte gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten. Weit verbreitet ist zudem die “Verschmutzung” von Lebensmitteln mit Gen-Spuren. Das bedeutet: Durch Kontamination bei der Ernte, beim Transport und bei der Verarbeitung gelangen GVO-Bestandteile in Produkte, in denen man sie nicht vermutet, etwa in Kekse, Fertiggerichte, Wurstwaren oder Schokolade.

Was unterscheidet herkömmliche Züchtung und Gen-Technik voneinander? Die klassische Züchtung arbeitet mit Organismen der gleichen Art oder auch mit nahen Verwandten. Eine Apfelsorte wird mit einer anderen gekreuzt, damit sich die Aromen mischen oder die Lagerfähigkeit der einen verbessert wird – bei gleichem Geschmack. Bei der Züchtung werden in der Regel nur die gesamten DNA-Stränge neu kombiniert, man greift also nicht direkt ins Erbgut der Pflanze ein. Anders bei der Gen-Technik. Dabei wird das Erbmaterial von Bakterien, Viren, Pflanzen, Tieren und Menschen isoliert, man kombiniert es neu und schleust es über Artgrenzen hinweg in andere Organismen ein. So wurden Bakterien-Gene in Mais, Soja oder Baumwolle eingeführt, damit sie in den Zellen das Bakteriengift selbst produzieren und damit einem Fraßschädling wie den Maiszünsler zu Leibe rücken. In Lachse wurden schon menschliche Gene eingesetzt, damit die Tiere schneller wachsen, in Reis Proteine, die den Reis nahrhafter machen.

Welche gesundheitlichen Risiken bergen gentechnisch veränderte Nahrungsmittel? Welche gesundheitlichen Risiken von Gen-Nahrung ausgehen, ist noch weitgehend unklar. Das geht aus einem unveröffentlichten Bericht der EU-Kommission für die Welthandelsorganisation WTO hervor. Zwar schließen Wissenschaftler ein toxisches Risiko, etwa Vergiftungen, durch den Verzehr von gentechnisch veränderten Produkten aus. “In Ermangelung von Expositionsdaten in Bezug auf häufige chronische Leiden wie Allergien und Krebs gibt es keine Möglichkeit festzustellen, ob die Einführung von GV-Erzeugnissen irgendwelche anderen gesundheitlichen Auswirkungen auf den Menschen gehabt hat”, heißt es in dem Bericht, in den Greenpeace Einblick erhielt. Bekannt ist aber, dass akute Immunreaktionen durchaus möglich sind, wie ein Experiment mit Soja vor einigen Jahren zeigte. Man hatte Sojabohnen ein Protein der Paranuss eingeschleust, das bei Allergikern zu heftigen allergischen Reaktionen bis hin zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock führte. Werden artfremde Eiweiße in übliche Lebensmittel eingeschleust, haben die Betroffenen keinen Überblick mehr darüber, was sie essen. Auch Resistenzen gegen bestimmte Antibiotika durch den Verzehr von Gen-Nahrung scheinen möglich. In gentechnisch veränderte Maispflanzen etwa werden Resistenz-Gene gegen Antibiotika eingeschleust, die als so genannte Selektionsmarker oder Erkennungszeichen dienen und anzeigen, ob der Gen-Transfer erfolgreich war. Einige dieser Antibiotika werden auch zur Behandlung von Infektionskrankheiten genutzt. Der regelmäßige Verzehr von Gen-Mais könnte dazu führen, dass Ampicillin, ein Medikament, das bei Hirnhautentzündung eingesetzt wird, unwirksam ist.

Welche Risiken bergen gentechnisch veränderte Pflanzen in Bezug auf die Umwelt? Der Anbau von herbizidresistenten Sojapflanzen, die wie Roundup Ready vom US-Agrarkonzern Monsanto eine Unempfindlichkeit gegenüber üblichen Unkrautbekämpfungsmitteln aufweisen, führt zur Schädigung und Reduzierung von Bienen, Schmetterlingen und Ackerbegleitgrün. Zugleich können Unkräuter, die an jedem Feldrand wachsen, Resistenzen entwickeln, sodass ihnen kein Herbizid mehr etwas anhaben kann und sie zu Superunkräutern mutieren. Gen-Pflanzen, die meist mehrere Jahre nacheinander gesät werden, sind Monokulturen, die wiederum einen erhöhten Pestizideinsatz mit sich bringen und der Sorteneinfalt Vorschub leisten. Schon jetzt liefern nur noch schätzungsweise 30 Prozent der Pflanzen 95 Prozent der Nahrung. Auch kann es zu einem Gen-Transfer zwischen artgleichen Pflanzen wie Raps und Senf kommen, sodass sich die Gene unkontrollierbar kreuzen. Das fördert nicht nur die unkontrollierte Ausbreitung der Gen-Technik, sie ist auch kaum unter Kontrolle zu bringen, wie ein Versuch zeigte. Zehn Jahre lang hatten Mitarbeiter des schwedischen Landwirtschaftsministeriums versucht, einen zuvor gentechnisch bewirtschafteten Acker mit Giftstoffen, Pflügen und Ausrupfen der Stängel von den Gen-Pflanzen zu befreien. Dennoch überlebten 15 Pflanzen auf dem 1.200 Quadratmeter großen Feld – allen Giften zum Trotz.

Kann man sich auf die Kennzeichnung “ohne Gen-Technik” verlassen, die sich neuerdings auf Verpackungen von Lebensmitteln findet? Jein. Denn auch tierische Lebensmittel, die diesen Hinweis tragen, können aus einer Fütterung mit Gen-Soja und Co. stammen oder Spuren von GVO-Bestandteilen enthalten. Die neuen, seit Mai 2008 gültigen Vorschriften für den Hinweis “ohne Gen-Technik” besagen zwar, dass Tiere für die Produktion von Fleisch, Eiern, Käse oder Milch kein gentechnisch verändertes Futter erhalten dürfen. Doch der Teufel steckt im Detail. Denn die Vorschriften beziehen sich nicht auf das gesamte Leben der Tiere, sondern das Viehfutter muss nur eine bestimmte Zeit vor der Schlachtung oder bei Kühen vor Beginn der Laktationsphase genfrei sein. Schweine dürfen noch bis vier Monate vor der Schlachtung Gen-Futter erhalten. Bei Milchkühen reichen drei Monate Umstellungszeit aus, um eine Milch zu einer Milch “ohne Gen-Technik” zu machen. Bei Legehennen beträgt die Zeit, in der sie kein genhaltiges Futter erhalten dürfen, sechs Wochen. Danach gilt das Ei als Erzeugnis “ohne Gen-Technik”. Auch werden in den als genfrei geltenden Futtermitteln “zufällige, technisch unvermeidbare” Beimischungen von GV-Futter bis zu einem Schwellenwert von 0,9 Prozent akzeptiert. Zudem dürfen Futterzusätze wie Vitamine und Eiweiße aus gentechnischer Erzeugung stammen und Impfungen und Arzneimittel, die die Tiere benötigen, können mithilfe der Gen-Technik erzeugt worden sein. Bei verarbeiteten Lebensmitteln “ohne Gen-Technik” sind Zutaten und Zusatzstoffe, Vitamine und Aminosäuren, Aromen und Enzyme aus gentechnischen Pflanzen zwar tabu. Ausnahme: Sie sind in der EU-Öko-Verordnung für biologisch erzeugte Lebensmittel erlaubt, da es keine genfreien Alternativen mehr gibt. In pflanzlichen Lebensmitteln “ohne Gen-Technik” werden zudem geringfügige, zufällige, technisch unvermeidbare GVO-Beimischungen toleriert. Die bisherigen Vorschriften waren strenger. Sie schlossen jegliche Anwendung der Gen-Technik auf allen Verarbeitungsstufen aus.

Gelten die gleichen Kennzeichnungsregeln für Produkte auch aus Ländern, die verstärkt Gen-Technik anwenden? Welche Länder sind das? Die Vorschriften zur Kennzeichnung, ob sie nun “ohne Gen-Technik” oder “genetisch verändert” heißen, sind in allen EU-Ländern gleich. Kontrolliert wird die Einhaltung der Kennzeichnung durch die Lebensmittelüberwachung der Länder. Diesen Vorgaben müssen sich auch importierte Lebensmittel und Rohstoffe aus Ländern unterwerfen, die verstärkt Gen-Technik einsetzen, die aber nicht zur EU zählen, etwa Soja und Mais aus Argentinien und den USA. Die Rohstoffe werden bei der Verschiffung auf GVO-Rückstände untersucht. Die EU führt jährlich bis zu 40 Millionen Soja sowie zehn Millionen Mais vor allem aus den USA und Argentinien ein. Der größte Teil landet allerdings nicht in der Ölmühle oder in der Margarine, sondern im Futtertrog und im Benzintank.

Wer weiß, wo in Deutschland gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden? Hierzulande wird das Standortregister, das über den Anbau von Gen-Pflanzen Auskunft gibt, ob nun zu Versuchszwecken oder für die kommerzielle Nutzung, beim Bundesinstitut für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Berlin geführt. Unter http://www.bvl.bund.de, Rubrik Gen-Technik können sowohl Landwirte als auch Verbraucher nachschauen, in welchem Bundesland in welcher Gemeinde auf welcher Fläche welche Gen-Pflanzen zu welchem Zeitpunkt freigesetzt bzw. angebaut wurden. Hier steht auch, welche Eigenschaften die Gen-Saat hat, sowie der Erkennungsmarker, also z.B. Mon-00810-6 für einen Mais mit Insektenresistenz aus dem Hause Monsanto. Nicht öffentlich gemacht wird jedoch, welcher Landwirt genau hinter dem Anbau steckt und die genaue Adresse, wo das Ganze stattfindet. Die gibt es nur auf Antrag. Etwa, wenn ein Landwirt wissen will, ob sein Nachbar mit Gen-Pflanzen hantiert. Im Jahr 2008 wurde in Deutschland bisher an 250 Standorten auf einer Fläche von 34.067.207 Quadratmetern Gen-Saat ausgebracht.

Weitere Informationen zu anderen Publikationen von ÖKO-TEST finden Sie in unserem Online-Pressebereich im Internet: http://presse.oekotest.de